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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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hatten.
    Als vor einigen Tagen bekannt geworden war, dass die Truppen des Duke of Argyle in Perth angekommen waren, da hatte eine Woge der Hoffnung die jakobitischen Soldaten aufgerüttelt, denn sie hatten voll überschäumender Freude damit gerechnet, dass sie sich dem Feind noch einmal stellen würden. Mar und seine Ratgeber waren zusammengekommen, um darüber zu debattieren, was zu tun war. Ihre Beratungen am 29. Januar hatten die ganze Nacht gedauert, und am 30. war der Rückzug verkündet worden. Verwirrung und Unverständnis hatte sich auf den Gesichtern der Männer gemalt, die nur auf den Befehl warteten, den Feind anzugreifen.
    Am 31. hatten die viertausend Mann, aus denen das zusammengeschrumpfte jakobitische Heer nur noch bestand, bei Tagesanbruch die eisigen Wasser des Tay durchquert und den Weg nach Dundee eingeschlagen und sich dann zur schottischen Ostküste gewandt. Der Duke saß ihnen im Nacken. Nur ein einziger Tagesmarsch trennte die beiden Armeen.
    Der abgewetzte, mit Bierflecken übersäte Vorhang, der sie vom Rest der Taverne trennte, wurde beiseitegeschoben, und Patrick Dunn trat heran.
    »Und?«, fragte Liam, der seine Ungeduld nicht verbergen konnte.
    »Ich mache ja schon. Ich habe Mar und Marischal die Lage erklärt. Wir müssen warten, bis die Truppen Montrose vollständig evakuiert haben, dann können wir unseren Plan ins Werk setzen. Die Abreise des Prätendenten soll geheim bleiben, um Aufruhr zu verhindern.«
    »Und wann brechen sie auf?«, erkundigte sich Alasdair.

    »Sie haben schon mit den Vorbereitungen begonnen. Der Prätendent ist im Begriff, für General Gordon Briefe aufzusetzen, in denen er Anweisungen dafür erteilt, wie er mit der Armee weiter verfahren soll. In zwei Stunden müsste es in der Stadt wieder ruhig sein.«
    »Und wann wird er an Bord gehen?«, schaltete sich Liam ein.
    »An diesem Punkt komplizieren sich die Dinge«, erklärte Patrick und setzte sich auf den Stuhl, den die anderen für ihn freigehalten hatten.
    Liam schenkte sich ein dram Whisky ein und leerte es in einem Zug. Er warf Alasdair einen vielsagenden Blick zu, der mit einem knappen Befehl seine Männer entließ. Kurz darauf ergriff er erneut das Wort.
    »So lange dieser Schwachkopf Gordon sich hier herumtreibt, ist es zu gefährlich für den Prätendenten, sich einzuschiffen.«
    »Wird dieser Mann denn allein handeln?«, fragte Alasdair mit besorgtem Blick und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.
    »Wahrscheinlich«, meinte Liam. »Seine Söldner sitzen auf Dunnottar im Verlies; und ich bezweifle, dass noch eine zweite Truppe von Mordbuben als Ersatz aufgestellt worden ist.«
    Gedankenverloren spielte er mit dem Wappen, das an seinem Barett steckte. Nein, Gordon war nicht allein; er hatte Caitlin bei sich. Von neuem brannte ihm der Whisky in der Kehle, und er verzog das Gesicht. Er knallte das Glas auf den Tisch. Patrick legte eine Hand auf seinen Unterarm und drückte ihn in einer Geste, die tröstlich wirken sollte. Er war ebenso bestürzt wie Liam gewesen, als er von Caitlins Entführung erfahren hatte.
    »Spätestens morgen Abend wird alles vorüber sein. Am Montag dürfte Argyle die Stadttore durchschreiten. Der Prätendent hat kein Interesse daran, länger hier zu verweilen. Wir haben also sehr wenig Zeit, um Gordon ausfindig zu machen.«
    »Allerdings«, setzte Liam hinzu.
    Das Schweigen wurde drückend. Duncan, der neben seinem Vater saß, rutschte unruhig herum.
    »Ich schlage einen Plan vor, der die Dinge beschleunigen könnte«, meldete Patrick sich wieder zu Wort und sah Liam
an. »Wir könnten vortäuschen, dass der Prinz an Bord geht, und Gordon auf diese Weise aus der Reserve locken.«
    »Vortäuschen?«
    »Selbstverständlich wird der Prinz dabei nicht anwesend sein. Ich werde seine Uniform tragen und…«
    »Du?«, stieß Liam hervor und sprang auf. »Er wird dich töten. Gordon ist nicht hergekommen, um dem Prinzen die Hand zu schütteln. Wir haben schon genug von unseren Leuten begraben, Patrick!«
    »Mar und Marischal haben ihr Einverständnis erklärt. Es geht um das Leben des Prinzen … Heute Abend soll es geschehen.«

    Das klagende Lied der Dudelsäcke umgab mich und ließ eine Melancholie und Trauer in mir aufsteigen, die sich mit dem Schmerz in meinem Herzen mischte. Die jakobitischen Truppen verließen Montrose. Dann war der Prinz also eingetroffen. Die silbernen Beschläge an den Pistolen, die Gordon soeben gereinigt hatte, schimmerten im Licht der untergehenden Sonne.

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