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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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stellte eine Schale heiße Milch auf dem Nachttisch.
    Mit einem Lächeln auf den Lippen musterte die kleine Blonde Duncan.
    »Wünscht Ihr auch etwas, Sir? Es ist noch Bier da…«
    »Nein, danke.«
    »Falls Ihr sonst noch etwas benötigt… Was auch immer…« Mit den Fingerspitzen strich sie über die Schulter des jungen Mannes und warf ihm einen äußerst aufreizenden Blick zu. Marion hatte keinen Zweifel an den wahren Absichten der Frau, die sie mächtig verdrossen.
    »Ähem… Ja, sicherlich, gute Nacht.«
    »Gute Nacht, oder jedenfalls das, was davon noch übrig ist.«
    Die Frau warf Duncan, der leicht errötete, einen letzten vielsagenden Blick zu und verließ das Zimmer. Marion verzog das Gesicht. Der junge Mann nahm die Schale und reichte sie ihr.
    »Trink das, es wird dir helfen, zur Ruhe zu kommen und wieder einzuschlafen.«
    »Ich hasse heiße Milch.«
    Er lachte leise und setzte sich ihr gegenüber auf eine Bank. Wie damals im »Grey Owl«, dachte er.
    »Ich hasse heiße Milch ebenfalls. Aber meine Mutter hat mich immer gezwungen, sie bis auf den letzten Tropfen auszutrinken.«
    Er nahm einen Schluck und drückte ihr dann die Schale in die Hand.
    »Komm schon, es schmeckt gar nicht so übel.«
    Widerwillig führte sie die Schale an die Lippen, obwohl sie gut nach Whisky duftete. Die heiße Flüssigkeit rann durch ihre ausgetrocknete Kehle, und sie erschauerte vor Abscheu. Sie stellte sie wieder auf den Tisch.
    »Was führt dich hierher, Duncan?«
    »Ähem… Ich … Ich war auf dem Heimweg nach Glencoe…«
    Er räusperte sich und fuhr sich nervös durchs Haar, in dem überall Strohhalme steckten. Einen Moment lang schoss Marion der Gedanke durch den Kopf, dass er sich vielleicht mit der blonden
Frau im Heu gewälzt hatte, und das gefiel ihr überhaupt nicht.
    »Ich habe gehört, dass dein Bruder beim Appell gefehlt hat«, bemerkte er verlegen.
    Aha, er wich der Frage aus. Aber was tat er wirklich hier? Marion streckte die Hand aus, um ein paar Halme aus seinen dunklen, widerspenstigen Locken zu zupfen, und konnte einfach nicht anders, als ihm dabei leicht über die verletzte Wange zu streichen. Kurz erzitterte sie, und ihr wurde klar, wie sehr er ihr gefehlt hatte und wie froh sie war, ihn wiederzusehen.
    »Außerdem habe ich gehört, du hättest eine Dummheit begangen, die du wiedergutmachen musst…«
    »Oh!«, stieß sie hervor und erbleichte.
    »Und dass Breadalbane dich gezwungen hat, mit den Macgregors zu reiten. Warum, Marion?«
    So viel war sicher, er hatte mit Barb gesprochen.
    »Verdammt!«
    Sie musste ihm die ganze Wahrheit sagen… Nun ja, fast die ganze. Gewisse Einzelheiten sollte sie vielleicht besser auslassen, zum Beispiel den Grund, aus dem sie das Dokument ihrem Bruder überlassen hatte. Er bedachte sie mit einem undeutbaren Blick, der sie durcheinander brachte. Sie sah auf ihre Hände hinunter, die auf ihren Schenkeln lagen.
    »Die Sache ist die … Ich habe ein Dokument verlegt.«
    »Ein Dokument? Was für ein Dokument?«
    »Lass es mich erklären…«
    Ihr Blick fiel auf Duncans Hand, die mechanisch auf sein Knie klopfte. Sie war wohlgeformt, und sie hätte Lust gehabt, sie zu nehmen und auf ihre Haut zu legen. Langsam glitt ihr Blick von der Hand zu seinem Knie, und dann zu dem behaarten Schenkel, der aus dem zerknitterten Kilt ragte. Das war das erste Mal, dass sie ihn auf diese Weise anschaute, und ihr Gesicht lief dunkelrot an.
    »Das Dokument, Marion?«
    »Ja … das Dokument…«
    Sie nahm sich zusammen und richtete ihren Blick auf die Milchschale.

    »Am Abend vor der Schlacht von Sheriffmuir hatte Breadalbane mir den Auftrag erteilt, auf meiner Rückreise nach Glenlyon ein Dokument nach Finlarig zu bringen. Ich… fühlte mich nicht gut genug, um den Ritt anzutreten. Aber ich wusste, dass dieses Dokument wertvoll war und in Sicherheit gebracht werden musste. Da habe ich meinen Bruder John gebeten, es an meiner Stelle dorthin zu bringen. Und das tat er dann auch… Jedenfalls glaubte ich das, bis Breadalbane mich vor einigen Tagen in sein Quartier in Perth rufen ließ. Das Dokument befindet sich nicht auf Finlarig Castle, und seit dem Abend, an dem ich es ihm anvertraut habe, hat niemand mehr John gesehen. Breadalbane war völlig außer sich. Er hat mir befohlen, mich auf die Suche nach meinem Bruder zu machen und das Dokument wieder herbeizuschaffen.«
    Duncan schwieg einen Moment lang. Seine Finger hatten aufgehört, sich zu bewegen, und Marion konnte nicht anders, als sie

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