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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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wenigen Gerüchte und Anekdoten, die in der Stadt umgingen, beschränkten. Sie erzählte ihm auch von ihren anstrengenden Tagen bei den Verletzten und Kranken. So hatte er mit einer gewissen Freude entdeckt, dass in der hübschen Brust von Glenlyons Tochter ein weiches Herz pochte. Mit Tränen in den Augen hatte sie ihm geschildert, wie sie bei einem jungen Mann gewacht hatte, der seine frisch angetraute, schwangere Ehefrau in seinem Tal zurückgelassen hatte und nun niemals sein erstes Kind sehen würde. Da hatte sie an seiner Schulter geweint.
    Er erwartete ihre Besuche mit einer Ungeduld, deren er kaum Herr wurde. Oft ging er ihr bei ihren Erledigungen in einiger Entfernung nach… nur, um sie anzusehen. Sein Vater hatte recht: die Hände einer Frau auf der Haut eines Mannes …
    »Sagen wir, dass sie mich nicht mehr mit Beschimpfungen überschüttet, sobald sie den Mund aufmacht«, meinte er ironisch.
    »Deine Mutter meint, dass Elspeth verzweifelt auf eine Nachricht von dir wartet, Duncan. Du solltest ihr schreiben, wenigstens,
um ihr mitzuteilen, dass du noch unter den Lebenden weilst.«
    Der junge Mann stöhnte gereizt auf. Und was sollte er ihr sagen? Zur Antwort zuckte nur die Achseln.
    »Was wirst du tun, wenn du zurück bist?«
    »Keine Ahnung, Vater. Mit ihr sprechen und die Angelegenheit klären wahrscheinlich.«
    »Selbst, wenn Marion nichts von dir wissen will? Elspeth ist ein gutes Mädchen, weißt du. Es wäre doch schade…«
    »Ich weiß, aber ich liebe sie nicht. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn Marion in ihr heimatliches Tal zurückkehrt und dort bleibt.«
    »Hmmm…«
    Dabei war zwischen Marion und ihm nichts geschehen. Zumindest nicht seit der Nacht in dem Lager von Ardoch, nach der Schlacht. Außerdem fragte er sich häufig, ob er die Ereignisse dieser Nacht nicht überhaupt geträumt hatte, denn sein halb betäubter Verstand hatte nur einige kurze Momente und Eindrücke aufgenommen: Marion, die sich über ihn beugte und seine Wange nähte; ihre Hand, die über sein Haar streichelte, während er mit geschlossenen Augen, den Kopf auf ihren Schenkeln, dalag; ihre Finger, die sich schmerzhaft in seine Arme krallten, während der Arzt Simons Bein amputierte. Und dann, nach seinem Tod, hatte sie das Gesicht in seinem Hemd vergraben und erstickt geschluchzt.
    Sie hatte um einen Macdonald getrauert… Das hatte ihn erschüttert. Und dann ihr Duft … Hatte er nur geträumt, dass ihr Mund seine glühende Stirn streifte und ihre seidigen Locken auf seinem Hals lagen? War der warme Körper, der sich im Schlaf an ihn geschmiegt hatte, nur ein Traumbild gewesen? Oder ihre tröstliche Gegenwart, die er gespürt hatte, als er aus dem Schlaf geschreckt war und den Namen seines Bruders gerufen hatte? Oh ja … Es gab doch keinen schöneren Trost als die sanfte Zuwendung einer Frau für das Herz eines verwundeten Mannes …
    In Perth allerdings hatte sie Abstand gewahrt und den körperlichen Kontakt zu ihm auf das Wenige beschränkt, das die Krankenpflege erforderte. So säuberte sie seine Wange und rasierte
vorsichtig die Umgebung der Narbe. Ein äußerst schmerzhafter Vorgang, und doch zugleich so angenehm! Eigentümlicherweise begann er in ihrer Gegenwart ein gewisses Vergnügen am Schmerz zu finden, als wären beide Empfindungen untrennbar miteinander verschmolzen. Was seine andere Verwundung betraf, so hatte er sich selbst darum kümmern müssen, da sie sich geweigert hatte, unter seinen Kilt zu sehen. Er musste auch zugestehen, dass es sehr peinlich hätte werden können, wenn sie es gewagt hätte, ihre Finger dorthin zu legen … Schon bei dem Gedanken daran wurde ihm merkwürdig zumute. Alles in allem hatte er sich an die Anwesenheit der jungen Frau gewöhnt und hätte sich einen Finger abgehackt, nur um sie bei sich zu haben.
    Bei ihrer kleinsten Berührung überliefen ihn Schauer, und sein Herz pochte heftig. Wenn sie die Hände um sein Gesicht legte, um zu sehen, welche Fortschritte die Heilung seiner Narbe machte, und ihr Atem über seine Haut strich, bekam er Gänsehaut. Dann musste er übermenschliche Beherrschung aufbringen, um sie nicht in die Arme zu ziehen und sich ihrer Lippen zu bemächtigen … Und diese klaren blauen Augen, die ihn faszinierten… Gelegentlich hatte er geglaubt, darin mehr als nur Freundschaft zu lesen. Doch er wollte nicht noch einmal denselben Fehler begehen wie in Killin. Dazu war Marion ihm zu kostbar: Sie war Balsam für seinen Schmerz.
    Bei Nacht kam es

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