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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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freundliche Geste in Toms Richtung, welche auf die zahllosen Male hindeutete, wie er die Fahrer vorüberfahrender Lastwagen und Traktoren und Mähdrescher und Trecker auf dieselbe beiläufige Weise gegrüßt hatte. Dann, als Tom Scout nicht mehr zu sehen war, legte er die Hand wieder auf die Rippen, so dass die Arme erneut verschränkt waren. Während die Blätter auf der Straße raschelnd wieder zur Ruhe kamen, richtete er den geduldigen, starren, beinahe ewigen Blick wieder auf Mort Raineys Gesicht. »Wo waren wir stehen geblieben?« fragte er fast sanft.
    »Wir haben versucht, die Urheberschaft zu klären«, sagte Mort. »Das bedeutet …«
    »Ich weiß, was es bedeutet«, sagte Shooter und bedachte Mort mit einem Blick, der ruhig und gelinde verächtlich zugleich war. »Ich weiß, ich trage Bauernkleidung und fahre ein Bauernauto und stamme von einer langen Ahnenreihe von Bauern ab, aber das macht mich nicht notwendigerweise zu einem dummen Bauern.«
    »Nein«, stimmte Mort zu. »Das glaube ich auch nicht. Aber klug zu sein, macht Sie auch nicht notwendigerweise ehrlich. Ich glaube sogar, häufig ist es eher umgekehrt.«
    »Dafür wären Sie das beste Beispiel, hätte ich es nicht schon selbst gewusst«, gab Shooter trocken zurück, und Mort spürte, wie er errötete. Es gefiel ihm nicht, eine verpasst zu bekommen, und es kam auch nicht oft vor, aber Shooter hatte es gerade mit der mühelosen Leichtigkeit eines erfahrenen Schützen geschafft, der eine Tontaube abserviert.
    Seine Hoffnung, Shooter in die Ecke zu drängen, sank. Nicht ganz bis auf Null, aber deutlich. Klug und schlau waren nicht dasselbe, aber allmählich vermutete er, dass Shooter beides war, dennoch hatte es keinen Sinn, die Sache noch weiter hinauszuziehen. Er wollte nicht länger als unbedingt nötig in der Gesellschaft dieses Mannes verbringen. Auf eine seltsame Weise hatte er diese Konfrontation herbeigesehnt, als er sicher gewesen war, dass eine erneute Konfrontation sich nicht vermeiden ließ – vielleicht nur, weil es eine Unterbrechung der Routine bildete, die schon stumpf und unangenehm geworden war. Jetzt wollte er ein rasches Ende. Er war nicht mehr sicher, ob John Shooter verrückt war – jedenfalls nicht durch und durch –, aber er dachte, der Mann könnte gefährlich werden. Er war so verdammt unangreifbar. Er beschloss, seinen Schuss abzufeuern und es hinter sich zu bringen – kein Herumtänzeln mehr.
    »Wann haben Sie Ihre Geschichte geschrieben, Mr. Shooter?«
    »Vielleicht ist mein Name gar nicht Shooter«, sagte der Mann mit leicht amüsierter Miene. »Vielleicht ist er nur ein Pseudonym.«
    »Ich verstehe. Und wie ist er wirklich?«
    »Ich habe nicht gesagt, dass er es nicht ist; ich habe nur gesagt: vielleicht. Wie dem auch sei, das geht Sie nichts an.« Er sprach abwesend und schien sich mehr für eine Wolke zu interessieren, die langsam über den hohen blauen Himmel zur Sonne im Westen zog.
    »Okay«, sagte Mort. »Aber wann Sie die Geschichte geschrieben haben, geht mich etwas an.«
    »Ich habe sie vor sieben Jahren geschrieben«, sagte er und studierte immer noch die Wolke; sie berührte jetzt den Rand der Sonne und hatte einen goldenen Rand bekommen. »1982.«
    Bingo, dachte Mort. Gerissener alter Drecksack oder nicht, er ist genau in die Falle getappt. Er hat die Geschichte aus der Sammlung, und da Jeder gibt den Löffel ab 1983 erschienen ist, hat er jede Jahreszahl vor 1983 für sicher gehalten. Hättest das Impressum lesen sollen, alter Junge.
    Er wartete auf ein Gefühl des Triumphs, aber es kam nicht. Nur ein dumpfes Gefühl der Erleichterung, dass er diesen Irren ohne weiteres Drumherum seines Weges schicken konnte. Trotzdem war er neugierig; das war der Fluch der schreibenden Klasse. Zum Beispiel, warum Shooter sich ausgerechnet diese Geschichte ausgesucht hatte, eine Geschichte, die so ungewöhnlich war und nicht zu seinen sonstigen passte? Und wenn der Typ ihn schon des Plagiats bezichtigte, warum gab er sich dann mit einer obskuren Kurzgeschichte zufrieden, wo er ein fast identisches Manuskript auch von einem Bestseller wie Der Sohn des Leierkastenmanns hätte zustande bringen können? Das wäre saftig gewesen; dies hier war beinahe ein schlechter Witz.
    Ich nehme an, einen Roman abzuschreiben, wäre zuviel Arbeit gewesen, dachte Mort.
    »Warum haben Sie so lange gewartet?« fragte er. »Ich meine, meine Kurzgeschichtensammlung wurde 1983 veröffentlicht, und das ist jetzt sechs Jahre her. Fast

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