Lass mich deine Liebe spueren_Zwei Maenner fuer die Herzogin
eine junge Lady kennenlernen und nach Ablauf der Trauerzeit heiraten könnte. Doch stets hatte er diesen Gedanken wieder abgetan. Sein Cousin hatte nicht mehr Neigung gezeigt als er selbst, sich zu binden.
Jordan hatte gleichfalls darüber nachgedacht, daß auch Alexandra jemanden kennenlernen und den Wunsch nach Heirat verspüren könnte - aber doch nicht so verdammt schnell!
Aber etwas hatte er sich nie vorgestellt, selbst in seinen schlimmsten Alpträumen nicht: daß sich Tony aus einem irregeleiteten Ehrgefühl heraus dazu veranlaßt sehen könnte, Jordans arme Witwe zu heiraten. Verdammt! dachte Jordan, als die Kuppel von St. Paul’s endlich in Sicht kam. Was konnte Tony nur bewogen haben, etwas so Aberwitziges zu tun?
Mitleid, schoß es Jordan durch den Kopf. Mitleid hatte ihn dazu bewogen. Das gleiche Mitleid, das Jordan der kleinen Waise gegenüber empfand, die ihm das Leben gerettet hatte und mit riesigen, bewundernden Augen zu ihm blickte.
Mitleid hatte diese Fast-Katastrophe herbeigeführt, und Jordan blieb nichts anderes übrig, als diese Eheschließung unter allen Umständen zu verhindern, denn sonst würden sich Alexandra und Tony in aller Öffentlichkeit des Vergehens der Bigamie schuldig machen.
Noch bevor die Mietkutsche zum Stehen kam, stürmte Jordan bereits die breite Treppe zur Kathedrale hinauf, noch immer von der Hoffnung beseelt, die Trauung hätte vielleicht noch nicht begonnen. Doch diese Hoffnung erstarb jäh, als er das Portal aufriß und Braut und Bräutigam vor dem Altar stehen sah.
Er schloß die mächtige Eichentür hinter sich und schritt den Mittelgang entlang. Rechts und links von ihm begannen ihn Gäste zu erkennen. Ein Raunen machte sich breit. Ein Raunen, das zu einem Brausen anschwoll. Alexandra hörte die Unruhe hinter sich und blickte unsicher zu Anthony, der sich jedoch ganz auf die feierlichen Worte des Erzbischofs konzentrierte: »So jemand unter euch ist, der von Gründen weiß, die gegen eine Ehe zwischen diesem Mann und dieser Frau sprechen, dann soll er jetzt das Wort erheben oder für immer schweigen...«
Für den Bruchteil einer Sekunde herrschte absolute Stille — die angespannte Stille, die stets dieser uralten Aufforderung folgt —, doch diesmal wurde sie von einer tiefen Baritonstimme durchbrochen: »Es gibt einen Grund...«
Tony fuhr herum, der Erzbischof riß den Mund auf, Alexandra erstarrte, und dreitausend Gäste riß es von ihren Sitzen. Vor dem Altar entglitt Melanie Camden das Rosenbouquet, Roddy Carstairs grinste breit, und Alexandra stand da, fest davon überzeugt, daß es ein Traum war, ein Traum sein mußte - denn sonst würde sie mit Sicherheit den Verstand verlieren.
»Auf welcher Grundlage erheben Sie Einwände gegen diese Eheschließung?« erkundigte sich der Erzbischof schließlich mürrisch.
»Auf Grundlage der Tatsache, daß die Braut bereits verheiratet ist«, erwiderte Jordan und klang fast erheitert. »Mit mir.«
Seine Stimme! Also war es kein Traum! Ein unbändiges Glücksgefühl stieg in Alexandra auf und löschte jede Erinnerung an seinen Verrat und Betrug aus. Langsam drehte sie sich um, befürchtete noch immer irgendeine grausame Täuschung, und sah ihn dann an. Es war Jordan! Er lebte. Sein Anblick ließ sie nahezu auf die Knie sinken. Er stand da, blickte sie an, ein leichtes Lächeln spielte um seine Lippen.
Tieferschüttert und unendlich glücklich streckte Alexandra im Geist die Hand aus, um sein geliebtes Gesicht zu berühren, sich zu vergewissern, daß er Wirklichkeit war. Sein Lächeln vertiefte sich, als könne er ihre Berührung spüren. Sein Blick wanderte über ihr Gesicht, nahm die Veränderung ihres Äußeren wahr, aber dann, aus keinem erkennbaren Grund, verhärtete sich seine Miene; er sah Tony scharf und beschuldigend an.
Die Herzoginwitwe verharrte reglos auf ihrem Platz in der ersten Bank, die rechte Hand an der Kehle, die Augen ungläubig auf Jordan gerichtet. In der allgemeinen Erstarrung schien sich lediglich Onkel Monty seine Aktivität bewahrt zu haben; vermutlich hinderte ihn die heimlich genossene Flasche Madeira daran, Jordans Profil zu erkennen. Er erinnerte sich jedoch lebhaft an die Ermahnungen der Herzogin im Hinblick auf die Würde dieser Hochzeit, und so hielt er es für seine Pflicht, den Störer zur Ordnung zu rufen. »Setzen Sie sich, Mann! Und rühren Sie sich nicht, bevor der Erzbischof die Zeremonie beendet — sonst bekommen Sie es mit der Herzogin zu tun!«
Seine Stimme brach den
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