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Lange Finger - flinke Beine

Lange Finger - flinke Beine

Titel: Lange Finger - flinke Beine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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an, wie das Entsetzen an ihm hochkroch.
    »Heute mittag wurde Nadja Cerbak tot in ihrem Appartement aufgefunden!« erklärte Hellwig.
    »Tot???« hauchte Meinert mit aufgerissenen Augen.
    »Sie wurde ermordet... erdrosselt!«
    »Entsetzlich...«
    »Wir fanden unter anderem einen Hinweis darauf, daß Sie gestern bei ihr waren.«
    Meinert starrte den Kommissar wie eine Erscheinung an. Nach einer langen Pause nickt er schwerfällig. »Tot... Ja, ich war gestern bei ihr. Aber sie hatte es nicht fertig, obwohl sie es mir am Tage zuvor versprochen hatte...« Er fuhr sich mit dem Taschentuch über Stirn und Gesicht.
    »Was hatte sie nicht fertig, Herr Meinert?«
    »Das Horoskop... Ich wollte für Sonntag ein Horoskop haben. Wer hat es denn getan?«
    »Um das herauszufinden, sind wir ja hier!«
    »Es könnte zum Beispiel sein, daß Sie sie zuletzt gesehen haben«, mischte sich Roller nun wieder ins Gespräch. »Ich???« In Meinert begann es zu dämmern, welche Bedeutung diese Bemerkung für ihn hatte. Er schnappte nach Luft, während seine Hände unkontrollierte Bewegungen ausführten. »Sie glauben doch nicht etwa, daß ich sie umgebracht habe? So was wäre ja absurd, ich, in meiner Position... Warum sollte ich sie umbringen? Sie war eine feine, untadelige Dame...« Er verschluckte sich fast vor Aufregung.
    »Suchten Sie sie oft auf?«
    »Oft? Was ist oft? Immer dann, wenn ich ein Horoskop haben wollte...«
    »Das heißt also, daß Sie gewisse Aktivitäten von ihren Horoskopen abhängig machten?« wollte der Kommissar genauer wissen.
    »Ja. Vor Urlaubsfahrten oder bevor ich zu Pferderennen ging... Auch vor größeren Neuanschaffungen, und überhaupt...«
    »Haben Sie einen Schlüssel zu Fräulein Cerbaks Appartement?«
    »Einen Schlüssel, aber erlauben Sie mal... Wozu sollte ich einen Schlüssel haben? Wir vereinbarten per Telefon eine Zeit, und an die hielt ich mich.« Plötzlich fuhr er hoch, neue Panik in den Augen. »Hören Sie, Herr Kommissar«, flüsterte er, »ich habe diese Dinge immer geheimgehalten. Schließlich geht es niemanden etwas an, ob und warum ich mir Horoskope stellen lasse... Es gibt so unterschiedliche Meinungen darüber... Ich möchte nicht, daß diese Sache hier im Hause ruchbar wird.«
    Hellwig winkte unwirsch ab: »Erstens behandeln wir solches vertraulich, und zweitens erschüttert mich Ihre Naivität. Ich möchte ein Rennpferd gegen einen abgenagten Hühnerknochen wetten, daß Ihre gesamte Umgebung über Ihr Hobby Bescheid weiß!« Und ohne Meinert Zeit für eine Erwiderung zu lassen, fuhr der Kommissar fort: »Wann haben Sie Fräulein Cerbak gestern verlassen?«
    »Es muß so gegen drei gewesen sein. Vielleicht auch ein paar Minuten später. Genau weiß ich das nicht mehr. Ich war ziemlich verärgert, weil sie mein Horoskop vergessen hatte.«
    »Ist Ihnen sonst etwas aufgefallen? War Fräulein Cerbak nervös oder anders als sonst?«
    Der Regierungsdirektor zuckte mit den Schultern. »Sie erwartete einen Kunden.«
    »Sagte sie das?«
    »Das sah ich. Sie ließ die Rolläden herab und stellte Wein und Gläser auf den Tisch.«
    »Gab sich Fräulein Cerbak auch mit Hellsehen ab?«
    Meinert schluckte und versuchte eine gewisse Verlegenheit zu überwinden. »Ich glaube, manchmal, ja...«
    »Über den Kunden, auf den sie wartete, haben Sie nichts erfahren?«
    »Sie sprach nie über ihre Kunden.« Der Regierungsbeamte tupfte sich erneut die Schweißperlen von der Stirn. Hellwig und Roller erhoben sich. Dabei sagte der Kommissar: »Bitte, kommen Sie im Laufe des morgigen Tages aufs Präsidium, damit wir ein Protokoll von Ihrer Aussage aufnehmen können...«

    Solange Kommissar Knut Hellwig zurückdenken konnte, ergriff ihn schon immer ein Gefühl andachtsvoller Beklemmung, wenn er die meist hohen Räume von Bibliotheken betrat. So auch diesmal. Der weniger sensible Albert Roller dagegen steuerte ohne jede Andachtssekunde sofort auf einen Herrn im grauen Mantel zu und erkundigte sich nach Martin Ohl. Der wies ihm die Richtung und gab eine kurze Beschreibung zur Person.
    Sie fanden Ohl zwei Säle weiter beim Einsortieren verschiedener Karten in Karteikästen. Er war etwa fünfundzwanzig Jahre alt, sehr schlank und wirkte durchgeistigt. Das heißt, als er die beiden Männer auf sich zukommen sah, trat etwas wie Furcht in seine Augen, und seinen zitternden Händen entglitt ein Päckchen Karten.
    »Herr Ohl?« fragte Hellwig.
    »Ja, bitte?«
    »Ich bin Kommissar Hellwig, das ist Inspektor

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