Lara Adrian- 07- Gezeichnete des Schicksals
nie wiedergesehen. Seit
wir erfahren hatten, dass Grigori zum Rogue geworden war, hat Kir ihn nie
wieder erwähnt. Seit damals ist Kir ein anderer geworden.“
Kade hörte zu und musste widerwillig zugeben, dass
er einen Anflug von Mitgefühl für seinen Vater empfand und für den Verlust, den
er erlitten hatte.
„Vielleicht denkt dein Vater, dass er diese Art von
Schmerz nicht noch einmal ertragen kann“, meinte Max. „Vielleicht erinnerst du
ihn manchmal einfach ein wenig zu sehr an Grigori.“
Und offensichtlich hatte er beschlossen, Kade früh
abzuschreiben und all seine väterlichen Hoffnungen auf Seth zu setzen.
„Ist doch egal“, murmelte Kade, und es war ihm auch
fast ernst damit. Er hatte momentan mit Fragen um Leben und Tod zu tun, da
konnte er sich nicht auch noch darüber sorgen, wie wenig sein Vater noch von
ihm erwartete. „Ich weiß die Information zu schätzen, Max. Und die Einsicht.
Ich weiß auch zu schätzen, dass du vorbeigekommen bist.“
Max, aufmerksam wie immer, erkannte den subtilen
Hinweis und stand auf.
„Du hast zu tun, ich sollte dich nicht aufhalten.“
Als er die Hand ausstreckte, zog Kade ihn
stattdessen in eine kurze Umarmung. „Du bist ein guter Mann, Max. Ein guter
Freund. Danke.“
„Wenn du irgendetwas brauchst, Kade, brauchst du
nur zu fragen.“
Sie gingen zusammen zur Tür, und Kade öffnete sie.
Gerade gingen zwei dick vermummte junge Frauen an der Hütte vorbei, jede mit
einer zusammengelegten Daunendecke. Die eine sah kurz zu ihnen hinüber, dann
sah sie genauer hin.
„Oh ... Kade?“, fragte sie, und dann erhellte ein
strahlendes Lächeln ihr hübsches Gesicht. „Kade! Ich hatte gehört, dass du
wieder in Alaska bist, aber mir war nicht klar, dass du hier bist.“
„Hallo Patrice“, sagte er und lächelte der Stammesgefährtin,
die sein Zwillingsbruder schon seit Jahren in der Warteschleife hielt, höflich
zu.
Neben ihm war Max sehr ruhig geworden. Kade konnte
die Hitze spüren, die von dem anderen Mann ausging, als Patrice lebhaft
weiterplauderte. Sie war süß und wirklich umwerfend, ihr hellrotes Haar und die
dunkelgrünen Augen angestrahlt vom Feuerschein, der aus der offenen Tür fiel.
„Ruby und ich waren eben auf dem Weg, um das
Polarlicht von einer der Klippen aus anzuschauen. Möchtet ihr vielleicht mit?“
Kade und Max verneinten gemeinsam, und Patrice'
Lächeln schwand sofort - wenn sie auch versuchte, es hinter dem Rand der Decke
zu verbergen, die sie trug. Der Grund dafür war eindeutig Max. Und als die
Stammesgefährtinnen weitergingen, bemerkte Kade, dass der ältere Mann die Augen
nicht von ihnen lassen konnte.
Oder vielmehr von einer der beiden.
„Patrice?“, fragte Kade, verblüfft von der
sorgfältig gezügelten Sehnsucht, die er eben bei den beiden gesehen hatte.
Maksim kam ruckartig wieder zu sich und sah ihn an.
„Sie hat sich einem anderen versprochen. Ich würde mich dort nie hineindrängen,
egal, wie lange Seth dafür braucht, endlich die kostbare Gabe zu akzeptieren,
die er bekommen hat, der ignorante, arrogante kleine Scheißkerl.“
Kade sah seinem Onkel nach, wie er über die Veranda
und das verschneite Grundstück zu seinem eigenen Quartier hinüberging. Er
wusste nicht, ob er über die Heftigkeit kichern sollte, mit der Max seine
Erklärung abgegeben hatte, oder Seth dafür verfluchen, dass er wahrscheinlich
zwei weiteren Personen das Leben ruinierte.
12
Alex goss einen Kessel kochendes Wasser in die
ramponierte alte Filterkanne auf dem Herd. Als die Küche sich an diesem Morgen
zum zweiten Mal mit dem Aroma frisch gebrühter Kaffeebohnen füllte, wandte sie
sich wieder dem kleinen Tisch zu, wo sie und Jenna beim Frühstück saßen.
Zumindest Alex.
Jenna hatte nur in ihren Bratkartoffeln
herumgestochert und ihr Rührei praktisch nicht angerührt.
„Gott, ich hasse den Winter“, murmelte sie, lehnte
sich in dem knarrenden Holzstuhl zurück und warf einen nachdenklichen Blick in
die Dunkelheit hinaus, die um acht Uhr früh immer noch dick und schwer gegen
die Fenster drückte. „An manchen Tagen kommt's mir so vor, als würde er nie zu
Ende gehen.“
„Wird er aber“, sagte Alex, als sie sich ihrer
Freundin gegenübersetzte und zusah, wie sich der gehetzte Ausdruck in Jennas
Augen vertiefte.
Natürlich waren es weder die Dunkelheit noch die
Kälte, die ihr so zu schaffen machten. Alex musste gar nicht erst auf den
Wandkalender beim Telefon sehen, um zu verstehen, warum Jennas Stimmung sich
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