Lass mich deine Liebe spueren_Zwei Maenner fuer die Herzogin
Lage waren, den Prinzregenten und die Vielzahl der anderen Besucher zufriedenstellend zu empfangen. Aber sie vor den Augen der anderen Diener kurzerhand in die Küche zu schicken, anstatt ihnen andere weniger demütigende Aufgaben zu übertragen, war ebenso ungerecht wie unbarmherzig. Darüber hinaus war es ihrer Vermutung nach ein kindischer Racheakt.
»Würden Sie Seiner Gnaden bitte sagen, daß ich ihn sprechen möchte«, sagte sie. »So bald wie möglich.«
»Seine Gnaden wünscht Sie gleichfalls zu sehen. Um halb zwei in seinem Arbeitszimmer.«
Alexandra blickte auf die Standuhr. Noch drei Stunden und fünfzehn Minuten bis zu der Konfrontation mit ihrem Mann. Sie mußte also noch drei Stunden und fünfzehn Minuten warten, bis sie ihm mitteilen konnte, daß die Heirat mit ihm ein Fehler gewesen war, und daß sie die feste Absicht hatte, diesen Fehler wiedergutzumachen. In der Zwischenzeit würde sie die Herzogin und Tony aufsuchen.
»Alex«, rief Tony von der anderen Seite des Korridors her, als sie gerade die Hand hob, um an die Tür der Herzogin zu klopfen. »Wie geht es dir heute morgen?« fragte er und kam schnell auf sie zu.
Alexandra lächelte ihn liebevoll an. »Sehr gut. Ich bin früh zu Bett gegangen und habe die ganze Nacht hervorragend geschlafen. Und du?«
»Ich habe kaum ein Auge zugemacht«, bekannte er schmunzelnd. »Hast du das schon gesehen?« Er reichte ihr die Zeitung.
Alexandra schüttelte den Kopf und überflog den ausführlichen Bericht über Jordans Entführung, Flucht und sein mutiges Einstehen für einen Mitgefangenen, einen Amerikaner, den er mehrmals unter Einsatz des eigenen Lebens gerettet hatte.
Die Tür zur Suite der Herzogin schwang auf, und zwei Diener mit schweren Truhen auf den Schultern traten heraus. Die Herzoginwitwe stand in der Mitte des Raumes und gab drei Zimmermädchen Anweisungen, die ihre Habseligkeiten in weiteren Truhen verstauten. Als sie Alexandra und Tony sah, entließ sie die Mädchen, sank in einen Sessel und strahlte die beiden jungen Leute an, die ihr gegenüber Platz nahmen.
»Warum lassen Sie packen?« erkundigte sich Alexandra ahnungsvoll.
»Anthony und ich ziehen in meine Stadtvilla«, erwiderte sie so selbstverständlich, als wundere sie sich über Alexandras Frage. »Schließlich ist dein Ehemann wieder da, so daß du keine Anstandsdame mehr brauchst.«
Bei den Worten »dein Ehemann« krampfte sich Alexandras Magen fühlbar zusammen.
»Du armes Kind«, erklärte die Herzogin, der Alexandras Angespanntheit nicht entgangen war. »Was du in deinem jungen Leben nicht schon alles erdulden mußtest. Aber die Ereignisse gestern waren mit Sicherheit der größte Schock für dich. In ganz London wird von nichts anderem mehr gesprochen. Ich bin jedoch davon überzeugt, daß wir in zwei oder drei Tagen unsere Aktivitäten wieder aufnehmen sollten, als wäre nichts geschehen. Die Gesellschaft wird selbstverständlich davon ausgehen, daß Anthony dich aus Pflichtgefühl gegenüber seinem >dahingeschiedenen< Cousin heiraten wollte, und daß sich nun, da Jordan wieder da ist, alles zu aller Zufriedenheit gelöst hätte.«
Alexandra bezweifelte sehr, daß die Gesellschaft so denken würde, und gab ihrer Skepsis auch Ausdruck.
»Sie werden, liebes Kind«, entgegnete die Herzogin hoheitsvoll, »weil ich genau das einigen meiner Freunde erklärt habe, die mir gestern nachmittag Besuche abstatteten, während du geruht hast. Darüber hinaus hat Anthony im vergangenen Jahr unübersehbares Interesse an Sally Farnsworth bekundet, was der Annahme durchaus Glaubwürdigkeit verleiht, er hätte dich aus Pflichtgefühl heiraten wollen. Meine Freunde werden das in die richtigen Ohren flüstern, und du wirst überrascht sein, wie schnell es die Runde macht.«
»Wie können Sie da so sicher sein?« wollte Alexandra wissen.
Die Herzoginwitwe hob die Brauen und lächelte. »Weil meine Freunde viel zu verlieren haben, wenn sie sich nicht exakt so verhalten, wie ich es von ihnen erwarte. Nicht wen man kennt ist entscheidend, liebes Kind, was man über jemanden weiß, ist wichtig. Und ich weiß genug, um den meisten meiner Freunde das Leben sehr unbehaglich machen zu können.«
Tony lachte. »Du bist durch und durch skrupellos,' Grandma.«
»Das stimmt«, räumte sie unverblümt ein. »Du scheinst noch immer zu zweifeln, Alexandra? Warum?«
»Zunächst einmal, weil Ihre Pläne voraussetzen, daß wir uns alle sofort wieder in die Öffentlichkeit begeben. Ihr anderer
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