Langenscheidts Handbuch zum Glück (German Edition)
mit seinem Geld. Er sah es als Schlüssel zu schöneren Welten, als Ermöglicher von ungeahnten Reisen und Einladungen.
Er liebte schnelle Boote, siegte in Cresta-, Bob- und Skirennen. Er fuhr Motorrad und brillierte auf dem Tennisplatz. Er gewann Zaubermeisterschaften und knackte manches Casino.
Er machte Orte zu Legenden, die noch nach Jahrzehnten vom Mythos seiner prägenden Anwesenheit zehrten. Er war ein brillanter Unternehmer und Verhandler. Er besaß ein grandioses Gespür für Kunst und baute Sammlungen auf, deren Wert und Charisma die Fachwelt blass werden ließ.
Er war Clubpräsident und Philanthrop, leidenschaftlicher Vater und warmherziges Familientier, Förderer der Wissenschaft und Filmemacher. Seine Fotos, von Freude an neuen Techniken ebenso geprägt wie von untrüglichem Gefühl für Ästhetik und Geschmack, beeinflussten die Sichtweise einer ganzen Generation auf die weibliche Schönheit.
Mehr Talent, Vielseitigkeit, Neugier und Leidenschaft sind nicht vorstellbar. Mehr Lebenslust geht nicht. Wie unzählige andere habe ich den Mann geschätzt und verehrt, habe ihm innerlich gedankt dafür, dass er uns zeigte, was alles möglich war in der uns vergönnten Lebenszeit.
Und doch erreichte mich beim Mittagessen an der Alster in Hamburg die Nachricht von seinem Freitod. Sie kam aus dem Nichts wie ein dunkler, schwerer Schlag in den Unterbauch. Sie schien unglaublich, war der Mann doch die Inkarnation des gelungenen Lebens, wie es kaum jemandem sonst gegönnt ist.
Ich habe ihn verstanden. Er litt mit seinen fast achtzig Jahren am Älterwerden. Manches funktioniert nicht mehr so, wie man es sich von sich erwartet, die Kreativität lässt nach, Sorgen um schwere Krankheiten tauchen auf, viele geschätzte Menschen sind nicht mehr, das Gedächtnis wird schlechter, und die positive Grundeinstellung anderen Menschen gegenüber wird überschattet von Misstrauen und sogar Neid. Der souveräne Held steigt vom Olymp, die Ausnahmeerscheinung wird zum normalen Menschen.
Soll all das rückwirkend ein ganzes grandioses Leben am Ende zerfressen? Wem zuliebe sollte der Mann mit all seiner Wachheit zusehen, wie die Mauern höher und das Licht schlechter würden? Er hatte weiß Gott unendlich viel für Familie, Freunde und Bedürftige getan und damit das Recht, nun an sich selbst zu denken und sich mit Mut und Entschlossenheit zu verabschieden.
Sein Vater hatte das Gleiche getan – so etwas prägt. Leben und Tod gehören zusammen wie Tag und Nacht. Eines ist ohne das andere nicht zu denken.
Das hatte er schon früh gespürt – in der leidenschaftlichen Liebe. Mit einer schönen Frau an Bord fuhr er mit Vollgas und festgezurrtem Ruder in das Dunkel des Mittelmeeres. Jederzeit hätten sie an einer Klippe zerschellen können. Vielleicht ersehnten sie das sogar. Mourir d’amour. Der Mann starb Jahrzehnte später dann wirklich – an der Liebe zum Leben, wie er es sich vorstellte.
EXTREMSPORTLER UND UNTERNEHMER JOCHEN SCHWEIZER
… über das Glück
Menschen, die ihre individuelle Angst besiegen wollen, empfehle ich einen Bungee- oder Fallschirmsprung. Dabei wird der Mensch mit einer Urangst konfrontiert. Diese Urangst ist tief in uns, sie ist ein natürlicher Schutzmechanismus. Es kostet Kraft und Energie, diese Urangst zu besiegen. Wenn man aber nach dem Sprung wieder auf dem Boden steht, mit angespitzten Nervenenden, den Flashback des Falls in jeder Ader des Körpers spürt und nach oben schaut auf die gewaltige Höhe, empfindet man pures Glück.
Ich suche immer nach besonderen Augenblicken. Es macht mir Freude, andere Menschen daran teilhaben zu lassen, ihnen Dinge zu ermöglichen, die ich selbst erlebt habe. Ich glaube, dass Vernunft im kognitiven Sinne, damit meine ich das, was in der Gesellschaft als vernünftig bezeichnet wird, einem die Freiheit nimmt. Man muss manchmal unvernünftig sein. Es lohnt sich, die Unsicherheit zu wählen. Nur darin liegt die Chance. Wer immer nur nach Sicherheit strebt, wird nicht sehr hoch fliegen, kann aber auch nicht abstürzen.
Wer etwas riskiert, der kann verlieren. Wer nichts riskiert, verliert garantiert.
XXIV
Auf dem Sterbebett ist es zu spät: Mut zum Glück!
ES ERFORDERT MUT, KLARHEIT UND ENTSCHIEDENHEIT, das eigene Leben als Möglichkeit zum Glück zu leben ohne Blick auf Vergangenes oder anderes oder Unerreichbares. Das ist der Schlüssel. Genau in sich hineinhören, was man will. Und das dann tun, unbeirrbar und konsequent, soweit eben möglich. Den Willen zum
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