Langoliers
Kathedralendecke, der Fensterwand zum See und selbstverständlich dem weltberühmten Mort-Rainey-Sofa, auch als Couch des komatösen Schriftstellers bekannt. Ein knappes, wirtschaftliches Lächeln verzerrte seine Wangen. Seine Eier pressten sich geschrumpelt und eng an den Schritt.
»Ein halber Sieg ist besser als keiner, Mr. Shooter, richtig?« rief er.
Die Worte erstarben in staubiger Stille. Er konnte alten Tabakrauch in der Stube riechen. Sein Blick fiel auf das zerknautschte Päckchen Zigaretten, das er aus der Schreibtischschublade gewühlt hatte. Ihm fiel auf, dass das Haus einen Geruch hatte – beinahe einen Gestank –, der schrecklich negativ war: es war ein frauenloser Geruch. Dann dachte er: Nein, das ist ein Fehler. Das ist es nicht. Du riechst Shooter. Du riechst den Mann und du riechst seine Zigaretten. Nicht deine, seine.
Er drehte sich langsam mit zurückgelegtem Kopf um. Von einem Schlafzimmer im ersten Stock konnte man ins Wohnzimmer heruntersehen; die Öffnung war mit dunklen Holzstreben verkleidet. Diese Streben sollten verhindern, dass ein Unachtsamer herunter auf den Wohnzimmerboden stürzte, aber sie sollten auch dekorativ sein. Momentan fand Mort nicht, dass sie sehr dekorativ aussahen; sie sahen aus wie die Gitter einer Gefängniszelle. Vom Gästezimmer, wie er und Amy es immer genannt hatten, konnte er nur die Decke und einen der vier Bettpfosten erkennen.
»Sind Sie da oben, Mr. Shooter?« rief er.
Keine Antwort.
»Ich weiß, dass Sie mich mit Psychoterror fertigmachen wollen!« Jetzt kam er sich langsam ein ganz kleines bisschen albern vor. »Aber das klappt nicht!«
Vor etwa sechs Jahren harten sie den großen Natursteinkamin im Wohnzimmer mit einem Blackstone-Jersey-Ofen zugestellt. Daneben stand ein Regal mit Kamingeräten. Mort streckte die Hand nach dem Griff der Ascheschaufel aus, überlegte, ließ ihn los und nahm statt dessen den Schürhaken. Er drehte sich zum vergitterten Gästezimmer-Ausblick um und hob den Schürhaken wie ein Ritter, der seiner Königin salutiert. Dann ging er langsam zur Treppe und hinauf. Jetzt konnte er spüren, wie sich nervöse Anspannung in seine Muskeln schlich, aber er wusste, er hatte nicht vor Shooter Angst; er hatte Angst davor, nichts zu finden.
»Ich weiß, dass Sie hier sind und versuchen, mich mit Psychoterror fertigzumachen! Ich weiß nur nicht, was das alles soll, Alfie, und wenn ich Sie finde, sollten Sie es mir besser sagen!«
Auf dem Treppenabsatz des ersten Stocks blieb er stehen, und jetzt schlug ihm das Herz heftig in der Brust. Die Gästezimmertür war links von ihm. Rechts die Tür zum Gästebad. Und plötzlich wurde ihm klar, das Shooter tatsächlich hier war, aber nicht im Gästezimmer. Nein; das war nur ein Trick. Das wollte Shooter ihn nur glauben machen.
Shooter war im Bad.
Und während er auf dem Absatz stand, den Schürhaken fest mit der rechten Hand umklammerte und Schweiß ihm aus dem Haar und die Wangen hinablief, hörte Mort ihn. Ein leises Schlurf-Schlurf. Er war also da drinnen. Stand in der Wanne, wie es sich angehört hatte. Er hatte sich eine Winzigkeit bewegt. Haschmich, Johnny-Boy, ich kann dich hören. Bist du bewaffnet, Pißkopf?
Mort dachte, dass er wahrscheinlich bewaffnet war, aber nicht mit einer Pistole. Mort hatte den Eindruck, das Pseudonym des Mannes war das einzige, das ihn mit Schusswaffen verband. Shooter schien der Typ zu sein, der sich mit Waffen brutalerer Natur wohler fühlte. Was er mit Bump gemacht hatte, schien ebenfalls dafür zu sprechen.
Ich wette, es ist ein Hammer, dachte Mort und wischte sich mit der freien Hand Schweiß aus dem Nacken. Er konnte spüren, wie seine Augen synchron mit dem Herzschlag in den Höhlen pulsierten. Ich wette, es ist ein Hammer aus der Werkstatt.
Er hatte das kaum zu Ende gedacht, da sah er Shooter, sah ihn klar und deutlich, wie er mit seinem runden schwarzen Hut und den gelben Bauernschuhen in der Badewanne stand, die Lippen gefletscht hatte und die Versandhaus-Zahnprothese zu einem Grinsen entblößte, das mehr eine Grimasse war, wie ihm Schweiß übers Gesicht lief, die tiefen Runzeln hinab wie Wasser durch ein Netz galvanisierter Blechrinnen, wie er den Hammer aus der Werkstatt in Schulterhöhe erhoben hatte wie ein Richter den seinen. Wie er einfach in der Wanne stand und darauf wartete, mit dem Hammer zuzuschlagen. Nächster Fall, Gerichtsdiener.
Ich kenne dich, Kumpel. Ich habe deine Nummer. Ich kenne dich, seit ich dich zum ersten Mal gesehen
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