Laß dich verwoehnen - Prostitution in Deutschland
erlebt werden. »Ich hatte mal einen Kunden, der rief an und wollte, wie er sich ausdrückte, die ›Toilette einer Lady‹ sein«, so eine Domina. »Ich antwortete: ›Gut, kommen Sie vorbei, aber ich kann Ihnen nicht versprechen, daß es klappt.‹ Ich hatte zwar von Kolleginnen gehört, daß sie den Zeitpunkt ihrer Ausscheidungen steuern können, aber ich selbst hatte das noch nie ausprobiert. Er kam vorbei - ein gutaussehender, erfolgreicher Mann - und schien meine Schwierigkeiten zu ahnen. Er sagte, er habe Möglichkeiten, mir die Sache zu erleichtern. Ich hockte mich über ihn, und er begann, mit seiner Zunge rund um meinen Anus zu streichen und meine Schließmuskeln zu lockern. Ich entspannte mich, und es funktionierte nicht nur, sondern es war die pure Lust.«
Eheanbahnung im Bordell: Evelin
Ich habe eine Freundin, die ist mit über 50 in die Prostitution eingestiegen und hat am Anfang gedacht, der Gast würde zu ihr sagen: Los, nun mach, zieh dich aus, ic h hab dafür bezahlt. Richtig finster. Und dann war sie verwundert, wie bestrebt der Mann war, sie glücklich zu machen. Das ist den Freiern oft wichtiger, als selbst zum Orgasmus zu kommen, denn es erhöht ja auch ihr Selbstwertgefühl, wenn die Frau glücklic h ist. Wenn Männer sich dagegen von einer Prostituierten lustlos abgefertigt fühlen, sagen sie gern: »Das war eine Professionelle.« Ich sag dann immer: »Weißt du, das ist eigentlich ein blödes Wort, weil in jedem Beruf jemand als professionell bezeichnet wird, der seinen Job gut macht. Nur in der Prostitution wird das abwertend benutzt.«
Für mich gehört der Spaß zur Professionalität dazu. Wenn man sich jedesmal überwinden muß, dann hat man den falschen Beruf.
Dementsprechend ist es so, daß viele Prostituierte emotional abblocken und dem Mann gar nicht die Möglichkeit geben, sich in sie zu verlieben. So wie wir es hier betreiben, haben sich schon viele zukünftige Paare gefunden. Ich kann sagen, daß in meinem Laden manche Ehen angebahnt und sogar Kinder der Liebe gezeugt worden sind. Wenn die Frauen wirklich freiwillig und gern der Prostitution nachgehen, dann verlieben sie sich auch mal in einen Gast.
Oft verliebt man sich ja erst im Bett, und es wird ja nicht nur Sex praktiziert im Zimmer, sondern man redet ja auch miteinander. Im Verhältnis zur Häufigkeit der
Geschlechtsakte kommt es natürlich selten vor, aber andererseits auch wieder öfter, als man denkt.
Daß Frauen in der Prostitution eigene Lustanteile ausleben, ist wohl das glaubhafteste Indiz für eine entspannte, sexuell gleichberechtigte
»Arbeitsatmosphäre«. Auf der subjektiven Ebene des sinnlichen Begehrens zeigt sich, daß die psychologische Realität des sexuellen Tauschgeschäftes komplexer ist, als Vorstellungen eines starren, einseitigen Dienstleistungsverhältnisses nahelegen. »Wenn's ein Mann gut macht«, so lautet Mias berechtigte Frage, »warum soll ich nicht auch meine eigene Lust dabei entwickeln? Zumal sie teilweise regelrecht drum bitten: ›Also bei mir brauchst du gar nicht so viel zu machen, ich möchte lieber dich verwöhnen‹ Dann sag ich immer:
›Wenn Du's gut machst, kannst Du gerne weitermachen.‹«
Daß bei der Sexarbeit auch bei den Frauen Lust aufkommt, reflektiert weder einen aktuellen Trend noch eine neue Erkenntnis. In den fünfziger Jahren befragte eine Forschergruppe um Alfred Kinsey 175 Prostituierte zu ihrem sexuellen Erleben. Resultat: Die Probandinnen wiesen sogar eine stärkere sexuelle Reaktion auf als die
»Normalfrauen«, die für Kinseys Studie »Sexual Behavior in the Human Female« befragt worden waren. 90% der gesampelten Prostituierten gaben an, in ihren privaten Sexkontakten Orgasmen zu erleben, 80% erlebten Orgasmen mit Kunden. Somit waren nicht nur das Klischee, sondern auch die ' damalige Lehrmeinung, daß Prostituierte mehrheitlich unter Frigidität litten, eindeutig widerlegt.92
Tatsächlich weisen auch neuere Studien nach, daß Sexarbeiterinnen im Vergleich zu anderen Frauen orgasmusfähiger sind.93
Allerdings litt das Thema »eigene Lust« bis vor kurzem auch bei Sexarbeiterinnen unter der Last des Tabus. In Zeiten und an Orten, wo unter Zwang gearbeitet wurde und weder Kunden noch bestimmte Dienstleistungen abgelehnt werden konnten, wurde die Trennung zwischen Sex mit Kunden und Sex mit Privatpartnern als psychologischer Selbstschutz und eine Form der Professionalität gewertet. Wer an den Zumutungen des Arbeitsalltags nicht
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