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Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland

Titel: Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara Domentat
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Prostitution gezwungen worden oder aus purer Not oder Drogensucht eingestiegen. Die Wahrscheinlichkeit lag höher, daß sie in geschützteren Milieus arbeiteten, einen entspannteren Arbeitsalltag und weniger Gewalt erlebten, weniger Kunden betreuten und pro Kunde mehr verdienten.25 Aber nicht nur die Einstiegsbedingungen, auch das Einstiegsalter kann eine Rolle spielen. Die Prostitutionsforscherinnen Leopold und Steffan halten ein »hohes«
    Einstiegsalter, etwa ab 22 Jahren, für den besten Schutz gegen mögliche Negativfolgen der Prostitution. Die Frauen sind in ihrer Persönlichkeit gefestigter, können sich besser wehren und haben in der Regel einen Schul-und Ausbildungsabschluß, so daß sie jederzeit aus der Prostitution aussteigen können, sofern sie dies wünschen.26
    Anstatt das psychische Leid gleichzeitig zum Ausgangs-und Endpunkt des Erkenntnisinteresses zu machen, konzentrieren sich einige Studien auf Selbstschutzstrategien, die Prostituierte als Masken professioneller Distanz in ihrer Arbeit einsetzen. Viele dieser Strategien ähneln denen anderer Berufsgruppen. Von den Frauen wird berichtet, daß sie nach der Arbeit die Kleidung wechselten und unterschiedliche Schränke und Schubfächer für Arbeits-und Privatkleidung benutzten. Frauen, die in der eigenen Wohnung arbeiteten, hatten getrennte Arbeits-und Wohnbereiche. Rituale des An-und Abschminkens markierten die Übergänge zwischen Arbeits-und Privatsphäre. Für viele Frauen dienten Kondome nicht nur als Krankheitsschutz, sondern auch als psychologische Grenze zwischen dem eigenen und dem Körper des Kunden, ungeschützter Sex war das Privileg des Privatpartners. Mutterwitz und sarkastischer Humor bauten Alltagsfrust ab und stärkten das Gemeinschaftsgefühl von Frauen, die in Bordellen arbeiteten.
    Wo die einen klar zwischen Berufs-und Privatsphäre trennten, betonten andere eine positive Einstellung zur Arbeit als wirksamsten Selbstschutz. Wer den sozialen Wert, den therapeutischen Nutzen der eigenen Arbeit kennt und seine berufliche Identität akzeptiert, fühlt sich vor selbstwertmindernden Botschaften besser geschützt als Frauen mit negativem Selbstbild.27 Bestätigt werden diese Erkenntnisse auch von einer deutschen Studie über Sexarbeiterinnen mit Ausstiegswünschen. »Frauen, die sich beruflich stabil in der Prostitution sahen«, so die Autorinnen der Studie, »wiesen (...) ein Selbstkonzept auf, das durch Vertrauen in die eigene Fähigkeit zur angemessenen Lebensbewältigung, ein gutes Durchsetzungsvermögen und ein positives Selbstwertgefühl gekennzeichnet ist.«28 Wer aus freien Stücken der Prostitution nachgeht und die Arbeitsbedingungen selbst gestalten kann, leidet oft am meisten unter dem Stigma. Eine bekannte Hurenaktivistin haßt ihren Beruf, »wenn ich erlebe, mit welchen Stigmatisierungen er verbunden ist. Daß ich keineswegs überall sagen kann, daß ich als Hure arbeite, daß ich einen netten Kontakt hatte, der mir Spaß gemacht hat.« Auch Larissa empfand die Auswirkungen der Doppelmoral als größte Belastung während ihrer Zeit als Sexarbeiterin.
     
    Die Prostituierte als Projektionsfläche: Larissa Das Schwierigste für mich an der ganzen
    Prostitutionstätigkeit war nicht die Sexarbeit, sondern das Doppelleben und das Gefühl, als pervers abgestempelt zu werden. Die zentrale Frage lautete immer: Darf eine Frau Spaß haben an der Sexarbeit? Für einen Mann ist es in Ordnung, zu einer Prostituierten zu gehen, aber die Prostituierte muß irgendwie abartig sein, wenn sie Spaß an der Arbeit hat. Und weil man Angst hat, daß alle so denken -
    Familie, Freunde, Arbeitskollegen -, spricht man nicht darüber. Man braucht sehr viel Selbstbewußtsein, um zu sagen, ja, ich hab den Job gemacht, denn man ist Projektionsfigur von A-Z: Vom absoluten Opfer - entweder weil man mal mißbraucht oder dazu gezwungen wurde - bis zum Sexmonster, zur Nymphomanin, die so viel Sex braucht, daß sie deshalb im Puff arbeiten muß. Es gibt kaum realistische Bilder. Also spricht man nicht darüber und trägt ein Geheimnis mit sich herum, das man höchstens ma l in der Therapie lüftet. Aber selbst da ist man vor schlechten Erfahrungen nicht sicher. Mein ehemaliger Therapeut hatte mal mit Beschaffungsprostituierten gearbeitet, und das hat sein ganzes Bild von der Prostitution geprägt. Aber das, was er mir an Erke nntnissen aus seiner Arbeit anbot, hatte nichts mit mir und meiner Erfahrung zu tun. Später fragte mich eine Psychologin einmal, was ich

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