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Lange Zähne

Lange Zähne

Titel: Lange Zähne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Möchtest du dich setzen?«
    Frances Stroud gab ihrer Tochter den
Mantel, als würde sie einem Räuber ihre Kreditkarten geben, so als wolle sie
gar nicht wissen, wohin er verschwand, da sie ihn ohnehin nie wiedersehen
würde. »Ist das eure Couch?« fragte sie und deutete mit einem Nicken auf den
Futon.
    »Nimm Platz, Mutter ; wir holen dir etwas zu trinken. Wir haben ...« Jody wurde bewußt, daß sie keine
Ahnung hatte, was sie im Hause hatten. »Tommy, was haben wir?«
    Tommy hatte nicht erwartet, daß
die Fragerei so schnell beginnen würde. »Ich sehe nach«, sagte er. Er lief eilig
in die Küche und riß einen Schrank auf. »Wir haben Kaffee, normal und
koffeinfrei.« Er wühlte sich hinter den Kaffee, den Zucker, den Kaffeeweißer.
»Wir haben Ovaltine und ...« Er riß die Kühlschranktür auf. »Bier, Milch,
Johannisbeersaft und Bier - jede Menge Bier - ich meine, nicht wirklich eine
Menge, aber doch einiges, und ...« Er öffnete die Gefriertruhe. Peary starrte
durch eine Lücke zwischen den Tiefkühlmenüs zu ihm auf. Tommy schlug den
Gefriertruhendeckel zu. »... das wär's. Hier ist nichts drin.«
    »Koffeinfreien, bitte«, sagte
Mutter Stroud. Sie wandte sich zu Jody, die gerade zurückkam, nachdem sie den
Kaschmirmantel ihrer Mutter zusammengeknüllt in die Ecke des Garderobenschranks
gestopft hatte. »Also, du hast deine Stelle bei Transamerica aufgegeben.
Arbeitest du zur Zeit, Liebes?«
    Jody setzte sich ihrer Mutter
gegenüber in den Korbsessel vor dem Korbcouchtisch. (Tommy hatte entschieden,
das Loft ganz im Pier-l-Imports-Billigramsch-Stil einzurichten. Als Resultat
davon war das Loft nur einen Deckenventilator und einen Kakadu davon entfernt,
wie ein thailändischer Puff auszusehen.)
    »Ich arbeite jetzt im Marketing«,
sagte Jody. Es klang seriös. Es klang professionell. Es klang wie eine Lüge.
    »Du hättest es mir sagen und mir
so die Peinlichkeit ersparen können, Transamerica anzurufen, nur um
festzustellen, daß du entlassen wurdest.«
    »Ich habe gekündigt, Mutter. Ich
bin nicht entlassen worden.«
    Tommy, der sein Bestes gab,
unsichtbar zu werden, dienerte sich zwischen die beiden, um den Entkoffeinierten
zu servieren, den er mit Milch und Zucker auf einem Weidentablett arrangiert
hatte. »Und Sie, Mr. Flood, Sie sind Schriftsteller? Was schreiben Sie denn
so?«
    Tommy wurde munterer. »Ich arbeite
zur Zeit an einer Kurzgeschichte über ein kleines Mädchen, das in den
Südstaaten aufwächst. Ihr Vater sitzt im Zuchthaus.«
    »Sie stammen also aus den
Südstaaten?«
    »Nein, aus Indiana.«
    »Oh«, sagte sie, als hätte Tommy
gerade eingestanden, von Ratten großgezogen worden zu sein. »Und welche
Universität haben Sie besucht?«
    »Ich, ähm, ich bin eher so etwas
wie ein Autodidakt. Ich halte Erfahrung für den besten Lehrmeister.« Tommy
bemerkte, daß er schwitzte.
    »Ich verstehe«, sagte Frances.
»Und wo kann ich Ihre Werke lesen?«
    »Ich habe noch nicht
veröffentlicht.« Er wand sich. »Aber ich arbeite daran«, füge er eilig hinzu.
    »Also haben Sie noch einen anderen
Job. Arbeiten Sie auch im Marketing?«
    Jody griff ein. Sie konnte sehen,
wie Tommy der kalte Schweiß ausbrach. »Er ist Filialleiter des Martina Safeway,
Mutter.« Es war nur eine kleine Lüge, nichts im Vergleich zu dem Lügenteppich,
den sie über die Jahre für ihre Mutter gewebt hatte.
    Mutter Stroud schwenkte ihren
Skalpellblick auf ihre Tochter. »Weißt du, Jody, es ist noch nicht zu spät,
sich in Stanford zu bewerben. Du wärst ein bißchen älter als die anderen
Erstsemester, aber ich könnte meine Kontakte spielen lassen.«
    Wie macht sie das? fragte Jody
sich. Wie schafft sie es bloß, mir binnen Minuten das Gefühl zu geben, ich wäre
nicht besser als ein Hundehaufen? Warum tut sie das?
    »Mutter, ich denke, ein Studium
kommt für mich nicht mehr in Frage.«
    Mutter Stroud nahm ihre Tasse
hoch, als wollte sie einen Schluck trinken, dann hielt sie inne. »Natürlich,
Liebes. Du willst ja schließlich nicht deine Karriere und deine Familie
vernachlässigen.«
    Es war ein verbaler Tiefschlag,
ausgeführt mit artiger, erlesener Boshaftigkeit. Jody war, als würde etwas in
ihr fallen, wie Zyanidkapseln in Säure. Ihr Schuldgefühl plumpste durch die
Galgenfalltür und zuckte ein letztes Mal an seinem gebrochenen Genick. Sie
bereute nur die zehntausend Sätze, die sie mit »Ich liebe dich Mutter, aber
...« begonnen hatte. Das sagt man, damit einen die Leute nicht für
kaltschnäuzig und

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