Lass mich deine Liebe spueren_Zwei Maenner fuer die Herzogin
ersten Besuch in diesem abweisenden Raum verspürt hatte.
Wie hatte er die einsamen Jahre hier oben in diesem Zimmer ertragen können? fragte sie sich. Ich selbst habe in einem heiteren Raum oder draußen in der Sonne lernen dürfen, erinnerte sie sich - unterrichtet von einem liebevollen Großvater, der Freude dabei empfand, mir sein Wissen weiterzugeben...
Sie blieb an dem Pult stehen, das dem des Lehrers gegenüberstand, blickte auf die Initialen und berührte sie zärtlich mit den Fingerspitzen: J.A.M.T.
Als sie diese Buchstaben zum ersten Mal sah, hatte sie Jordan für tot gehalten. Sie erinnerte sich an die Verzweiflung und Trauer, die sie damals empfunden hatte. Doch jetzt, in diesem Moment, befand er sich unten in seinem Arbeitszimmer: lebendig und vital. Statt auf dem Meeresgrund zu liegen, saß Jordan an seinem Schreibtisch, in einem schneeweißen Hemd, das seine breiten Schultern betonte, und beigefarbenen Breeches an den muskulösen Beinen.
Er lebte, war gesund und bei ihr - genau, wie sie es sich damals erträumt hatte. Gott hat meine Gebete beantwortet, wurde sie sich plötzlich bewußt, und diese Erkenntnis erfüllte sie mit tiefer Freude und Dankbarkeit. Er hatte ihr Jordan wiedergegeben und half ihr nun sogar dabei, diesen liebevollen, herrischen, zärtlichen, klugen und mitunter zynischen Mann zu verstehen, den sie liebte.
Gedankenverloren öffnete Alexandra die Tür, als plötzlich irgend etwas zu Boden fiel. Sie drehte sich um und entdeckte einen Rohrstock, der offenbar am Türrahmen gelehnt hatte. Angewidert hob sie ihn auf und warf krachend hinter sich die Tür ins Schloß. Als sie gleich darauf im Flur einem Diener begegnete, warf sie ihm den Stock zu und rief: »Verbrennen Sie das.«
Vom Fenster des Arbeitszimmers aus sah Jordan, wie Alexandra mit einigen Büchern im Arm auf die Ställe zuging. Ein nahezu übermächtiger Wunsch, sie zurückzurufen und den Tag mit ihr zu verbringen, stieg in ihm auf. Sie fehlte ihm schon jetzt.
Zwei Stunden später nahm Adams, Jordans Schreiber, der mit einer Feder in Bereitschaft saß, um den Rest des Briefes an Sir George Bently zu Papier zu bringen, einigermaßen verstört wahr, daß Seine Gnaden mitten im Diktat verstummt war und versonnen zum Fenster hinausblickte.
Verunsichert über die ungewöhnliche Konzentrationsschwäche des Herzogs räusperte sich Adams.
Jordan riß seine Aufmerksamkeit von einer Herde Schäfchenwolken am ansonsten strahlendblauen Himmel los, richtete sich schuldbewußt auf und blickte den Schreiber an. »Wo war ich?«
»Bei dem Brief an Sir George«, erwiderte Adams. »Sie wollten gerade Anweisungen für die Verwendung der Gewinne aus der letzten Fahrt von The Citadel geben.«
»Ja, natürlich«, sagte Jordan und sah wieder zum Fenster hinaus. Eine der Wolken veränderte sich und nahm die Form einer riesigen Möwe an. »Schreiben Sie ihm, er soll die Sea Gull ... äh, The Valkyrie für das unverzügliche Auslaufen vorbereiten lassen.«
»The Valkyrie, Euer Gnaden?« fragte Adams verdutzt nach.
Nur zögernd löste sich der Blick des Herzogs vom Fenster. »Hatte ich das nicht gerade gesagt?«
»Nun ja, sicher. Aber im Absatz davor fordern Sie Sir George auf, The Four Winds vorzubereiten.«
Verblüfft bemerkte Adams, daß ein Ausdruck höchster Verlegenheit das Gesicht seines Herrn überzog, bevor er seine Dokumente aus der Hand legte und knapp sagte: »Das wäre es für heute, Adams. Wir fahren morgen nachmittag fort wie gewohnt.«
Noch während sich Adams insgeheim fragte, welch dringende Verpflichtung den Herzog dazu veranlaßte, zum zweiten Mal in acht Jahren ihr nachmittägliches Ritual abzubrechen - das erste Mal hatte sich am Tag der Bestattung des Onkels des Herzogs ereignet fügte der gelassen hinzu: »Nein, morgen nachmittag geht es auch nicht.«
Adams blieb stehen und starrte seinen Herrn an wie vom Donner gerührt.
»Ich habe für den Nachmittag eine Verabredung«, erklärte der Herzog kühl. »Zu einem Ausflug.«
Ich habe einfach zu lange hinter dem Schreibtisch gesessen, daher diese Rastlosigkeit, sagte sich Jordan, verließ das Haus und lief auf die Ställe zu. Aber als Smarth herbeigeeilt kam und fragte, ob er ein Pferd für ihn satteln solle, änderte Jordan seine Meinung und begann auf das Cottage am Rand des Waldes zuzuschlendern, in dem Alexandra Unterricht gab, wie sie gesagt hatte.
Wenige Minuten später drang Gesang an sein Ohr, und als er die beiden Holzstufen zum Cottage hinaufging,
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