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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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noch vorhanden –, aber die kurze Fuchsjacke kennzeichnete sie nicht. Die hatte im Schrank gehangen, warme und modische Kleidung für den Herbst, als das Feuer ausgebrochen war. Er erinnerte sich, wie er ihr diesen Mantel vor sechs oder sieben Jahren zum Geburtstag geschenkt hatte. Futsch. Sein Teleskop, Marke Celestron. Futsch. Die große Patchworkdecke, die Amys Mutter ihnen nach der Hochzeit gegeben hatte. Amys Mutter war tot, und jetzt war die Decke nur noch Asche im Wind.
    Das Schlimmste, jedenfalls für Mort, befand sich etwa in der Mitte der zweiten Spalte, und wieder war es nicht der finanzielle Wert, der weh tat. 124 FLASCH. WEIN, lautete der Eintrag. WERT 4900 $. Wein hatten sie beide gern getrunken. Sie waren nicht gerade verrückt danach, aber sie hatten den kleinen Weinkeller gemeinsam aufgebaut, gemeinsam zusammengetragen und gemeinsam ab und zu eine Flasche getrunken.
    »Sogar der Wein«, sagte er zu Evans. »Sogar der.«
    Evans warf ihm einen sonderbaren Blick zu, den Mort nicht deuten konnte, dann nickte er. »Der Weinkeller selbst ist nicht ausgebrannt, weil Sie kaum Heizöl im Kellertank hatten und es daher nicht zu einer Explosion gekommen ist. Aber es wurde sehr heiß, und die meisten Flaschen sind geplatzt. Die wenigen, die heil geblieben sind … nun, ich weiß nicht viel über Wein, aber ich bezweifle, dass er noch genießbar sein wird. Vielleicht irre ich mich ja auch.«
    »Nein«, sagte Amy. Eine Träne rann ihr die Wange hinab, sie wischte sie geistesabwesend weg.
    Evans bot ihr ein Taschentuch an. Sie schüttelte den Kopf und beugte sich wieder mit Mort über die Liste.
    Zehn Minuten später waren sie fertig. Sie unterschrieben an den richtigen Stellen, und Evans beglaubigte ihre Unterschriften. Ted Milner kam Sekunden später zurück, als hätte er alles über einen privaten Videomonitor verfolgt.
    »Noch etwas?« wandte sich Mort an Evans.
    »Momentan nicht. Möglicherweise. Haben Sie in Tashmore eine Geheimnummer, Mr. Rainey?«
    »Ja.« Er schrieb sie Evans auf. »Bitte melden Sie sich, wenn ich Ihnen helfen kann.«
    »Das werde ich.« Er erhob sich mit ausgestreckter Hand. »Dies ist immer eine hässliche Sache. Tut mir leid, dass Sie beide das durchmachen mussten.«
    Sie schüttelten reihum die Hände und ließen Strick und Evans dann ihre Berichte schreiben. Es war nach eins, und Ted fragte Mort, ob er mit Amy und ihm Mittag essen gehen wollte. Mort schüttelte den Kopf.
    »Ich will wieder heim. Etwas arbeiten und sehen, ob ich das alles eine Weile vergessen kann.« Und ihm war, als könnte er vielleicht tatsächlich schreiben. Das war nicht überraschend. In harten Zeiten – jedenfalls bis zur Scheidung, die schien eine Ausnahme von der Regel zu sein – war es ihm immer leicht gefallen zu schreiben. Er fand es sogar notwendig. Es tat gut, wenn man sich in die Welten der Fantasie zurückziehen konnte, wenn einen die wirkliche Welt verletzt hatte.
    Er rechnete halb damit, dass Amy ihn bitten würde, seinen Entschluss zu ändern, aber sie tat es nicht. »Fahr vorsichtig«, sagte sie und hauchte ihm einen keuschen Kuss auf den Mundwinkel. »Danke, dass du gekommen bist und so … so vernünftig warst.«
    »Kann ich noch etwas für dich tun, Amy?«
    Sie schüttelte den Kopf, lächelte ein wenig und nahm Teds Hand. Wenn er nach einer Botschaft gesucht hatte, diese war so deutlich, dass er sie nicht übersehen konnte.
    Sie gingen langsam zu Morts Buick.
    »Kommen Sie gut zurecht?« fragte Ted. »Brauchen Sie was?«
    Zum dritten Mal fiel ihm der Südstaatenakzent des Mannes auf – nur ein Zufall.
    »Nicht, dass ich wüsste«, sagte er, machte die Tür des Buick auf und kramte die Autoschlüssel aus der Tasche. »Woher stammen Sie eigentlich ursprünglich, Ted? Sie oder Amy müssen es mir einmal gesagt haben, aber der Teufel soll mich holen, wenn ich es noch weiß. War es Mississippi?«
    Ted lachte herzlich. »Ein gutes Stück davon entfernt, Mort. Ich bin in Tennessee aufgewachsen. In einem kleinen Ort namens Shooter’s Knob, Tennessee.«

 
22
     
    Während Mort zum Tashmore Lake zurückfuhr, hatte er die Hände ums Lenkrad verkrampft, das Rückgrat so steif wie ein Lineal und die Augen starr auf die Straße gerichtet. Er hatte das Radio aufgedreht und konzentrierte sich jedes Mal, wenn er verräterische Anzeichen geistiger Tätigkeit hinter der Stirn spürte, mit aller Gewalt auf die Musik. Er hatte noch keine vierzig Meilen zurückgelegt, da spürte er einen Druck auf der Blase. Er

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