Lass mich deine Liebe spueren_Zwei Maenner fuer die Herzogin
wirklich gelassenen und selbstsicheren Ehefrauen ließ ihre unverstellte Offenheit und ihr sanftes Lächeln sie weicher, weiblicher erscheinen. Im Meer der Blondinen mit milchweißer Haut funkelte Alexandra mit ihrem frischen Teint und ihren Mahagonihaaren wie ein Juwel auf blassem Satin.
Sie war impulsiv, heiter und unbeschwert, aber Alexandras Beliebtheit war in erster Linie nicht ihrer Schönheit, ihrem Verstand oder der Aussteuer zu verdanken, die ihr Anthony ausgesetzt hatte, auch nicht den wichtigen familiären Beziehungen zur Familie Townsende, die sie in ihre nächste Ehe einbringen würde: Sie war zu einem erregenden Rätsel, zu einem Mysterium geworden.
Da sie mit Englands begehrenswertestem und berüchtigtstem Lebemann verheiratet gewesen war, ging man selbstverständlich davon aus, daß der sie höchst erfahren in den Liebesakt eingeführt hatte. Und doch ging in ihren unbeschwertesten Momenten eine Frische und Unschuld von ihr aus, die die meisten Männer zögern ließ, sich ihr gegenüber Freiheiten herauszunehmen. Sie umgab eine gewisse Aura stolzer Würde, die einen Mann davor warnte, ihr allzu nahe zu kommen.
»Sie bringt mich dazu, alles über sie in Erfahrung bringen zu wollen«, erklärte einer ihrer glühendsten Verehrer, Lord Merriweather, »und zur gleichen Zeit vermittelt sie mir das Gefühl, das nie wirklich zu können. Ich sage Ihnen, Hawthornes junge Witwe ist ein Mysterium. Und ein verdammt verlockendes.«
Als ihr Roddy Merriweathers Worte wiederholte, kämpfte Alexandra tapfer gegen einen Lachanfall an. Sie wußte genau, warum der elegante Gentleman sie für mysteriös und unbegreiflich hielt: weil Alexandra Townsende unter ihrer sorgsam erworbenen Tarnung einer gesellschaftsfähigen Lady eine komplette Heuchlerin war!
Nach außen hin hatte sie zwar die Haltung lustloser Nonchalance übernommen, die unter den Oberen Zehntausend - besonders aber unter Jordans arroganten Freunden — en vogue war, aber es gelang den gesellschaftlichen Strukturen nicht, Alexandras natürliche Überschwenglichkeit oder ihren gesunden Menschenverstand zu unterdrücken. Sie konnte den leichten Spott in ihren Augen nicht verbergen, wenn ihr jemand übertrieben blumenreiche Komplimente machte, noch ihre Begeisterung verhehlen, wenn sie zu einem Rennen im Hyde Park herausgefordert wurde, oder ihre Faszination unterdrücken, wenn ihr ein bekannter Entdecker erzählte, er hätte auf seinen kürzlichen Streifzügen durch den Urwald eines fernen Kontinents Menschen getroffen, die mit in tödliches Gift getauchten Speeren bewaffnet waren.
Die Welt und ihre Bewohner waren wieder so aufregend und interessant wie zu jener Zeit geworden, als sie als kleines Mädchen auf den Knien ihres Großvaters gesessen hatte.
Kapitel 17
Auf die dringliche Bitte seiner Großmutter hin kam Anthony in den Salon geschlendert und traf sie am Fenster an, wo sie auf die Reihe der eleganten Kutschen hinausblickte, die von ihrer üblichen Nachmittagsparade durch den Park zurückkehrten.
»Komm her, Anthony«, forderte sie ihn auf. »Sieh auf die Straße hinaus und sage mir, was du da siehst.«
Anthony blickte durch die Scheiben. »Die Kutschen kommen aus dem Park zurück. Das sehe ich jeden Tag.«
»Und was siehst du noch?«
»Ich sehe, daß in einer der Kutschen Alexandra neben John Holliday sitzt. Der Zweispänner hinter ihnen gehört Peter Weslyn. In seiner Begleitung befindet sich Gordon Bradford. Die Kutsche vor Hollidays ist die von Lord Tinsdale, der bereits zusammen mit Jimmy Montfort im Salon sitzt. Der arme Holliday.« Anthony schmunzelte. »Er hat mir mitteilen lassen, daß er mich heute nachmittag unter vier Augen zu sprechen wünscht. Wie auch Weslyn, Bradford und Tinsdale. Das bedeutet natürlich, daß sie um ihre Hand anhalten wollen.«
»Natürlich«, wiederholte die Herzogin grimmig, »und genau darauf will ich hinaus. So geht es nun schon nahezu einen Monat Tag für Tag: Die Verehrer marschieren zu zweit und zu dritt an, behindern den Verkehr auf der Straße, verstopfen den Salon, aber Alexandra hat nicht die geringste Lust zum heiraten, und das hat sie vielen von ihnen auch sehr deutlich zu verstehen gegeben. Dennoch stürmen sie dieses Haus unverdrossen mit Bouquets in den Händen und verlassen es wieder mit schierer Mordlust in den Augen.«
»Jetzt übertreibst du aber, Grandmama«, sagte Anthony lächelnd.
»Ich übertreibe nicht im geringsten«, fuhr sie ihn an. »Ich mag vielleicht alt sein, aber ich bin
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