Lanze und Rose
Punkt auf dem Loch Fyne, der vor ihnen lag. Duncan zögerte einen Moment lang und wägte seine Worte sorgfältig ab.
»Ebenso, wie ich ihr vertraue«, antwortete er dann.
Der andere lachte laut auf.
»Blindes Vertrauen zwischen Glencoe und Glenlyon? Stehen wir kurz vor dem Tag des Jüngsten Gerichts, oder seid ihr beide wirklich vollkommen naiv? Wir haben doch bereits gesehen, wohin das führt. Und außerdem darfst du nicht alles glauben, was sie dir erzählt, Duncan. Vergiss nicht, dass ich sie von Kindheit an kenne; ich weiß, wozu sie in der Lage ist, um zu bekommen, was sie will. Wohin genau sollst du sie führen? Nach Chesthill oder nach Finlarig? Ich bin nicht von gestern, mein Freund. Marion, die sich als Sassanach verkleidet aus Inveraray fortschleicht? Also so etwas! Man müsste ein Idiot sein, um nicht zu erraten, dass sie für unseren guten Breadalbane spioniert. Ich kenne den alten Fuchs gut genug, um zu wissen, dass er alles tun würde, damit Argyle in Ungnade fällt. Und Glenlyon ist darauf angewiesen, dass er die Schnüre seines Geldbeutels ein wenig lockert. Eine Hand wäscht die andere.«
»Hmmm … In der Tat«, murmelte Duncan, ein wenig verunsichert über Macgregors Scharfsinn.
»Sie spioniert also für den alten Grafen?«
Der Hüne warf Duncan einen fragenden Blick zu und verzog dann die Mundwinkel. Als er sah, dass der junge Mann seinen Verdacht nicht bestätigen würde, sprach er lachend weiter.
»Das hatte ich mir gedacht. Ich habe schon oft genug mit Breadalbane zu tun gehabt, um zu wissen, wie sein Hirn arbeitet. Die Kleine hat wirklich Schneid.«
»Ich weiß. Und eine scharfe Zunge obendrein.«
»Ah! Das, mein Sohn, liegt daran, dass sie eine Campbell ist!«, rief Rob aus und schlug ihm leutselig auf die Schulter. »Ich kann dir versichern, dass die Campbell-Frauen nicht wie alle anderen sind.«
»Ist mir auch schon aufgefallen.«
Der Whisky brannte in seiner Kehle. Er gab Rob die Zinnflasche zurück.
»Wie geht es deinem Vater?«
»Ganz gut, er folgt der Highlander-Armee. Sie haben das Lager abgebrochen und sind jetzt nach Glasgow unterwegs.«
»Mhhh … ja«, brummte Rob zerstreut. »Der Duke of Argyle hat sein Lager in Stirling aufgeschlagen. Bald ist es so weit. Wie viele Männer seid ihr?«
»Zwischen vier- und fünftausend.«
Rob stieß einen Pfiff aus.
»Das sind schon mehr, als Argyle besitzt. Der Earl of Mar kann sich einer zahlenmäßig starken Armee sicher sein. Der Earl of Seaforth marschiert ebenfalls mit dreitausend Männern aus dem Mackenzie-Clan heran. Bleibt nur abzuwarten, ob John der Wankelmütige 15 etwas damit anfangen kann. Ich für meinen Teil zögere noch, mich ihm anzuschließen.«
»Warum?«
»Nun ja, vor dem Gesetz ist Argyle mein Vormund. Und außerdem werde ich immer noch gesucht; die Ächtung ist noch nicht aufgehoben. Der Duke of Atholl will meinen Kopf. Er ist Hannoveraner; aber zwei seiner Söhne stehen im Dienste des Prätendenten. Du kennst ja das Sprichwort: Teile und herrsche. Auf diese Weise stellt der Clan sicher, immer eine gewisse Machtposition innerhalb der Regierung zu besitzen, ganz gleich, wer sie lenkt. Aber ich setze möglicherweise meine Haut und die meiner Männer aufs Spiel. Da muss ich mir einen gewissen Schutz sichern.«
»Und der von Breadalbane reicht nicht aus? Er war es doch, der dir nach dieser Geschichte mit dem Marquess von Montrose Asyl geboten hat.«
»Ich weiß, doch falls Breadalbane sich in die Ecke getrieben fühlt, ist es sehr gut möglich, dass er sich meiner bedient, um akzeptable Kapitulationsbedingungen zu erreichen. Momentan überlässt er mir aus Barmherzigkeit ein Stück Land in Auchinsall, im Glen Dochart. Ich bin ihm dankbar dafür, doch das Blatt mag sich wenden. Alles hängt davon ab, wie der bevorstehende Kampf ausgeht. Mein Herz neigt den Stuarts zu, das versteht sich von selbst, aber ich weiß noch nicht, ob ich mir erlauben kann, Breadalbane zu folgen. Mein Clan hat durch die Nachstellungen
des Marquess of Montrose schon genug gelitten. Meine Leute verhungern.«
Er verzog schmerzlich das Gesicht. Duncan beobachtete ihn. Die Geschichte des Zerwürfnisses zwischen den Macgregors und dem Marquess of Montrose, dem Chief des Graham-Clans, hatte sich in den Highlands wie ein Lauffeuer verbreitet und hatte die einen empört und die anderen erfreut. Macgregor war ein Mann, der weithin für seine Ehrlichkeit und seinen Gerechtigkeitssinn bekannt war. Außerdem galt er als einer der besten
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