Lass mich dein Sklave sein
aber, dass er noch im Land sei, hatte aber keinerlei Beweise für ihre Vermutung. Sie rief immer wieder in Buckingham an und sprach mit Rudis Schwägerin, mit Annabelle, dem Bürgermeister, den dortigen Bodyguards, überhaupt mit jedem, mit dem Rudi vielleicht Kontakt aufgenommen haben könnte. Aber niemand schien etwas zu wissen.
Die gesichteten Terroristen waren ebenso wie Rudi spurlos verschwunden. Es schien, als hätten sie sich ihrer Beute nur zu erkennen geben wollen.
Es war am Ende der vierten Woche. Wie so häufig in der letzten Zeit starrte Ellen benommen auf ihren Computerbildschirm. Ihre Augen brannten, und sie war unfähig, etwas zu lesen. Sie blinzelte, und ihre Sicht wurde einen Augenblick lang klar, dann war sie wieder verschwommen. Es war erst acht Uhr abends. Sie sollte noch nicht so müde sein.
Sie wischte, sich mit dem Handrücken über die Augen. Sie waren nass. Ihre Wangen waren auch nass.
Weil du heulst, du Närrin, sagte sie sich. Du brauchst dich gar nicht zu wundern. Die Angst und die Sorge um Rudi, die sie so lange unterdrückt hatte brachen sich mit Macht Bahn. Sie konnte nicht mehr dagegen ankämpfen. Sie legte den Kopf auf die verschränkten Arme und weinte wie ein ängstliches Kind.
Und wenn nun ihre Nachforschungen die Terroristen erst auf Rudis Spur setzten? Hatten sie vielleicht bisher keinerlei Anhaltspunkte gehabt, wussten aber nun, wo sie nach ihm suchen könnten? Vielleicht sollte sie die Suche aufgeben und ihn in Ruhe lassen. Er hatte schließlich das Recht, sein Leben nach eigenen Wünschen zu leben.
Aber wenn sie ihn nun nicht mehr suchte und die Männer ihn trotzdem fanden?
Oder wenn sie ihn fanden, bevor sie ihn aufgespürt hätte? Rudi war ohne Bodyguards. Er war ein ideales Opfer für diese Terroristen, diese Feiglinge, die seiner Familie, den Herrschern von Qarif, drohten, in der Hoffnung, dass die sich dann ihren Forderungen beugen würde.
Sie sah plötzlich das Bild eines Menschen vor sich, der eine Klippe hinunterfiel. Sie schob das Bild von sich. Dann sah sie ein anderes Bild, das sie nicht so leicht aus ihrem Bewusstsein verbannen konnte. Seit mehr als einem Monat war dieses Bild immer wieder vor ihr aufgetaucht - Rudi, wie er laut lachte, den Kopf zurückgelegt, mit blitzenden weißen Zähnen. Er war so voller Energie und voller Lebensfreude.
Als Schmerz und Sehnsucht sie nun übermannten, überließ sich Ellen ihren Gefühlen. Sie konnte nicht mehr dagegen ankämpfen. Sie liebte Rudi. Sie liebte ihn mit einer verzweifelten Intensität.
Und sie hatte ihr Glück einfach mit Füßen getreten. Er war nicht mehr für sie da. Allein die Vorstellung von einer Welt, in der Rudi nicht mehr lebte, war ihr unerträglich. Das zeigte ihr, wie tief sie ihn liebte. Sie musste ihn finden, denn er musste leben. Die Terroristen durften ihn nicht zuerst entdecken. Es durfte einfach nicht sein. Rudi musste beschützt werden, auch wenn er die Anwesenheit von Bodyguards noch so sehr ablehnte.
Er war jetzt beinahe einen ganzen Monat verschwunden. Selbst wenn er sparsam lebte, würde er irgendwann kein Geld mehr haben. Ibrahim hatte gesagt, dass Rudi bisher immer zur Familie zurückgekehrt sei, wenn er kein Geld mehr gehabt habe. Ibrahim war sicher, dass es auch dieses Mal so sein würde. Es hatte ihn zwar beunruhigt, dass Rudi dieses Mal so viel Geld mitgenommen hatte, denn das bedeutete, dass er länger fortbleiben könnte. Ellen aber glaubte, dass Rudi dieses Mal überhaupt nicht zurückkommen wollte.
Sie startete eine Suche übers Internet. Rudi würde arbeiten müssen, wenn er unabhängig leben wollte, und so sehr, wie er seinen Beruf liebte, konnte sie sich nicht vorstellen, dass er sich eine ganz andere Arbeit suchte. Sie ließ den Computer arbeiten und fuhr nach Hause.
Am Wochenende brachten ihre üblichen Methoden sie bei ihrer Suche nicht voran. Rudi blieb verschwunden. Am Montagmorgen konnte sie endlich ansehen, was der Computer für sie zusammengestellt und ausgedruckt hatte, eine Liste aller Ölbohrgesellschaften in den Vereinigten Staaten.
Es waren Hunderte aufgelistet. Ellen nahm den Hörer ab und begann herumzutelefonieren. Sie versuchte es erst bei den Firmen, die in der Nähe von New York angesiedelt waren, und fragte, ob man in den letzten Wochen vielleicht einen neuen Ingenieur angestellt habe. Wenn eine Personalabteilung nicht recht mit der Sprache herausrücken wollte, legte sie auf und rief mit veränderter Stimme und einer neuen Erklärung für ihre
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