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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verstehen und hatte Angst. Aber nicht um sich selbst.
    Um den alten Tom Greenleaf.

 
28
     
    Er nahm den Hörer wieder auf. »Greg?«
    »Ich bin da.«
    »Schien mit Tom alles in Ordnung zu sein, als Sie mit ihm gesprochen haben?«
    »Er war erschöpft«, antwortete Greg prompt. »Der alte Narr hat auch nichts auf einem Gerüst verloren, wo er den ganzen Tag im kalten Wind herumpinselt. Nicht in seinem Alter. Er hat ausgesehen, als würde er sich in den nächsten Berg Herbstlaub fallenlassen, wenn er nicht bald ins Bett kommt. Ich weiß, worauf Sie hinauswollen, Mort, ich schätze, wenn er tatsächlich so erschöpft war, könnte er es vergessen haben, aber …«
    »Nein, daran habe ich nicht gedacht. Sind Sie sicher, dass es nur Erschöpfung war? Könnte er Angst gehabt haben?«
    Darauf folgte ein langes, nachdenkliches Schweigen am anderen Ende der Leitung. So ungeduldig er war, Mort unterbrach es nicht. Er wollte Greg alle Zeit zum Nachdenken zugestehen, die erforderlich war.
    »Er schien nicht er selbst zu sein«, sagte Greg schließlich. »Er schien zerstreut … irgendwie abwesend. Ich habe es auf schlichte Müdigkeit zurückgeführt, aber vielleicht war es das gar nicht. Nicht nur.«
    »Konnte er Ihnen etwas verheimlicht haben?«
    Diesmal war die Pause nicht so lang. »Ich weiß nicht. Möglich. Mehr kann ich nicht mit Sicherheit sagen, Mort. Wenn ich Ihnen zuhöre, wünschte ich mir, ich hätte länger mit ihm geredet und wäre beharrlicher gewesen.«
    »Ich glaube, es wäre gut, wenn wir ihn besuchen würden«, sagte Mort. »Jetzt gleich. Es ist so passiert, wie ich es Ihnen gesagt habe, Greg. Wenn Tom etwas anderes sagt, liegt es vielleicht daran, dass mein Freund ihm eine Heidenangst gemacht hat. Wir treffen uns dort.«
    »Okay.« Greg hörte sich erneut besorgt an. »Aber Sie wissen ja, Tom ist nicht der Mann, der sich leicht angst machen lässt.«
    »Ich bin sicher, das war einmal so, aber Tom ist bestimmt schon fünfundsiebzig. Ich glaube, je älter man wird, desto leichter lässt man sich angst machen.«
    »Also treffen wir uns dort?«
    »Einverstanden.« Mort legte den Hörer auf, schüttete den Rest seines Bourbon in den Abguss und fuhr mit seinem Buick zum Haus von Tom Greenleaf.

 
29
     
    Greg parkte in der Einfahrt, als Mort eintraf. Toms Scout stand an der Hintertür. Greg trug eine Flanelljacke mit hochgestelltem Kragen; der Wind vom See war so frisch, dass er unangenehm war.
    »Alles in Ordnung mit ihm«, sagte er auf der Stelle.
    »Woher wissen Sie das?«
    Sie sprachen beide mit gedämpften Stimmen.
    »Ich habe seinen Scout gesehen, also bin ich zur Hintertür. Dort steckt ein Zettel, auf dem steht, dass er einen schweren Tag gehabt hat und früh ins Bett gegangen ist.« Greg grinste und strich sich das lange Haar aus der Stirn. »Es steht auch darauf, falls einer seiner Stammkunden ihn braucht, soll er mich anrufen.«
    »Ist der Zettel handgeschrieben?«
    »Ja. Große, krakelige Altmännerschrift. Würde ich überall erkennen. Ich bin ums Haus gegangen und habe in sein Schlafzimmerfenster gesehen. Er ist drinnen. Das Fenster ist zu, aber es ist ein Wunder, dass das verdammte Glas nicht zerbricht, so laut schnarcht er. Möchten Sie sich selbst überzeugen?«
    Mort seufzte und schüttelte den Kopf. »Aber etwas stimmt nicht, Greg. Tom hat uns gesehen. Uns beide. Ein paar Minuten nachdem Tom vorbeigefahren war, hat den Mann die Wut gepackt und er hat mich an den Armen gehalten. Man sieht seine Abdrücke. Ich zeige sie Ihnen, wenn Sie wollen.«
    Greg schüttelte den Kopf. »Ich glaube Ihnen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger gefällt mir, wie er gesagt hat, dass Sie ganz allein waren, als er Sie gesehen hat. Ich rede morgen noch einmal mit ihm. Oder wir können beide mit ihm reden, wenn Sie wollen.«
    »Das wäre gut. Wie viel Uhr?«
    »Warum kommen Sie nicht gegen halb zehn zum Gemeindezentrum? Bis dahin hat er zwei, drei Tassen Kaffee getrunken – bevor er seinen Kaffee getrunken hat, kann man nicht mit ihm reden –, und wir können ihn eine Weile von dem verdammten Gerüst runterholen. Ihm vielleicht das Leben retten. Hört sich das gut an?«
    »Ja.« Mort streckte die Hand aus. »Tut mir leid, dass ich unnötig in Panik geraten bin.«
    Greg schüttelte den Kopf. »Kein Grund. Hier stimmt etwas nicht. Und ich bin neugierig, was es ist.«
    Mort ging zu seinem Buick zurück, und Greg kletterte hinters Lenkrad seines Lieferwagens. Sie fuhren in verschiedene Richtungen davon und

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