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Langenscheidt Nachbar-Deutsch u Deutsch-Nachbar

Langenscheidt Nachbar-Deutsch u Deutsch-Nachbar

Titel: Langenscheidt Nachbar-Deutsch u Deutsch-Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Obst , Rolf Deilbach
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herum drapiert: ein paar unbequeme Sitzmöbel aus farbenfrohem Kunststoff. Die Etagen-Hausherrin behauptet über diesen geschmacksbefreiten Wohnzombismus, das plasteumrahmte Naturkunde-Exponat stehe für „Kolonial meets Retro Living“. Und sei der ultimative kommende Wohntrend! Der jetzt schon in Marrakesch wie auch Timbuktu zu den absoluten Favourites gehöre. Den ausgestopften Löwen wird es freuen, wenigstens nicht final im verstaubten Trophäenzimmer eines Großkatzenkillers gelandet, sondern stilprägend für Marrakesch, Timbuktu und Düsseldorf-Oberkassel gestorben zu sein. Aber eben nur, solange die klecksbunten PVC-Höckerchen drumherum stehen.

    Ansonsten haben solche Großraum-Wohnbehältnisse von selbstverliebten Dukateneseln selten Spannendes zu bieten: Das Badezimmer hat immer die Ausmaße eines türkischen Hamams – nur eben mit neuester Spitzenduschtechnik norditalienischer Armaturenhersteller. Die Küche ist selten kleiner als die eines Dreisternekochs und die Ankleidezimmer sehen aus wie die Fachabteilungen der Modehäuser, aus denen ihr Inhalt stammt. Vielleicht einen Tick kleiner, aber nicht wirklich beklemmend winzig.
    Ausgewählte Lieblingsoldtimer werden ebenfalls gerne mit in die Wohnetage genommen – sowohl die finanzstark ergrauten Lebenspartner wie auch alte Autos. Für die Letztgenannten löst das beim Penthouse der riesige, angebaute gläserne Außenaufzug. Und im Loft tut es der denkmalgeschützte, vollständig restaurierte Lastenaufzug der ehemaligen Wurstfabrik …
    Häuschen klein: Ein Reihenhaus soll es sein
    Eigenes Haus und doch immer mittendrin. Wer auf der Fläche einer großen Wohnung ein Hausgefühl haben will, der ist hier richtig. Jeder Gang hält schlank bei etwa 120 Quadratmetern auf vier Etagen – ausgebautes Dachstudio und Hobbykeller natürlich inklusive. Aufsteigerwohnen für Paare oder Familien mit bis zu drei Kindern.
    Getreu der Devise „Eigener Herd ist Goldes wert“ wird hier budgetschonend an wirklich alles gedacht und perfekt in dem Reihenmittelhaus untergebracht. Eine nachrangige Hypothek hilft zudem bei größeren Anschaffungen wie dem Dampfgarer, Himmelbett und Glattleder-Couch. Schöneres Wohnen mit mittlerem Einkommen – unspektakulär, aber nicht reizlos. Denn ein Teil der Einrichtung wird selbst entworfen und angefertigt, so beispielsweise die gebatikten Bilder und der Kamin im Wohnzimmer. Was bei den Bildern völlig unproblematisch und hübsch anzusehen ist. Etwas schwieriger gestaltet sich da schon mal die Inbetriebnahme des Kamins: Schon oft konnte das Feuer gerade noch gelöscht werden, bevor es auf die Wohnzimmermöbel übergriff und die versammelte Familie eine Rauchvergiftung erlitt …
    Gut also, wenn der Nachbar als hauptberuflicher Brandmeister seine Brötchen verdient und wegen seiner Nachtschichten tagsüber schnell greifbar ist. Siedlungswohnens mit guter Nachbarschaft ist quasi ein Muss: Man hilft sich und anderen, wo man kann – entweder Werte zu schaffen oder Substanz zu erhalten.
 
Tipp: Wenn solche Siedlungen entstehen, gibt es lauter stolze Eigentümerfamilien mit meist recht verschiedenen beruflichen Fähigkeiten. Hier sollte Nachbarschaftshilfe ein echtes Grundprinzip sein! Um diese fair und ehrlich zu gestalten, kann sich so eine Siedlungsgemeinschaft zum Beispiel Zeit- und Arbeitskonten einrichten. Jeder, der mitmachen will, sagt der Gemeinschaft eine feste Stundenanzahl zu. Sein spezifisches Know-how wird dann von jemandem genutzt, dessen Dienste und Fähigkeiten ein anderer Nachbarhaushalt gebrauchen kann. Reihum.
    Das Ganze darf nicht zu Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit führen. Das gilt auch für die „wenigen“ noch ausstehenden Arbeiten. Denn so ein Häuschen ist – wie der Kölner Dom – nie ganz fertig! Im Handtuchgarten ist nämlich nach wie vor Platz für einen Naturteich und im Keller kann die Waschküche dank neuem Kondenstrockner zum Fitnessraum umfunktioniert werden. Außerdem soll nun endlich Muttis Poco-Küche gegen ein Markenmodell ausgetauscht werden – der dazu notwendige Wanddurchbruch ins Esszimmer stand eh an, Wohnküchen sind schließlich viel praktischer. Ins Badezimmer kommt eine ebenerdige Duschtasse, denn barrierefrei ist immer gut, spätestens im Alter. Und die Kids wollen nicht nur ihre eigenen Zimmer behalten, sondern zusätzlich noch ein Arbeitszimmer. Also ist das Dachstudio neu zu gestalten. Das sollte dann aber gleich vernünftig gemacht werden – mit kleiner Gästetoilette.

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