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Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens

Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens

Titel: Langweiler leben länger - über die wahren Ursachen eines langen Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gütersloher Verlagshaus
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und psychisch robusten Menschen? Dass er sich nicht von Niederlagen psychisch in Unordnung bringen und vom Weg abbringen lässt. Was kennzeichnet jemanden, der pflichtbewusst ist? Dass er den eigenen Handlungen eine klare – sprich: ordentliche, von keinen Störfeuern irritierte – Ethik mitgibt. Und was treibt schließlich selbst einen Zwangsneurotiker an, der fünf Mal hintereinander im Badezimmer nachguckt, ob auch wirklich die Wasserhähne zugedreht sind? Dass er keine Unordnung ertragen kann und immer nach dem Rechten sehen muss.
    Im Volksmund heißt das: Ordnung ist das halbe Leben. Was einerseits bedeuten soll, dass unser Leben schon zeitlich von unserem Bemühen nach Ordnung erfüllt ist. Und andererseits, dass wir nur dann im Leben vorwärts und zurecht kommen, wenn wir es in Ordnung halten. Darin steckt die Weisheit ganzer Jahrtausende. Wir wollen aber noch ein Stück weiter gehen und festhalten, dass ohne Ordnung das Leben und erst recht ein langes Leben schlichtweg unmöglich ist. Nicht derjenige, der Sport, Spaß, Lebenspartner oder Gott liebt, darf wirklich mit einem langen Leben rechnen. Ausgerechnet derjenige, der sich der Ordnungsliebe und damit wohl dem langweiligsten aller Liebesverhältnisse verschrieben hat, hat mit seiner Wahl das große Los gezogen.
    Wie wichtig Ordnung für ein langes Leben ist, zeigt auch ein Blick auf die Naturwissenschaften. Hier kennt man nämlich den Begriff der Entropie. Er stammt ursprünglich aus der Wärmelehre, wird mittlerweile aber in allen möglichen Wissenschaftsdisziplinen eingesetzt wie etwa Biologie, Kommunikationswissenschaften und Soziologie. Bei der Entropie geht es prinzipiell um das Maß der Unordnung in einem System. Dies ist umso höher, je mehr Zustände die einzelnen Teilchen dieses Systems einnehmen können, sodass wir nicht mehr kalkulieren können, was sie im nächsten Moment anrichten werden. Wenn wir uns etwa einen Drink mixen, erhöhen wir
die Entropie. Denn vorher waren seine einzelnen Bestandteile  – beispielsweise Tomatensaft, Wodka und Eiswürfel – sauber voneinander getrennt, und wir wussten: Dort ist der Saft, dort die Spirituose und dort das Eis. Doch wenn man sie dann in einem Mixer durcheinander wirbelt, kann man sie nicht mehr voneinander unterscheiden und die Zahl ihrer möglichen Zustände rast geradezu ins Unendliche, weil sich nun die Alkohol-, Wasser- und sonstigen Moleküle unseres Drinks an jedem beliebigen Ort im Glas aufhalten können: Das Mixen hat ihre Entropie drastisch erhöht.
    Oder nehmen wir ein Blatt Papier. Wenn es normal ausgebreitet auf unserem Schreibtisch liegt, hat es eine relativ geringe Entropie; doch wenn man es in einzelne Stücke zerreißt, steigt seine Entropie deutlich an. Oder bleiben wir doch gleich beim Schreibtisch. Wenn man ihn aufräumt und die Kugelschreiber, Heftklammern und Papiere in Boxen und Fächern deponiert, verringert man die Entropie, denn die Gegenstände auf dem Tisch können nun weniger unterschiedliche Positionen einnehmen als vorher im ungeordneten Zustand. Ich nehme ihnen also einen Großteil ihrer Freiheit, doch dafür stabilisiere ich das System als Ganzes – man kann eben nicht alles haben.
    Richtig interessant aber wird die Entropie bei Lebewesen. Denn das Leben an sich ist eigentlich nichts anderes als ein besonders ausgeklügelter Versuch, ein entropiefreies System aufzubauen und zu erhalten. Nehmen wir einen relativ einfachen Organismus: eine Bakterie. Sie ist ein abgeschlossenes System, in dem alles seine Ordnung hat. Außen ist die Schale, darunter das Plasma und mittendrin das Erbgut, die Chromosomen. In dieser Strukturiertheit kann die Bakterie möglicherweise den Menschen gefährlich werden. Wenn ich nun jedoch die Bakterie zum Kochen bringe, fallen diese Strukturen auseinander. Wir haben dann nur noch einen Klumpen von Eiweißen, die nun zwar die Freiheit haben, alles Mögliche zu tun, doch dafür ist ihr System, nämlich die Bakterie, untergegangen
im Meer der Entropie. Und die potentielle Gefahr für den Menschen ist somit dahin.
    Generell ist der Tod die extremste Entropie, die ein Lebewesen einnehmen kann, und gleichzeitig sein Untergang. Wir empfinden ihn daher oft als abruptes Ende des Lebens, doch eigentlich stimmt das gar nicht. Denn schon der Weg dahin – nämlich das Altern – ist ein schleichender Übergang zu immer mehr Entropie. Das geht beim Menschen ungefähr mit Mitte Zwanzig los. Von nun an fällt es ihm immer schwerer, nach

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