Lange Finger - flinke Beine
da!«
Freitag, 16 Uhr 59.
»Ich bin Inspektor Martain. Sie hatten, wie man mir sagte, angerufen!«
»Ja. Kommt der Mann durch?«
»Der Doktor sagt ja. Die Kugeln haben anscheinend nichts Lebenswichtiges beschädigt. Nur der Blutverlust ist groß. Der Doktor meint, daß er in zwei Tagen schon zur Sache aussagen kann. Und er hat bisher meistens recht gehabt. Wer ist der Verletzte?«
»Der Delikatessenhändler Garotte. Er brachte mir Ware. Ich war gerade im Keller, als es geschah. Fragen Sie nicht, wie ich erschrocken bin, als ich das Zimmer betrat... Garotte, dieser arme Teufel, der aus Angst vor dem Gesetz nicht mal schräg über die Straße geht.«
Der Inspektor nickte: »Damit wollen Sie sagen, Monsieur Bertin, daß die Schüsse nicht ihm, sondern Ihnen galten.«
»Hörte sich das so an?«
»Das tat es!«
»Ich bin überzeugt, daß man mich liquidieren wollte. Es hängt mit dem Fall zusammen, den ich gerade bearbeite.«
»Darf ich um Einzelheiten bitten?«
»Ich muß zuerst ein Gespräch mit meinem Auftraggeber führen. Nur eine Einzelheit inzwischen: Zeigen Sie Garotte das Bild von Trévert!«
»Dem Spieler Trévert?« Es klang ungläubig.
»Ja, ich bin sicher, daß er in ihm den Mordschützen erkennt.«
»Und Sie wollen mir nichts über Ihren Auftrag verraten?«
»Nur soviel fürs erste, Inspektor: Ich sollte für einen Erpressungsversuch sozusagen mit dem Tode bestraft werden.«
Inspektor Martain sah Bertin verständnislos an. »Wissen Sie, was Sie damit sagen? Sie bezichtigen sich selbst eines Verbrechens?«
»Ganz recht. Betrachten Sie es als Selbstanzeige. Doch Einzelheiten, wie gesagt, erst nach dem Gespräch mit meinem Auftraggeber.«
Sonnabend, 16 Uhr 30.
Sie standen nebeneinander und starrten hinüber auf das Rollfeld, wo die Maschine der SOUTH AFRICAN AIRWAYS zum Start rollte.
Maurice Chatalain, grau und verfallen, um Jahre gealtert. Georges Bertin, bleich und gefaßt.
Als sie sich trennten, taten sie es ohne Handschlag. Beide nahmen ein Taxi. Maurice Chatalain ließ sich in die Rue Garonne bringen, wo er mit Rechtsanwalt Dr. Fabre für 18 Uhr einen Termin vereinbart hatte.
Georges Bertin gab als Adresse das Polizeirevier in Clignancourt an, wo ihn Kriminalinspektor Martain erwartete...
Wenn einer eine Reise tut oder Paradiesische Zeiten
Eine hinterhältige Geschichte voller hundsgemeiner Kriminalität mit einer kriminalistischen Schlußfrage.
Beteiligt sind:
ein Schneidermeister namens Theo Klinger
ein Franzose namens Gérard Moutier
ein Gitarrenspieler aus angeblich gutem Hause
ein namenloses Pärchen in Leder und Fransen und
ein Paket, das so klein ist, daß man es Päckchen nennen muß.
Theo Klinger sprühte vor guter Laune und Rundumzufriedenheit.
Laut sang er die aus dem Radio erklingenden Schlager (so weit er sie kannte!) mit.
Das Wetter war schön, wie es schöner nicht sein konnte, die Autobahn nicht überfüllt und laut Auskunft des Bayern-III-Sprechers störungsfrei.
Nicht vom allerkleinsten Stau wußte man zu berichten.
Nach sechs Jahren harter Arbeit fuhr Theo, der Noch-Junggeselle, zum ersten Mal wieder in Urlaub.
Die meisten seiner Bekannten hatten den Kopf geschüttelt, als er ihnen sein nördliches Reiseziel nannte: Amrum.
Ja, die Insel Amrum zählte zu seinen stillen Lieben. Schon als Zehnjähriger war er in Begleitung seiner Eltern dort gewesen. Und später hatte es ihn immer wieder hingezogen — bis die große Pause kam.
Das war, als er sich selbständig gemacht hatte. Jetzt aber, inzwischen 36 Jahre alt, konnte er es sich wieder leisten. Theo Klinger, Nichtraucher, Kaffeetrinker, ebenso leidenschaftlicher Angler wie Kinogänger, war Chef einer gutgehenden Maßschneiderei mit sieben Mitarbeitern.
Vier Wochen wollte er auf Amrum bleiben, und er hoffte, daß es der Wettergott gut meinte und sich kein Beispiel am Namen seines Urlaubsortes nahm. Der hieß nämlich Nebel.
Dabei gehörte Theo zu den Menschen, denen das »schlechte Wetter« nicht als Gesprächsstoff diente. Er marschierte gern durch den Regen. Die einzige Einschränkung, die er in bezug auf das Wetter zu machen hatte — war der Nebel.
Der erste
Nachdem er in Bernau am Chiemsee auf die Autobahn gefahren war, lagen noch reichliche tausend Kilometer vor ihm. Er wollte sie genüßlich, ohne nervenaufreibende Geschwindigkeitseinlagen, hinter sich bringen und in Kassel übernachten.
Ein Zimmer im Autobahnrasthaus war telefonisch vorbestellt worden.
Weil seine gute Laune auch beim
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