Lass es bloss nicht Liebe sein
im grünen Bereich. Er ist ein Bekannter von einem meiner Freunde.«
» Si, si, hier entlang. Kommen Sie, Signora.«
Lily verließ widerstrebend ihren Platz in der Schlange und schloss sich Mettenzi an. Als sie sich ein letztes Mal umschaute, sah sie, dass Brad und Shelley ihr kopfschüttelnd nachblickten. Ihr war sonnenklar, was die beiden dachten: Wie kann man so lange in einer Schlange anstehen und dann weggehen, wenn man fast am Ziel ist?
Nach zwei Blocks sagte Lily: » Sind wir bald da?«
» Hier drüben ist es«, erwiderte Mettenzi. Er packte sie hart am Arm und zerrte sie in eine Seitengasse.
Sie versuchte sich von ihm loszureißen, aber es war zwecklos. Er riss derart brutal an ihr, dass ihr der Sonnenhut vom Kopf segelte. Ihre Kehle krampfte sich schmerzhaft zusammen; ihr war mit einem Mal grottenübel. Der Mann war bestimmt kein Freund von William.
Er schleifte sie durch die Gasse, vorbei an verbeulten Ölkanistern, in denen Geranien vor sich hinwelkten, Müll und abweisend verschlossenen Türen. Kleine Jungen kickten einen Fußball durch das Sträßchen und zeigten ihnen den Stinkefinger, als der Mann, der sich Mettenzi nannte, Lily mitten durch das Spiel zerrte.
Kurz nachdem Lily zu den Vatikanischen Museen losgezogen war, wurde William eine Adresse zugespielt, wo Robbie sich angeblich aufhielt. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Wenn er schnell machte und sich pronto in den Leihwagen schwang, konnte er es noch schaffen, Lily abzufangen, bevor sie in den Museen verschwand. Es sei denn, die Besucherschlange war ausnahmsweise mal kurz.
Er holte den Wagen vom Bahnhof Termini ab, reihte sich in das Stop-and-Go des nervtötenden römischen Verkehrs ein. Und fluchte inbrünstig. Verdammt, er hätte niemals zulassen dürfen, dass Lily ohne ihn loszog. Nach Aussage des Informanten, mit dem er sich am Morgen ausgetauscht hatte, wurden sie definitiv beschattet. Anscheinend hatte irgendein Dritter, ein Sizilianer, Wind von der Sache bekommen und war ebenfalls hinter dem Buch her.
Und er hatte zugelassen, dass Lily in ihrem bezaubernden Sommerkleid loszog und sich einbildete, sie wäre Audrey Hepburn.
Er trat das Gaspedal bis zum Bodenblech durch. Verdammt, er würde sie schleunigst einsammeln müssen. Bevor es zu spät war.
Sie war dumm gewesen. Dumm war gar kein Ausdruck! Wieso war sie überhaupt mit diesem Fremden mitgegangen?
» Lassen Sie mich los!«, kreischte sie. » Lassen Sie mich sofort los, oder ich…«
Mettenzi stoppte und drückte sie unsanft gegen das Mauerwerk. » Wo ist er?«
» Was? Wer?«
» Los, hier rein«, knurrte er.
Er stemmte eine Tür zu einem kleinen verdreckten Zimmer auf, in dem lediglich ein Doppelbett und ein Propangaskocher standen. An einer Wand hing ein Kruzifix. Der Raum roch stark nach spanischem Pfeffer, süßlich, beklemmend, dass es ihr fast den Atem raubte.
» Wo sind wir?«, stammelte sie.
Er ignorierte ihre Frage. » Signora, wo ist Ihr Mann?«, fuhr er sie stattdessen an.
» Ich bin nicht verheiratet.«
Der Italiener fluchte. » Wo ist er?«, brüllte er, sein Gesicht dicht an ihrem.
Zitternd vor Angst klemmte Lily ihre Handtasche vor die Brust. Sie blieb ihm die Antwort schuldig.
Mettenzi packte sie bei den Schultern und schüttelte sie. » Sie rücken jetzt auf der Stelle damit raus, wo Schwartzman ist! Und zwar subito, Signora!«
William lief mit weit ausgreifenden Schritten an dem wartenden Besucherstrom vorbei, dabei hielt er nach Lilys blonder Mähne und ihrem großen Sonnenhut Ausschau. Je näher er dem Museumseingang kam, desto nervöser wurde er. Er rief ihren Namen, in der Hoffnung, dass sie ihn vielleicht hörte, da er sie nirgends entdecken konnte. Als er den Anfang der Schlange erreicht hatte, trat ein Amerikaner zu ihm.
» Hey, sind Sie ein Bekannter von Lily? Gelbes Kleid, blauer Sonnenhut? Australierin?«
» Ja«, sagte William. » Wo ist sie? Ich suche sie verzweifelt.«
» Mein Name ist Brad.« Der Mann hielt ihm seine Hand hin.
William, einen Moment lang verdutzt, drückte sie unschlüssig.
» Irgendein Italiener sprach sie vorhin an und bat sie mitzukommen. Wir– meine Frau Shelley und ich– fanden, sie sollte hierbleiben, aber der Typ meinte, er sei ein Bekannter von ihrem Freund.«
Williams Herzschlag setzte sekundenlang aus. » Zeigen Sie mir, in welche Richtung die beiden gegangen sind. Bitte.«
Brad deutete die Straße hinunter. » In diese Richtung.«
William bedankte sich kurz und stürmte los.
» Sie wissen
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