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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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bekommen.

    »Ihr müsst mich verstehen«, fuhr Marions Vater fort. »Ich muss mich Eurer Loyalität ihr gegenüber versichern. Es fällt mir sehr schwer, Euch richtig zu beurteilen. Ihr seid ein Mann aus Glencoe. Doch ich habe Euch auf dem Schlachtfeld kämpfen gesehen. Ihr seid ein mutiger Mann. Und ich glaube auch, dass Ihr ein Mann von Ehre seid. Meine Tochter befand sich ganz ohne mein Zutun eine gewisse Zeit lang in Eurer Obhut, und…«
    Er verzog das Gesicht.
    »Ihr habt ihr Respekt entgegengebracht. Ich muss Euch im Übrigen noch für alles danken, was Ihr für sie getan habt…«
    Glenlyon ging zu einem kleinen Tischchen, nahm eines der Gläser, die darauf standen, und holte die Whiskyflasche aus dem Regal. Dann trat er an den Schreibtisch.
    »Ihr wisst, dass mein Vater unser Erbe vergeudet hat«, sagte er und schenkte sich ein dram von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit ein.
    Er zog eine Schublade des Nussbaum-Schreibtisches auf und nahm eine Schachtel aus Rosenholz heraus, deren Ecken mit Beschlägen aus poliertem Messing geschmückt waren. Neugierig, aber ohne ein Wort, sah Duncan zu, wie der Laird an seinem Schlüsselbund herumnestelte. Dann fand er, was er gesucht hatte, und steckte den kleinen Schlüssel in das Schloss der Schatulle.
    »Ich bin also ruiniert und habe Marion nichts zu vererben.«
    Er warf Duncan einen wissenden Blick zu.
    »Damit will ich sagen, dass ich meiner Tochter keine angemessene Mitgift aussetzen kann.«
    »Ich will nichts von Euch, Sir. Alles was ich begehre, ist Eure Tochter.«
    »Ja, natürlich.«
    Er lachte leise.
    »Nun ja … Dann einigen wir uns eben darauf, dass ihre Mitgift alle Kühe sind, die Ihr mir je gestohlen habt, seit Ihr zum ersten Mal mein Land betreten habt und ich Euch mit einem Fußtritt in den Allerwertesten wieder nach Hause befördert habe.«
    Duncan spürte, wie ihm das Blut in die Wangen stieg. Er öffnete den Mund, aber kein Laut kam über seine Lippen. Also
so etwas! Glenlyon erinnerte sich noch an seine jugendlichen Schandtaten! Unterdessen öffnete der Ältere die Schatulle. In dem mit blutrotem Samt ausgeschlagenen Inneren lag ein fein ziselierter Silberbecher. Glenlyon betrachtete ihn einem Moment lang mit undeutbarem Gesichtsausdruck. Dann hob er ihn langsam heraus und stellte ihn neben das mit Whisky gefüllte Glas.
    »Habt Ihr die Absicht, sie zu heiraten?«
    Duncan fühlte sich immer unwohler. Ganz offensichtlich war dem Vater daran gelegen, dass er seine Tochter nicht hinters Licht führte. Aber wollte er wirklich heiraten? Und sie, was mochte sie wollen?
    »Also … Marion und ich haben noch nicht darüber gesprochen. Aber wenn sie das möchte, dann werde ich mit ihr das Ehegelübde ablegen.«
    Mit dieser Antwort schien Glenlyon zufrieden zu sein. Er goss Whisky in den Silberbecher und reichte ihn ihm. Dann hob er sein eigenes Glas.
    »Slàinte mhat!«
    Duncan erwiderte den Trinkspruch und leerte dann den Becher in einem Zug. Er wollte ihn Glenlyon zurückgeben, doch dieser gebot ihm mit fester Hand Einhalt.
    »Nein«, erklärte er, »er gehört Euch.«
    Wie vom Donner gerührt sah der junge Mann auf die herrliche Kunstschmiedearbeit hinunter, die in seiner Hand glitzerte.
    »Der Becher war einmal Eigentum Eures Clans«, versuchte der Laird verlegen zu erklären. »Ich glaube, die Zeit ist gekommen, ihn Euch zurückzuerstatten.«
    Plötzlich erkannte Duncan verblüfft, dass er den berühmten Silberbecher des großen MacIain in Händen hielt, den Captain Robert Campbell vor zwanzig Jahren hatte ermorden lassen. Der Becher stammte ursprünglich aus Frankreich und war zusammen mit der gesamten Ausstattung des Herrenhauses in Carnoch verschwunden. Anschließend hatten die Männer aus dem Regiment von Argyle es niedergebrannt.
    »MacIains Becher…«, flüsterte der junge Mann fasziniert.
    »Ja. Ich sehe, dass Ihr darüber Bescheid wisst. Seit den schrecklichen… Ereignissen hat er in dieser verschlossenen Schachtel
gelegen. Bis heute habe ich ihn niemals angerührt. Doch meinen Vater habe ich mehrere Male dabei überrascht, wie er vor der geöffneten Schatulle saß und den Becher anstarrte. Doch berührt hat er ihn ebenfalls nicht. Ich glaube, er hat ihm Angst gemacht… Der Fluch, versteht Ihr?«
    »Ich glaube schon.«
    »Ich gebe ihn Euch zurück. Er gehört mir nicht. Ich bin sogar erleichtert, ihn loszuwerden. Schon die Vorstellung, dass er sich hier befand, lag mir auf der Seele. Andererseits konnte ich ja nicht einfach vor Euren Chief

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