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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Darf ich noch eine Zigarette schnorren?«
    Sie hielt ihm die geplünderte Packung hin und nahm dann selbst eine. Sie hatte Alberts Versuchsstreichholzbriefchen ins Zellophan der Packung geschoben, und als sie eines anzündete, brannte es ohne weiteres.
    »Eine Spur von ihnen?«
    »Nun, das kommt darauf an, was Sie mit ›eine Spur‹ meinen, denke ich«, sagte Bob vorsichtig. »Ich glaube, ich habe, kurz bevor Sie heruntergekommen sind, jemand schreien gehört.« Was er eigentlich gehört hatte, hatte sich mehr nach Kreischen angehört, ohne spitzfindig sein zu wollen, aber er sah keinen Grund, dem Mädchen das zu sagen. Sie sah so ängstlich aus, wie Bob zumute war, und er hatte so eine Ahnung, als hätte sie Gefallen an Albert gefunden.
    »Ich hoffe, Dinah kommt durch«, sagte sie, »aber ich weiß es nicht. Er hat sie wirklich schlimm erwischt.«
    »Haben Sie den Kapitän gesehen?«
    Bethany nickte. »Er hat mich irgendwie hinausgeworfen. Ich glaube, er programmiert seine Instrumente oder so.«
    Bob Jenkins nickte ernst. »Das hoffe ich.«
    Die Unterhaltung geriet ins Stocken. Sie sahen beide nach Osten. Jetzt lag ein anderes, noch geheimnisvolleres Geräusch unter den knirschenden Mampflauten: ein schrilles, lebloses Schreien. Es war ein seltsam mechanisches Geräusch, bei dem Bob an ein Automatikgetriebe mit zu wenig Getriebeöl denken musste.
    »Es ist jetzt viel näher, nicht?«
    Bob nickte widerwillig. Er sog an der Zigarette, und der Schein der Glut erhellte ein Paar müder, ängstlicher Augen.
    »Was, meinen Sie, ist es, Mr. Jenkins?«
    Er schüttelte langsam den Kopf. »Liebes Mädchen, ich hoffe, wir müssen das nie herausfinden.«
     
15
     
    Auf halbem Weg die Rolltreppe hinunter sah Nick eine gebückte Gestalt vor der Reihe nutzloser Münzfernsprecher stehen. Es war unmöglich zu sagen, ob es sich um Albert oder Craig Toomy handelte. Der Engländer griff in die rechte Hosentasche, hielt die linke Hand dagegen, damit kein Klimpern laut wurde, und wählte durch Tasten ein paar Vierteldollarmünzen aus dem Kleingeld aus. Er ballte die rechte Hand zur Faust, schob die Vierteldollarmünzen zwischen die Finger und machte sich auf diese Weise einen behelfsmäßigen Schlagring. Dann ging er weiter in die Halle hinunter.
    Die Gestalt bei den Telefonen sah auf, als Nick näher kam. Es war Albert. »Treten Sie nicht in meine Kotzlache«, sagte er mürrisch.
    Nick ließ die Münzen wieder in die Hosentasche fallen und eilte zu der Stelle, wo der Junge stand und sich mit den Händen auf die Knie stützte wie ein alter Mann, der seine Kondition bei weitem überschätzt hat. Er konnte den durchdringenden, sauren Gestank von Erbrochenem riechen. Dieser und der verschwitzte Gestank der Angst, der von dem Jungen ausging, waren Gerüche, die ihm nur zu gut bekannt waren. Er kannte sie von den Falkland-Inseln und noch besser aus Nordirland. Er legte dem Jungen den linken Arm um die Schultern, und Albert richtete sich ganz langsam auf.
    »Wo sind sie, Ace?« fragte Nick leise. »Gaffney und Toomy – wo sind sie?«
    »Mr. Toomy ist dort.« Er deutete auf eine zusammengesunkene Gestalt auf dem Boden. »Mr. Gaffney ist im Büro des Flughafenservice. Ich glaube, sie sind beide tot. Mr. Toomy war im Büro des Flughafenservice. Hinter der Tür, glaube ich. Er hat Mr. Gaffney getötet, weil Mr. Gaffney als erster reingegangen ist. Wäre ich der erste gewesen, hätte er statt dessen mich ermordet.«
    Albert schluckte heftig.
    »Dann habe ich Mr. Toomy umgebracht. Ich musste es. Er hat mich verfolgt, sehen Sie? Er hat irgendwo ein anderes Messer gefunden und mich verfolgt.« Er sprach in einem Tonfall, den man für Gleichgültigkeit hätte halten können, aber Nick wusste es besser. Und er sah auch keine Gleichgültigkeit im weißen Fleck von Alberts Gesicht.
    »Kannst du dich zusammennehmen, Ace?« fragte Nick.
    »Ich weiß nicht. Ich habe noch nie jemanden g-g-getötet und …« Albert gab ein ersticktes, klägliches Schluchzen von sich.
    »Ich weiß«, sagte Nick. »Es ist schrecklich, aber man kommt darüber hinweg. Ich weiß es. Und du musst darüber hinwegkommen, Ace. Wir haben noch Meilen vor uns, ehe wir schlafen können, und keine Zeit für eine Therapie. Das Geräusch wird lauter.«
    Er ließ Albert stehen und ging zu der zusammengesunkenen Gestalt auf dem Boden. Craig Toomy lag auf der Seite, ein erhobener Arm verdeckte teilweise sein Gesicht. Nick drehte ihn auf den Rücken, sah hin, pfiff leise. Toomy lebte noch –

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