Langenscheidts Handbuch zum Glück (German Edition)

ahnt nur, was es alles für einen im Rucksack gehabt hätte. Und wir haben nur eines.
    SCHAUSPIELER MARIO ADORF
    … über das Glück
    Haben Sie einen ganz persönlichen Tipp fürs Glücklichsein?
Nicht warten, bis es sich einstellt, sondern gezielt feststellen, dass es keinen Grund gibt, es nicht zu sein.
Was ist ein besonderer Glücksmoment für Sie?
Wenn ich mit dem mir liebsten Menschen genau dort bin, wo wir gerne sein möchten.
Was im Leben macht Sie besonders glücklich?
Mit guten Freunden bei einem guten Gespräch einen guten Wein zu trinken.

IV

Glück wechselt den Blickwinkel
    ERINNERN SIE SICH DARAN, wie Sie zum ersten Mal erfuhren, dass Aspirin gut gegen Herzinfarkt sei? Und wie die Studie herauskam, dass auch ein Glas Rotwein diesbezüglich nicht schaden könne? Plötzlich stand beides in völlig neuem Licht da. Aspirin hatte ich, bevor ich von diesen Untersuchungsergebnissen wusste, im Zweifelsfall nicht genommen, um meine Leber zu entlasten. Und auf Rotwein aus ähnlichen Gründen auch immer mal verzichtet …
    Was bei den Studien stimmt, wage ich nicht zu beurteilen. Aber beeindruckend ist, wie wenig Information wir brauchen, um eine vorgegebene Sache plötzlich in neuem Licht zu sehen.
    Ins Negative gekehrt funktioniert das genauso. Denken Sie an das Ende der Ära Helmut Kohl, als man sich bemühen musste, seine einzigartigen Verdienste weiterhin klar zu würdigen, weil sich der Spendenskandal so stark in den Vordergrund schob, dass er alles andere zu verdecken drohte. Oder an unser Verhältnis zur katholischen Kirche nach Aufdeckung der Missbrauchsskandale. Und und und.
    Die Sache als solche ist dabei mehr oder minder vorgegeben. Die Wahrnehmung ändert sich nur radikal, weil Teilaspekte bekannt werden, welche sie in vollkommen neuem Licht erscheinen lassen.
    Dieses Prinzip sollten wir aktiv nutzen in unserem Verhältnis zur Welt! Wer den Fokus bewusst ändern kann, ist sein eigener Wettergott. Er kann bestimmen, ob in ihm trübes Wetter herrscht oder die Sonne scheint. Fast alles hat positive und negative Aspekte. Die Frage ist, worauf wir fokussieren.
    Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Wie viel von unserer Wahrnehmung ist objektiv vorgegeben, wie viel stammt von uns selbst und unserer Sichtweise? Je länger ich lebe, desto mehr glaube ich: Die Perspektive entscheidet! Die Welt gibt uns eine unendliche Fülle an Inspirationen und Impulsen, aber es liegt im Wesentlichen an uns, was wir daraus machen und welche Welt wir in uns bilden. Ob wir Opfer sind oder Täter. Ob wir leiden oder lachen.
    Natürlich gibt es Extremsituationen wie Naturkatastrophen, Unfälle, Krankheiten, Hunger, Durst und Krieg, in denen wir nur reagieren können auf den vorgegebenen Schrecken. Aber der Alltag besteht eher aus Situationen, in denen wir entscheiden, wie wir sie interpretieren und was wir daraus machen. Die äußerlich gleiche Situation wird so zum Ärger für den einen und zur Freude für den anderen. Wir sitzen im Fahrersitz. Wir sind Herr unseres Lebens.
    Mein Lieblingsbeispiel, um das zu erläutern, ist ein Verkehrsstau. Klar vorgegebene Situation: Jeder wird zwanzig Minuten verlieren. Ich schaue nach rechts und sehe, wie der Fahrer mehr oder minder ins Lenkrad beißt vor Ärger. Man sieht förmlich die Magengeschwüre wachsen. Ich blicke nach links und sehe, wie der Fahrer dort im Büro angerufen hat, um zu sagen, er komme leider ein paar Minuten später, und nun Mozart hört, an seine Freundin denkt oder eine Idee entwickelt. Es könnte sein, dass dieser Moment der Kontemplation im Rückblick der schönste und kreativste im Tag des Fahrers links gewesen sein wird. Vielleicht hat er auch wertvolle Energie getankt für wichtige Entscheidungen. Vielleicht ist ihm ein bahnbrechender Einfall gekommen. Der rechte Fahrer dagegen hat vermutlich nur seine Gesundheit geschädigt.
    Wie gesagt, die Situation war absolut die gleiche, nur der Umgang damit komplett unterschiedlich.
    Das gilt es zu erkennen und den Mechanismus dahinter zu verinnerlichen und zu beherrschen lernen. Ihrem persönlichen Glück ist kaum effizienter auf die Sprünge zu helfen. In welcher Situation des Alltags Sie auch sind, Sie haben immer die Wahl. Sie können sich stressen lassen, Sie können Scheitern und Gefahr voraussehen, Sie können sich oder andere verfluchen oder beschuldigen, Sie können verzweifeln, Sie können innerlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen – oder Sie können die Situation genießen, von ihr lernen, sie in