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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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suchen?«
    »Das war nicht in Glencoe«, fiel Duncan ein, »sondern in …«
    Er unterbrach sich und sah Marion an, die sich unruhig auf die Lippen biss. Doch sie hatte keine andere Wahl, sie musste ihrem Vater die Wahrheit sagen.
    »In Inveraray«, stammelte sie leise und schlug die Augen nieder.
    »Wie bitte? Sag das noch einmal!«
    »Inveraray! Ich war in Inveraray und bin in das Heerlager der Jakobiten geraten.«
    Verblüfft über die außerordentliche Erklärung seiner Tochter, schüttelte er den Kopf. Marion knetete unruhig die Hände auf dem Rücken wie ein Kind, das seine Strafe erwartet.
    »Was hattest du dort zu suchen? Hast du Archibald verraten, dass ich meine Männer nach Lorn führen will?«
    Die Stimme des Mannes zitterte vor Sorge.
    »Nein, wie kannst du nur so etwas denken?«

    Glenlyon hielt den Blick starr auf seine Hände gerichtet, die er auf dem Sattelknauf verschränkt hatte. Seine Augen blickten leer, und seine Miene wirkte verstört. Marion stürzte auf ihn zu und krallte die Hände in das Plaid ihres Vaters.
    »Ich schwöre es dir, Vater. Das war ich nicht…«
    Er schloss die Augen und schluckte. Dann richtete er den Blick erneut auf sie.
    »Ich habe meine Männer erst heute Morgen ins Bild gesetzt. Vorher wussten nur deine Brüder und du Bescheid.«
    »Vielleicht hat es jemand aus der Dienerschaft gehört, das ist doch möglich. Molly lauscht immer an den Türen. Sie könnte es mitbekommen und mit jemandem darüber gesprochen haben.«
    Der Laird von Glenlyon fuhr mit einer dick geäderten Hand über sein Gesicht und verhielt damit vor dem Mund. Er überlegte. Duncan beobachtete diesen Mann, den sein Clan hasste und verachtete. Der Sohn des Mannes, der die Seinigen abgeschlachtet hatte. Gott ist mein Zeuge, dass ich versuche, Glenlyons Haut zu retten!, dachte er ironisch.
    Dies war seine zweite Begegnung mit dem Mann. Das erste Mal schien ihm inzwischen sehr weit zurückzuliegen. Das war vor fünf Jahren gewesen, als er erst vierzehn gewesen war. Er war mit einigen anderen jungen Burschen aus Glencoe nach Glenlyon gegangen, um seine ersten Kühe zu stehlen. Doch der Laird hatte sie auf frischer Tat ertappt. Mit vorgehaltener Muskete hatte er sie bis an die Grenze zwischen ihren Ländereien vor sich hergetrieben. Dann hatte er ihnen einen Tritt in die Rückseite versetzt und ihnen erklärt, dass er eingedenk ihrer Jugend dieses Mal Gnade vor Recht ergehen lasse. Doch sie sollten sich das eine Lehre sein lassen. Wenn er sie noch einmal auf seinem Land finge, dann hätte er einen Hanfstrick für sie. Die Baumäste auf Glenlyon seien kräftig. Wenn ihr euch wie Männer benehmen wollt, hatte er ihnen eingeschärft, dann sollt ihr auch wie Männer behandelt werden! Seine Nachsicht hatte Grenzen.
    Duncan vermochte ein leises Lächeln nicht zu unterdrücken. Er konnte gar nicht mehr zählen, wie oft er seit diesem Tag nach Glenlyon zurückgekehrt war. Doch er hatte sich große Mühe gegeben,
sich nicht wieder erwischen zu lassen; dies war die Lehre, die er aus seinem Missgeschick gezogen hatte.
    Seitdem war der Laird von Glenlyon stark gealtert. Er musste etwa im gleichen Alter sein wie sein Vater, wirkte aber zehn Jahre älter. Die Haut seiner hohlen Wangen spannte sich über seinen hervortretenden Wangenknochen, und seine Augen, deren Blau vor Müdigkeit und Überdruss verblasst war, lagen tief in den Höhlen und verstärkten noch die Ähnlichkeit mit einem Totenschädel. Dieser Mann war von der Last seiner Schulden gebeugt, die Hauptmann Robert Campbell ihm hinterlassen hatte. Bei dem Versuch zurückzukaufen, was sein Vater leichtsinnig verschleudert hatte, um seine Spielschulden und seinen Whisky zu finanzieren, hatte er seinen Körper ausgebrannt und seine Gesundheit ruiniert. Kaum verwunderlich, dass keiner seiner Söhne den Namen Robert trug.
    »Erklär mir, was du in Inveraray zu suchen hattest«, verlangte der alte Herr niedergeschlagen zu wissen und musterte seine Tochter zornig. »Für einen einfachen Spaziergang liegt das ja wohl ein wenig zu weit von Chesthill fort, Marion. Hast du spioniert?«
    Der schneidende, heftige Tonfall ihres Vaters ließ sie zusammenzucken. Ihr Gesicht war aschgrau. Ein drückendes Schweigen senkte sich herab. Glenlyon, der das als Eingeständnis deutete, knurrte vor Zorn.
    »Ich werde dir das später erklären, Vater. Das ist jetzt nicht die richtige Zeit dazu.«
    »Für wen hast du spioniert?«
    Kleinlaut fügte sich Marion.
    »Breadalbane.«
    Der Name ging

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