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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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begriff, dass sich sein Vater mit den gleichen Gedanken quälte.
    »Er ist für seine Überzeugungen gestorben. Seine Ehre ist unangetastet. Er hat sein Leben für die Sache gegeben«, erklärte sein Vater mit tonloser Stimme. »Komm! Wir müssen von hier fort.«
    »Wo sind die anderen? Ich kann sie hören, aber ich sehe sie nicht.«
    Liam hob den Kopf und sah zum Allan-Fluss, dem silbrigen, eisgeschuppten Band, das sich am Fuße der Hügel von Orchil dahinschlängelte.
    »Wir haben Argyles linken Flügel durchbrochen. Aber sein rechter ist zwischen die Reihen der Camerons gefahren und hat sie bis zum Fluss zurückgetrieben. Sie werden zurückkommen, sobald sie dort unten fertig sind. Kannst du die Beine bewegen?«
    »Nein.«
    Mit ratloser Miene bedachte Liam die Lage. Gerade, als er sich aufrichtete, tauchten Colin und Calum auf und gingen ihm zur Hand. Nachdem sie sich einige Minuten lang unter Stöhnen abgemüht hatten, gelang es den drei Männern, Duncans Beine zu befreien. Als endlich der schwere, leblose Körper des Tieres
nicht mehr auf ihm lastete, vermochte der junge Mann sich ein wenig zu bewegen. Zur großen Erleichterung aller hatte er sich nichts gebrochen. Einige Prellungen, ein paar oberflächliche Kratzer und seine beiden Verwundungen, darunter die in der Leiste …
    »Herrje!«, rief Calum aus und verzog vielsagend das Gesicht. »Du gestattest?«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, hob er langsam das blutgetränkte Hemd hoch, das an der Haut klebte.
    »Donnerwetter, Duncan!«
    Der junge Mann erbleichte und stellte sich schon das Schlimmste vor. Er schluckte und spürte den metallischen Geschmack von Blut auf der Zunge.
    »Da brauchen wir aber jemanden mit Feenfingern, der das wieder zusammennäht!«
    Ohne viel Federlesens drückte Calum oben auf seinen Oberschenkel. Duncan vermochte die Tortur nicht länger zu ertragen und fuhr hoch.
    »Auu! Ist es nötig, dass du auch noch daran herumwerkst?«
    Keuchend, den Körper vor Schmerz verkrampft, zitternd und trotz der Kälte mit Schweiß bedeckt, sank er in das klebrige Gras zurück.
    »Der Einschnitt ist lang …«
    »Ist noch alles … ?«
    »Schwer zu sagen … Alles ist so voller Blut.«
    Über seinen Hemdsaum hinweg sah Calum ihn ernst an. Die anderen Männer wandten sich ab und stießen Pfiffe aus, die Bände sprachen. Duncan stöhnte.
    »Komm schon! Sag es mir, damit ich es hinter mir habe!«
    »Also, es ist nicht so schrecklich, wie es auf den ersten Blick aussieht«, fuhr Calum fort, dessen Mundwinkel zuckten. »Mach dir keine Sorgen, Duncan, wenn das verheilt ist, kannst du Elspeth wieder bespringen wie ein Hengst.«
    Mit einem erleichterten Seufzer stieß er die angehaltene Luft aus; doch sogleich fühlte er sich zutiefst niedergeschlagen. Da machte er sich Gedanken, er könne seine Männlichkeit einbüßen, und dabei lag nur wenige Schritte entfernt sein Bruder tot
in seinem Blut. Er stieß einen wehen Laut aus. Und Elspeth … bestürzt machte er sich klar, dass er seit seiner Rückkehr ins Lager keinen einzigen Gedanken für sie übriggehabt hatte. Marion hatte vollständig Besitz von ihm ergriffen, von seinem Körper und seiner Seele. Sie wird noch mein Untergang sein, mein Unglück! Doch das scherte ihn nicht, er wollte sie … mehr denn je zuvor .
    Colin kehrte mit einem schmutzigen, zerrissenen Plaid zurück, das er Liam reichte.
    »Eines in unseren Farben habe ich nicht gefunden.«
    Liam nahm das Wolltuch und untersuchte es.
    »Nun gut, ich nehme an, Duncan wird keinen Anstoß daran nehmen.«
    Als der junge Mann wieder auf den Beinen stand und fest in den Stoff gewickelt war, drehte er sich zu der Stelle um, an der er seinen Bruder hatte fallen sehen.
    »Vater … Wir können ihn nicht hierlassen!«
    »Uns bleibt nichts anderes übrig. Wir können nur seine Besitztümer mitnehmen.«
    Duncan war entsetzt.
    »Aber Vater!«
    »Seine Seele wird uns folgen, Duncan«, fiel Liam ein, der sich sichtlich Mühe gab, seine Gefühle zu beherrschen.
    Er ging zu seinem gefallenen Sohn, nahm seine Waffen an sich und wandte sich um.
    »Er wird es verstehen…«
    Duncan warf einen letzten Blick auf die Hölle von Sheriffmuir. Die Ebene war gerötet vom Blut der gälischen Krieger und der verfluchten Sassanachs und übersät mit verstümmelten Körpern. Einer davon gehörte Ranald Macdonald.

13
Das Lager von Ardoch
    Der Earl of Mar hatte seinen Truppen befohlen, sich nach Ardoch zurückzuziehen, um dort die Nacht zu verbringen. Die Verletzten hatte man in

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