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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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spürte einen wannen Luftzug im Gesicht, als Craig mit dem Brieföffner dorthin stach, wo Albert vor einer Sekunde noch gewesen war. Er tastete hinter sich mit der freien Hand, weil er entsetzliche Angst hatte, sich in eine Ecke zu manövrieren, wo Craig das Messer (im fahlen, schwachen Licht des Zippo-Feuerzeugs hatte er den Brieföffner dafür gehalten) ungehindert gegen ihn einsetzen konnte und seine eigene Waffe sich als ebenso nutzlos wie albern erweisen würde. Seine Finger griffen ins Leere, er wich durch die Tür in die Halle zurück. Er fühlte sich nicht cool; er fühlte sich ganz und gar nicht wie der schnellste Hebräer auf irgendeiner Seite des Mississippi; er fühlte sich nicht schneller als ein blauer Blitz. Er fühlte sich wie ein ängstliches Kind, das närrischerweise ein Kinderspielzeug statt einer richtigen Waffe gewählt hatte, weil es nicht glauben konnte – wirklich glauben –, dass es soweit kommen würde, obwohl es gesehen hatte, was dieses verrückte Arschloch oben mit dem kleinen Mädchen angestellt hatte. Er konnte sich riechen. Er konnte sich selbst in der schalen Luft riechen. Es war der Geruch von Angst – wie ranzige Affenpisse.
    Craig kam mit erhobenem Brieföffner zur Tür herausgestürmt. Er bewegte sich wie ein tanzender Schatten in der Dunkelheit. »Ich sehe dich, Bübchen«, hauchte er. »Ich sehe dich wie eine Katze.«
    Er kam vorwärts. Albert wich vor ihm zurück. Gleichzeitig fing er an, den Toaster hin und her zu schwingen und erinnerte sich daran, dass er nur Gelegenheit zu einem guten Schlag haben würde, bevor Toomy über ihn kam und ihm die Klinge in Hals oder Brust stieß.
    Und wenn der Toaster aus der verfluchten Tasche herausfliegt, bevor er ihn trifft, bin ich ein toter Mann.
     
11
     
    Craig kam näher und wiegte den Oberkörper hin und her wie eine Schlange, die aus ihrem Korb kommt. Ein geistesabwesendes Lächeln – beinahe ein Ace-Kaussner-Lächeln – umspielte seine Mundwinkel und erzeugte kleine Grübchen. Recht so, sagte Craigs Vater grimmig aus seiner unsterblichen Festung in Craigs Kopf. Wenn du sie einen nach dem anderen abmurksen musst, kannst du das machen. ALS, Craig, weißt du noch? ALS. Anstrengung Lohnt Sich.
    Richtig, Craiggy-weggy, warf seine Mutter flötend ein. Du kannst es, und du musst es.
    »Tut mir leid«, murmelte Craig dem Jungen mit dem weißen Gesicht zu. »Es tut mir wirklich, wirklich leid, aber ich muss es tun. Wenn du die Lage aus meiner Perspektive sehen könntest, würdest du es verstehen.«
    Er näherte sich Albert und hob den Brieföffner vor die Augen.
     
12
     
    Albert warf einen raschen Blick hinter sich und sah, dass er sich in Richtung des Schalters von United Airlines zurückzog. Wenn er noch weiter zurückwich, würde er die Rückwärts Schwingung seiner Schlinge beeinträchtigen. Es musste schnell geschehen. Er schwang den Toaster allmählich schneller, seine verschwitzte Hand umklammerte den Knoten des Tischtuchs.
    Craig bemerkte die Bewegung in der Dunkelheit, konnte aber nicht erkennen, was der Junge schwang. Unwichtig. Er durfte einfach nicht zulassen, dass es wichtig wurde. Er sammelte sich, dann sprang er vor.
    » ICH GEHE NACH BOSTON !« heulte er. » ICH GEHE NACH …«
    Alberts Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit; er sah, wie Craig eine Bewegung machte. Der Toaster befand sich in der rückwärtigen Hälfte seines Bogens. Anstatt den Arm nach vorne zu reißen, um die Richtung umzukehren, ließ Albert den Arm mit dem Gewicht des Toasters gehen und schwang ihn mit einer übertriebenen Werfergeste über den Kopf. Gleichzeitig machte er einen Schritt nach links. Der Klumpen am Ende des Tischtuchs beschrieb einen kurzen, harten Halbkreis in der Luft; die Zentrifugalkraft hielt ihn fest in seiner Schlaufe. Craig trug seinen Teil dazu bei, indem er vorwärts in den abwärts führenden Bogen des Toasters trat. Dieser prallte mit einem harten, tonlosen Knirschen auf Craigs Stirn und Nasenbrücke.
    Craig heulte vor Schmerz und ließ den Brieföffner fallen. Er griff sich mit den Händen ans Gesicht und taumelte rückwärts. Blut aus der gebrochenen Nase lief zwischen seinen Fingern hervor wie Wasser aus einem Hydranten. Albert war entsetzt darüber, was er getan hatte, aber noch mehr entsetzte ihn der Gedanken, jetzt aufzuhören. Er wollte gar nicht daran denken, wozu dieser Wahnsinnige jetzt, in seinem verletzten Zustand, imstande sein würde. Er ging noch einen Schritt nach links und schwang das Tischtuch. Es

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