Lara Adrian- 07- Gezeichnete des Schicksals
wohl nicht wahr sein. Aber sie war nicht das einzige weibliche
Wesen im Raum, das diesem Fremden verfiel, der letzte Nacht aus dem Nichts
aufgetaucht war. Die treulose Luna hatte ihren Hintern bei seinen Füßen geparkt
und sah hingebungsvoll zu ihm auf, bis er sich bückte und sie hinter den Ohren
kraulte.
Normalerweise war der Wolfshund Fremden gegenüber
vorsichtig und blieb auf Abstand - aber nicht bei ihm.
Wenn sie jemanden brauchte, der sich für den
Charakter eines anderen verbürgte, war sie mit Lunas Instinkten eigentlich
immer gut beraten gewesen.
Aber Alex hatte auch ihren eigenen inneren Radar,
der ihr sagte, ob sie jemandem trauen konnte oder nicht, eine Art instinktiven
Lügendetektor, den sie schon seit ihrer Kindheit besaß. Nur, damit der funktionierte,
musste sie so nahe an denjenigen herankommen, dass sie ihn berühren konnte.
Normalerweise brauchte sie andere nur mit den
Fingern zu streifen, um zu wissen, ob man sie anlog oder nicht.
So versucht sie auch war, dem Typen ihre Finger auf
die nackte Haut zu legen - dazu müsste sie ihre Waffe niederlegen. Und zum
jetzigen Zeitpunkt hielt sie das doch noch nicht für klug.
„Wer sind Sie?“, fragte Alex, gespannt, ob sie
dieses Mal wohl eine Antwort bekommen würde. „Was haben Sie bei der Bürgerversammlung
in Harmony gemacht, und was haben Sie hier draußen zu suchen? Falls Sie es noch
nicht gemerkt haben, Sie gefährden hier Spuren an einem Tatort.“
„Ich habe es gemerkt. Und der Meter Neuschnee, der
hier alles unter sich begraben hat, hat sie schon lange vor mir gefährdet“,
sagte er unbekümmert.
Er rieb Luna mit seiner großen Hand immer noch über
den Kopf und unter dem Kinn, und der Hund sabberte förmlich vor Behagen.
Alex hätte schwören können, dass etwas
Unausgesprochenes zwischen Mann und Hund vorging, und dann stand Luna auf und
kam zu Alex zurückgeschlendert, um ihr die Hand zu lecken.
„Kade“, stellte er sich vor und nagelte sie mit
diesem scharfen, unverwandten, silbernen Blick fest. Er streckte ihr die Hand
hin, aber Alex hatte noch nicht entschieden, ob sie ihm so weit trauen konnte.
Er zögerte einen Augenblick, dann ließ er den Arm wieder sinken. „Soweit ich
gestern Abend gehört habe, standen die Opfer Ihnen nahe. Mein Beileid, Alex.“
Es verunsicherte sie, mit welch unbekümmerter
Vertrautheit er ihren Namen sagte. Und ihr gefiel auch gar nicht, wie seine
Stimme und sein ungebetenes, unerwartetes Mitgefühl ihr mitten in die Brust
drangen und ihre Sinne weckten. Sie kannte ihn gar nicht, und sein Mitgefühl
konnte er sich sonst wo hinstecken.
„Sie sind nicht aus der Gegend“, sagte sie abrupt,
um Distanz zu wahren, denn die Wände schienen angesichts seiner Präsenz
zusammenzurücken, je länger sie mit ihm in diesem Raum war. „Aber Sie sind auch
nicht von außerhalb.
Oder?“
Er schüttelte vage den Kopf. „Ich bin in Alaska
geboren und nördlich von Fairbanks aufgewachsen.“
„Ach? Wie heißt Ihre Familie denn?“, fragte sie und
versuchte, einen Plauderton anzuschlagen, auch wenn es eigentlich als Verhör
gemeint war.
Er blinzelte, schloss nur einmal langsam seine
bemerkenswerten Augen. „Die kennen Sie sowieso nicht.“
„Sie würden sich wundern, wie viele Leute ich
kenne“, sagte sie umso hartnäckiger nach seiner ausweichenden Antwort. „Testen
Sie mich doch.“
Seine breiten Lippen kräuselten sich an den Mundwinkeln.
„Ist das eine Einladung, Alex?“
Sie räusperte sich, von seinem anzüglichen Ton aus
dem Konzept gebracht, aber noch mehr, weil sich ihr Puls so plötzlich
beschleunigte, als er die Frage zwischen ihnen verhallen ließ. Dann kam er auf
sie zu, schlenderte lässig auf seinen langen Beinen bis auf Armeslänge zu ihr
hin.
Gott, der Kerl war atemberaubend, besonders so aus
der Nähe.
Sein schmales Gesicht hatte spitze Winkel und
starke Knochen, seine schwarzen Brauen und Wimpern bildeten einen reizvollen
Kontrast zu der winterlichen Farbe und der wachen Intelligenz seiner Augen, die
an den Augenwinkeln leicht schräg geschnitten waren. Wolfsaugen. Die Augen
eines Jägers.
Alex fühlte sich in ihnen gefangen, als er sogar
noch näher kam. Sie spürte die Hitze seiner Hand auf ihrer, dann einen festen,
aber sanften Druck, als er ihr vorsichtig die Pistole aus den Fingern nahm.
Er hielt sie ihr in der offenen Handfläche hin.
„Die brauchen Sie nicht, das verspreche ich Ihnen.“
Als sie ihm stumm die Waffe abnahm und sie in das
Rückenholster steckte,
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