Langenscheidts Handbuch zum Glück (German Edition)
karitativen Bemühungen seiner Frau Melinda. Bei ihr und ihrem Vater ging es nicht um viel Geld, aber um umso mehr Herz. Bill gab ab und zu ein paar Dollar dazu. Dabei merkte er aber, wie beglückend es ist zu helfen, und überlegte sich, ob er die Methoden, die ihn so reich und seine Firma so erfolgreich gemacht hatten, nicht beim Helfen anwenden könnte. Zum Beispiel Einkaufsmacht: Wenn sich die AIDS-Kranken in Afrika die teuren Mittel nicht leisten können, sollten sich nicht viele afrikanische Staaten zusammentun und als große Einkaufsmacht gegenüber den Pharmakonzernen bessere Preise herausholen? Zum Beispiel Skaleneffekte: Wenn eine Methode, die Akzeptanz von Impfungen zu verbessern, in einer Region gut wirkt, warum kann man sie dann nicht multiplizieren, die Impfstoffe billiger machen und gleich ganze Länder beglücken?
Bill juckte es in den Fingern. Sein Hirn und sein Herz tickten plötzlich nicht mehr für das Officepaket oder wie man Microsofts Betriebssystem auf alle Handys der Welt bringt. Sondern dafür, wie Menschen an Bildung kommen und wie unnötige tödliche Krankheiten verhindert werden können. Denn er hatte erkannt, dass auf diesen beiden Gebieten der Hebel zu mehr Glück am größten ist.
Vor etwa zwei Jahrzehnten starben jährlich zwanzig Millionen Babys und Kinder an Krankheiten, für die es Impfungen gibt. Heute sind es trotz gestiegener Weltbevölkerung noch acht Millionen. Mit bestimmten Maßnahmen zur Erhöhung der Impfquoten lässt sich diese Zahl in den nächsten zehn Jahren halbieren. Was für eine Vision! Und jeder, der ein Kind verloren hat, weiß, dass es Schlimmeres nicht gibt. Den Menschen vier Millionen Mal schreiendes Unglück jedes Jahr ersparen – da weiß man doch, wofür man arbeitet und lebt.
Aber mit klaren Visionen, durchdachten Strategien und professionellen Methoden der Effizienz und Transparenz war es nicht getan. Geld musste her, viel Geld. Und da meinte Bill, es sei eher Belastung als Glück für seine Erben, die ganzen Milliarden zu bekommen, und beschloss, jeden nur mit dem Nötigsten auszustatten und alles sonst dem guten Zweck zuzuführen. Das waren eben mal dreißig Milliarden Dollar.
Das beobachtete sein Freund Warren Buffet, der wohl erfolgreichste Investor der USA, und war begeistert von Einstellung und Methode. Er gab den gleichen Betrag dazu. Und weitere Milliardäre noch mehr.
Heute ist die »Bill und Melinda Gates Stiftung« der größte Wohltäter der Welt. Aus einem Computernerd und Powerplayer wurde ein Philanthrop und Helfender, der mehr Gutes für die Welt tut als viele Staaten zusammen.
Eine Geschichte des Glücks. Für ihn, für seine Frau, für die Armen der Welt. Ob das die Philosophen mit »summum optimum« oder »the greatest happiness of all« meinten?
Wir brauchen noch viel mehr davon!
Überall sind die Menschen aufeinander angewiesen. An seine eigene Schulter kann man sich nicht lehnen. Und sich selbst küssen geht nur mit einem kalten Spiegel.
Wir wissen aus der Wirtschaft, dass wir im Team immer besser sind – und dass Teamarbeit bedeutet, sich oft mühsam auf andere einzustellen und sie im Prozess zu halten.
Wir wissen aus dem Sport und dem Medienbetrieb, dass Mannschaftssportarten auf Dauer spannender und auch erfolgreicher sind als der Kampf Einzelner.
Wir wissen aus der Evolutionsforschung, dass der Natur das Individuum unwichtig ist – und nur die Erhaltung der Art zählt.
Wir wissen aus der Psychologie, dass der Weg zum persönlichen Glück immer über den Umweg des Glücks anderer führt – oder anders gesagt, dass das Engagement für Familie, Freunde und Dritte paradoxerweise glücklicher macht, als sich immer nur um das eigene Fortkommen zu kümmern. Ich kann in meinem Leben nur dann glücklich und erfolgreich sein, wenn ich nicht allein auf die Befriedigung meiner Interessen hin lebe, sondern mindestens gleichwertig auf die der Mitmenschen hin. Lieben ist auf Dauer schöner, als geliebt zu werden, schenken beglückender, als Geschenke zu bekommen. Von daher muss kein Pfarrer auf die Belohnung im Jenseits verweisen. Wir erhalten sie hier und heute durch die immense Befriedigung, aus dem begrenzten eigenen Kosmos zu treten und das Ganze ins Visier zu nehmen. Es ist ähnlich paradox wie beim Einschlafen: Je direkter wir es versuchen, desto mehr werden wir dabei scheitern.
Oder um es in der Sprache der Golfer zu sagen: Der richtige Schwung, jener magische Moment, in dem alles stimmt, führt von mir selbst
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