Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland
Frauen keine nach außen hin sichtbaren Anzeichen für die fruchtbaren Phasen ihrer (ohnehin nicht immer berechenbaren) Zyklen, was die Partnerbewachung erheblich erschwert und weibliche Untreue tendenziell begünstigt. Die weibliche Promiskuität erfüllt wissenschaftstechnisch sogar alle Voraussetzungen, um als biologische Prädisposition anerkannt zu werden. Erstens ist sie im Artenvergleich bei fast allen Tierweibchen, von Singvögeln bis zu Primaten, ausführlich beobachtet und dokumentiert worden. Zweitens sprechen ethnologische Beobachtungen (und nicht zuletzt das Alter und die globale Verbreitung der Prostitution) dafür, daß es sich um eine transkulturelle Universalie weiblichen Verhaltens handelt.76 Drittens zeigt die über Zeiträume und Kulturen hinweg relativ konstante Zahl sogenannter
»Kuckuckskinder«, daß eine weibliche Neigung zur Promiskuität trotz Sozialisation zu Treue nicht vollständig diszipliniert und kontrolliert werden kann.
Ähnliches gilt für die Bereitschaft zur Wahrnahme flüchtiger Sexkontakte. Mit einem gewissen Aha-Effekt liest man in der Studie
»Casual sex on spring break« der kanadischen Sexualwissen-schaftlerin Eleanor Maticka-Tyndale, daß von 681 studentischen Teilnehmern eines Frühlingscamps Männer und Frauen gleich häufig Gelegenheitssex aufnahmen, wobei die Männer dies von der Gruppennorm, die Frauen von einem Konsens des Freundeskreises und dessen Beteiligung am Sexgelage abhängig machten.77 Mit anderen Worten: Frauen machten ihre unverbindlichen Sexkontakte von der Sexualmoral ihres engeren sozialen Umfeldes abhängig.
Frauen sind nicht nur ebenso promisk wie Männer, sie sind auch ebenso »triebstark«. Weltweit arbeiten Naturwissenschaftler daran, die Vorstellung libidogedämpfter Wechseljahre zumindest teilweise als ideologischen Mythos einer jugendlichkeitsfixierten Gesellschaft zu entlarven. So belegen verschiedene kulturübergreifende Studien, daß die Stärke der weiblichen Libido eher von der Häufigkeit sexueller Aktivitäten abhängt als vom Alter und die Lustlosigkeit von einer Vielzahl hormonunabhängiger Faktoren begünstigt wird.78 Männer und Frauen zeigen bei sexueller Erregung die gleichen hormonellen Reaktionen, was dafür spric ht, daß das sexuelle Begehren bei Männern wie Frauen stark hormongesteuert abläuft. Häufiger Sex erhöht den Testosteronpegel bei beiden Geschlechtern, was die Lust auf Sex steigert und intensiviert. Wo immer Wissenschaftler ihren Probanden Pornos zeigen und ihnen dabei Blut abzapfen, stellt sich heraus, daß der Testosteronspiegel bei beiden Geschlechtern ähnlich stark ansteigt.79 Natalie Angier und Helen Fisher berichten von postmenopausalen Frauen in Pflegeheimen, die eine gewisse sexuelle Hemmungslosigkeit an den Tag legen.80 »Wenn der weibliche Sexualtrieb im Vergleich mit dem männlichen tatsächlich gedämpft ist«, so die Anthropologin Barbara Smuts, »warum müssen die Männer überall auf der Welt so drastische Maßnahmen ergreifen, um ihn zu zügeln und im Zaum zu halten?«
Die wirklich produktiven Fragen lauten also nicht mehr, ob Männer von Hause aus triebstärker und promisker sind als Frauen, sondern unter welchen Umständen sich die eine und der andere promisker oder monogamer verhalten. Amerikanische Anthropologinnen verweisen darauf, daß ein promisker Lebensstil den Frauen prähistorischer Jäger-und Sammlergesellschaften materielle Vorteile einbrachte, da das Konzept einer »geteilten Vaterschaft« mehrere Männer in die materielle Pflicht nahm.81 Da in diesen Gesellschaften das Überleben nicht vom Oberhaupt einer Kleinfamilie, sondern von der Gruppe für die Gruppe organisiert wurde, stärkten promiske Verbindungen den Zusammenhalt. Die Entwicklung der Monogamie setzte erst ein, als die Interessen einzelner Gruppen mit denen anderer kollidierten. Die sexuelle Treue sicherte das Überleben einzelner Gruppenverbände.
Der Bedeutungsschwund der monogamen Dauerbeziehung für das materielle Überleben könnte also der gemeinsame Nenner an beiden Enden des Zeittunnels sein, der Grund dafür, weshalb unsere Urahnen ihre promisken Neigungen ebenso unbefangen auslebten wie ihre Nachfahren in der Spaßgesellschaft heutiger Prägung. Wenn existenzsichernde Alternativen zur Kleinfamilie bestehen, verliert die Monogamie ihre überlebenswichtige Bedeutung.
Anders als ursprünglich befürchtet, inspirierte die moderne Evolutionspsychologie also keinen biologistisch fundierten Backlash, sondern eine
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