Lanze und Rose
begeben?«
»Es ist einer der Sitze des Earl of Marischal und gehört zu den sichersten Festungen Schottlands. Dort gibt es eine Ausfallspforte, durch die man direkt zur Steilküste von Castle Haven gelangt, wo sich ein kleiner natürlicher Seehafen befindet. Das wäre ein sicherer Ort, an dem der Prätendent sich einschiffen könnte.«
»Hmmm… Werden sie uns diese Geschichte abnehmen?«
»Dafür könnte ich sorgen«, meinte Sàra und lächelte rätselhaft. »Mit einer schriftlichen Botschaft.«
»Und das Siegel?«, erkundigte sich Duncan, der aus seiner Apathie erwacht war.
Wir sahen einander konsterniert an. Natürlich besaßen wir kein Siegel des Hauses Argyle, um das Dokument echt erscheinen zu lassen.
»Wir könnten immer noch Hughs Brosche benutzen«, meinte Marion. »Aber … ich erinnere mich, dass sich auf dem Dokument ein Zeichen befand, eine Art Dolch. Vielleicht …«
»Könntest du es aufzeichnen?«
»So genau sehe ich es nicht mehr vor mir, doch ich könnte es versuchen.«
Sàra saß schon vor dem kleinen Schreibtisch, über dem ein Porträt des letzten Earl of Marischal, George Keith, hing. Er war vor einem ländlichen Hintergrund dargestellt, und zu seinen Füßen lagen zwei herrliche schottische Windhunde. Der Earl hatte ein Jagdgewehr über der Schulter hängen und trug eine Tasche, an der die Früchte einer erfolgreichen Jagd hingen. Liam diktierte seiner Schwester die Botschaft, und Marion hatte sich neben sie gesetzt und beugte sich ebenfalls über ein Blatt Papier. Sie kratzte sich mit der Feder an der Nasenspitze, legte die Stirn in Falten und versuchte, sich an das Zeichen zu erinnern, das sie auf dem berüchtigten Schreiben aus Argyle gesehen hatte. Ich trat zu Duncan, der immer noch schmollend in seinem Sessel saß, und legte ihm eine Hand auf den Arm.
»Ich weiß, dass dir die Idee nicht gefällt…«
Er fuhr zusammen und fluchte.
»Es ist nur ein Stück Stoff, weißt du.«
»Ein Stück Stoff! Mutter! Du solltest eigentlich wissen, dass ein Tartan niemals nur ein Stück Stoff ist. Er steht für unser Blut, unsere Geschichte…«
Ich verzog das Gesicht. Ganz schlechter Anfang, Caitlin.
»Nun gut, du hast ja recht. Aber haben nicht auch Männer, die diesen Tartan trugen, auf der Ebene von Sheriffmuir ihr Blut für den Stuart-Prinzen vergossen?«
»Hmmm… Das hat nichts mit der Loyalität zu unserem König zu tun, sondern ist eine Frage von… Dieser Tartan ist mit unserem Blut befleckt, und ich will ihn einfach nicht anziehen.«
Ich beugte mich über ihn und sah ihm in die Augen. Er wollte mir ausweichen, aber ich rief ihn streng zur Ordnung.
»Duncan, dieser Tartan gehört deiner Frau. Er symbolisiert ihr Blut und ihre Geschichte. Du liebst sie doch…«
»Ja, ich liebe sie, aber nicht ihren Clan.«
»Du kannst aber nicht von ihr verlangen, ihre Farben zu verleugnen und sich von ihrer Familie abzuwenden. Schließlich verlangt niemand von dir, Glenlyon einen Treueid zu leisten… Duncan… Es ist doch nur zu Marions Schutz…«
»Ich weiß…«
»Tu es für sie.«
Bedrückt ließ er sich im Sessel zurücksinken. Ich wusste, dass er verstanden hatte und ihm nur noch sein Stolz im Weg stand. Sein Blick glitt zu seiner Frau, die sich eifrig über das Blatt Papier beugte. Sie strich sich eine widerspenstige Strähne zurück, die ihr in die Augen fiel, und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
»Sie ist ziemlich mutig«, bemerkte ich. »Ich mag sie gern.«
»Und ich erst…«, flüsterte er.
Er strich über die Reliefoberfläche der Brosche, die er immer noch in der Hand hielt, wog das Schmuckstück in der Hand und schloss die Finger darüber. Dann seufzte er ergeben.
»Schon gut, Mutter, ich habe es begriffen. Was tut man nicht alles…«
»… für eine Frau?«, fiel ich ein.
Einen Moment lang schwieg er, trommelte mit den Fingern
zerstreut auf dem Campbell-Plaid herum und ließ Marion nicht aus den Augen. Dann steckte er die Nase in den dunkel gefärbten Wollstoff, roch daran und schloss die Augen.
»Ich will zwei Männer als Begleitung. Sie sollen vor der Herberge warten. Wenn Marion fertig ist, wird sie mit ihnen zurückreiten. Ich stoße in der Festung zu Vater.«
»Dafür kann Sàra sicherlich sorgen.«
»Außerdem soll sie sich bewaffnen – mit einem Messer, zusätzlich zu ihrem kleinen Dolch.«
Er brummte noch ein wenig vor sich hin und stand dann auf. Das Plaid über die Schulter gelegt, ging er ans Büfett.
»Jetzt brauche ich ein Glas.«
Ich
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