Lass nur dein Herz entscheiden
fast ins Unerträgliche. Ich brauche ihn, dachte sie hemmungslos. Zittrig holte sie Atem, als Jay den Mund zu ihrem Hals gleiten ließ und dann zum Ausschnitt ihres T-Shirts. Er war der einzige Mann, den sie jemals lieben würde …
Die Küsse wurden sanfter, und Jay legte ihr die Hände um die Taille. Zuerst begriff Miriam nicht, was da gerade passierte. Erst als er aufsah und einen Schritt zurücktrat, verstand sie, dass er sie losgelassen hatte. Bebend blickte sie Jay an. Das markante Gesicht war ein kleines bisschen gerötet, abgesehen davon war er völlig beherrscht.
„Wir werden nicht weitermachen. Ich will dir nicht noch mehr Munition liefern, die du gegen mich verwenden kannst.“
„Was?“ Mit sehnsuchtsvollem Blick starrte sie ihn an.
„Es wäre so einfach, jetzt gleich mit dir ins Bett zu gehen.“ Jay machte noch einen Schritt zurück, drehte sich um und setzte sich wieder an den Tisch. Grüblerisch betrachtete er Miriam. „Aber es wäre eine einmalige Sache, oder? Und hinterher würdest du dir einreden, dass ich Sex benutzt habe, um dich zurückzubekommen oder dich zu kontrollieren. Siehst du, ich beginne langsam, dich zu durchschauen, mein Schatz.“
Gern hätte sie Jay mit einer schlagfertigen Antwort in die Schranken verwiesen, stattdessen brachte sie nur matt heraus: „Du scheinst ja ziemlich selbstsicher zu sein, wenn du glaubst, es wäre so einfach, mit mir ins Bett zu gehen. Ich habe nicht die Absicht, mit dir zu schlafen.“
Sein Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln. „Wir beide wissen, dass ich dich dazu überzeugen könnte.“
Was für ein riesengroßes Ego er hat, dachte Miriam bitter. Leider durfte sie ihn nicht herausfordern, weil die vergangenen Minuten bewiesen hatten, dass sie sich nicht trauen konnte. Jay verstand sich eindeutig besser auf die Kunst der Selbstbeherrschung. Dennoch schien für ihn alles nur ein Spiel zu sein. Kein Wunder, er hatte noch nie erlebt, dass eine Frau ihn verließ. Bevor er Miriam kennengelernt hatte, war es immer umgekehrt gewesen. Wie er selbst zugegeben hatte, war er der typische Casanova gewesen, der Frauen verführte und ihnen kurz darauf Adieu sagte.
„Sex ist nur ein Bestandteil einer glücklichen Ehe“, sagte Miriam ausdruckslos.
„Du sprichst mir aus der Seele. Aber wie wir beide wissen, haben wir auf diesem Gebiet keine Probleme“, erwiderte Jay gelassen. „Wir müssen an allem anderen arbeiten.“
Miriam trank ihren Kaffee aus, bevor sie Jay wieder ansah. Mit unergründlichem Blick beobachtete er sie. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Jay ist so attraktiv, dachte sie verzweifelt. So selbstsicher und ausgeglichen.
Sie hätte sich niemals in ihn verlieben dürfen. Dass ein Mann wie er nichts für sie war, hatte sie gleich gewusst. Deshalb hatte sie sich am Anfang eingeredet, dass er nur an einer kurzen, unbeschwerten Romanze interessiert sei.
Nachdem sie ein paar Wochen miteinander ausgegangen waren, hatte er eines Tages zu ihr gesagt, er liebe sie. Was er für sie empfinde, sei keine flüchtige Zuneigung, sondern das einzig Wahre. Eine Bindung für immer. Miriam hatte sich in seine Arme geworfen und ihm gestanden, sie empfinde ebenso. Und das war es gewesen. Bald danach hatte sie ihn in einem zarten Brautkleid und mit Orangenblüten im Haar geheiratet. Ihre Mutter hatte Freudentränen vergossen.
Der Gedanke verstärkte den Verdacht, der während der vergangenen Tage an Miriam genagt hatte. „Hast du mit meiner Mutter gesprochen?“ Es war doch seltsam, dass sich Jay ausgerechnet in der Woche bei ihr meldete, in der sie ihrer Mutter mitgeteilt hatte, sie werde ihn um die Scheidung bitten.
Einen Moment lang blickte Jay sie forschend an. „Wir reden oft miteinander.“
Besonders überrascht war Miriam nicht. In ihrer Ehe hatte es keine Schwiegermutterprobleme gegeben. Jay und Anne hatten sich vom ersten Tag an gegenseitig bewundert. „Ich verstehe.“
„Was verstehst du?“, fragte Jay spöttisch.
„Sie hat dir erzählt, dass ich dich um die Scheidung bitten würde.“
„Ach ja?“
„Hat sie?“
„Warum fragst du, wenn du schon davon überzeugt bist? Du wirst mir doch sowieso nicht glauben, falls meine Antwort deiner Meinung widerspricht.“
Dass er wieder einmal recht hatte, regte Miriam auf. „Es muss schön sein, über jeden alles zu wissen“, entgegnete sie bissig.
Er ließ sich einfach nicht ärgern. „Ist es.“
„Ich möchte ja nicht unhöflich sein, aber ich habe heute noch eine Menge
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