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Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel

Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel

Titel: Laqua - Der Fluch der schwarzen Gondel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Blazon
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Aufschrei und ein schreckliches Poltern. Eine Scheibe zerbrach klirrend.
    »Nonna?« Kristina hetzte die Treppe hoch, zwei Stufen auf einmal nehmend.
    Um ein Haar hätte das Skateboard sie erwischt. Es schanzte über die oberste Treppenstufe und flog ihr entgegen. Kristina duckte sich und sah dem herrenlosen Board hinterher. Es kam auf einer Treppenstufe auf und hüpfte sich überschlagend treppab. Kristina lief weiter und erreichte den ersten Stock. Auch hier herrschte Chaos. Alle Türen zu den Hotelzimmern standen offen und auf den Fluren lag alles durcheinander: Bettwäsche, Klopapierrollen, die kleinen Hotelseifen und Handtücher. Ein feiner Nebel waberte im Flur. Als Kristina am Dogenzimmer vorbeihastete, wusste sie auch, woher er kam: Mehlstaub. Das Mehl, das ihr Bruder und sie im Zimmer verstreut hatten, war keine glatte Fläche mehr. Aber es waren keine Kinderfüße, die das weiße Pulver verwirbelt hatten. Die Spuren sahen eher aus wie die von Mäusen. Ziemlich großen Mäusen allerdings. Oder … Ratten? Mit einem Schaudern erinnerte sich Kristina an die Ratten, die gestern im Kanal herumgepaddelt waren. Jetzt bekam sie noch mehr Angst um ihre Urgroßmutter.
    »Nonna!«, brüllte sie.
    »Hier!«, kam endlich eine schwache, krächzende Antwort.
    Nonna lag am Fuß der Treppe, die in den dritten Stock führte. Sie war gestürzt. Ihr Gesicht war blass und schmerzverzerrt, aber sogar jetzt schwenkte sie immer noch kampflustig einen Besen und versuchte damit, eine Möwe zu vertreiben. Immer wieder schoss der Vogel auf sie los und schnappte nach der lila Glasbrosche in Form einer Blume mit runden, silbergefassten Blütenblättern, die Nonnas Blusenkragen schmückte. »Verschwinde, du Mistvieh!«, keuchte die alte Dame.
    Kristina packte den Regenschirm fester, sprang zwischen Nonna und die Möwe und trieb das Tier wie mit einem Degen von seinem Opfer weg. Die Möwe stieß ein empörtes Kreischen aus, doch dann stürzten auch schon Sara und Jan mit weiteren Regenschirmen herbei. Das Tier drehte ab und schoss durch ein zerbrochenes Fenster nach draußen, dann war der Spuk endlich vorbei. Kristina ließ sich neben ihre Urgroßmutter auf die Knie fallen. »Was ist nur passiert?«
    Die alte Frau ächzte. »Das seht ihr doch. Hier war alles voller Ratten und Möwen«, brachte sie mühsam heraus. »Sie sind in das Hotel eingefallen wie die Heuschrecken. Ich habe versucht, sie die Treppen runterzutreiben, eine Vase habe ich nach einer Möwe geworfen, aber nur das Fenster getroffen. Und dann kamen noch viel mehr von ihnen, Hunderte! Ich wollte die Treppe runterlaufen und bin gestolpert. Mein Kopf! Mir ist ganz schwindelig. Und mein Bein …«
    Sie verzog den Mund und wurde noch etwas blasser. Als sie ihre Urgroßmutter so hilflos daliegen sah, hatte Kristina plötzlich einen dicken Kloß in der Kehle. Und eine Riesenwut auf die Geisterkinder. Aus irgendeinem Grund wusste sie ganz sicher, dass sie etwas damit zu tun hatten.
    Sara beugte sich über die alte Frau.
    »Das Bein ist vielleicht gebrochen. Und sicher hast du auch eine Gehirnerschütterung. Rühr dich nicht, Nonna! Ich rufe sofort den Notarzt. Kristina bleibt bei dir. Und Jan, du suchst ihr ein Kissen.«
    Jan stürzte sofort los. Sara rannte nach unten zum Telefon.
    Kristina fasste nach der Hand der alten Dame. Sie war wie trockenes, warmes Papier, zart und dünn. »Nonna«, flüsterte sie. »Sag mir die Wahrheit. Wer verfolgt uns – und warum?«
    Die Tatsache, dass Nonna noch bleicher wurde, war eigentlich Antwort genug.
    Aber die alte Dame riss sich sofort wieder zusammen und winkte mit schwacher Hand unwillig ab. »Rede keinen Unsinn!«, murmelte sie. »Es waren doch nur ein paar Tiere, die ins Haus gekommen sind …«
    »Tiere durchsuchen aber kein Hotel und räumen keine Schubladen aus. Sie öffnen keine Türen und fahren auch nicht Skateboard. Ich glaube, es waren die Geisterkinder. Habe ich recht, Nonna?«
    Die Alte starrte sie an. »Geisterkinder?«, hauchte sie.
    Kristina nickte heftig. »Am Weihnachtsabend, das Kind am Fenster! Du hast gewusst, dass ich es wirklich gesehen habe. Aber es gibt mehrere von ihnen. Einige von ihnen waren heute in San Polo hinter mir her.«
    Nonna schluckte und schüttelte verzweifelt den Kopf. »Oh Gott, ich wusste, das Unglück würde eines Tages wiederkommen«, wisperte sie. »Der Fluch der toten Tage ist also immer noch nicht vorbei.«
    Kristina wusste nicht, was ihr mehr Angst machte: Nonnas Worte oder das Entsetzen, das

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