Lass nur dein Herz entscheiden
herausgefordert, indem ich die Wahrheit hören wollte, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit.“ Er musterte Miriam einen Moment lang. „Was soll ich nun dagegen tun? Soll ich mich verunstalten, mein Vermögen verspielen und Landstreicher werden? Wie willst du das Problem lösen?“
Die Scheidung …
Wieder erriet Jay, was sie dachte. „O nein, Miriam. Kommt nicht infrage. Nicht für mich.“
Gequält und trotzig blickte sie ihn an. Die vergangenen Monate waren schwer genug gewesen, ein zweites Mal würde sie das nicht durchstehen.
„In Ordnung, wir bleiben bei dem Kompromiss.“ Plötzlich war Jays Ton kühl und distanziert. „Wir sehen uns bis Weihnachten regelmäßig. Wenn du dann noch immer die Scheidung verlangst, gebe ich auf und richte mich nach deinen Wünschen.“
Noch nie in ihrem ganzen Leben, nicht einmal in dem Moment, in dem sie Jay und Belinda zusammen erwischt hatte, war es Miriam so schlecht gegangen. Aber am Ende würde sie bekommen, was sie wollte, nicht wahr? Die Scheidung.
Jay wandte sich ab und zog seine Lederjacke an. „Ich warte im Auto auf dich. Wir verbringen den restlichen Tag zusammen. Deshalb möchtest du dich wahrscheinlich umziehen. Da du ein bisschen … beengt wohnst und wir uns einig sind, es fürs Erste bei einer platonischen Beziehung zu belassen, ist es dir doch sicher lieber, wenn ich unten warte. Habe ich recht?“
„Das brauchst du nicht zu tun.“ Miriam wusste nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. „Mich umzuziehen dauert nicht lange.“
„Besser nicht. Unter Umständen würde ich dich unbekleidet sehen“, sagte Jay spöttisch. „Und ich bin auch nur ein Mensch, mein Schatz.“
5. KAPITEL
Nachdem er hinausgegangen war, stand Miriam einen Moment lang wie betäubt mitten im Zimmer.
Habe ich wirklich zugestimmt?, fragte sie sich ungläubig und begann sich fertig zu machen. Sie war nicht sicher, wieso, aber irgendwie war es passiert. Was bewies, dass sich nichts geändert hatte. Jay setzte sich immer durch.
Sie presste die Hände an ihre heißen Wangen, wütend darüber, wie sehr sie diese Geschichte aufwühlte. Trotz allem war es ein berauschender Gedanke, Zeit mit Jay zu verbringen. Was nur noch einmal bestätigte, dass sie es nicht tun sollte. Sie musste ihn vergessen, seinen Charme ignorieren. Leider genügte der bloße Wille dafür nicht.
Nach der Trennung hatte Miriam sich geschworen, seelisch und körperlich Abstand zu Jay halten würde. Wenn sie ihn nicht an sich heranließ, konnte er ihr auch nicht wieder wehtun. Eigentlich sehr vernünftig. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass sich ihre Vernunft verabschiedete, sobald sie mit ihm zusammen war.
Unsicher betrachtete Miriam den Inhalt ihres Kleiderschranks. Was war das Richtige für diesen Tag? Er sollte nicht denken, dass sie sich zu sehr bemühte. Wie die arme Verwandte wollte sie allerdings auch nicht aussehen.
Am Ende entschied sich Miriam für ein kaffeebraunes Wollkleid und eine taillenlange cremefarbene Kaschmirstrickjacke. Vor Kurzem hatte sie sich Wildlederstiefel und einen Kapuzenmantel in derselben Farbe für den Winter gegönnt, und trotz des Sonnenscheins war es draußen kalt genug, um beides anzuziehen. Sie ließ ihr Haar offen, trug nur Mascara und Lipgloss auf und steckte schlichte silberne Ohrringe in Reifenform an.
Bevor sie nach unten ging, warf Miriam einen Blick in den Spiegel. In den hochhackigen Stiefeln wirkten ihre Beine länger und schlanker. Auch hatte es sich gelohnt, für den Mantel ein Vermögen auszugeben.
Als sie in der Eingangshalle ankam, öffnete Clara ihre Wohnungstür und musterte Miriam anklagend. „Bitte sag mir, dass ich mich irre“, rief Clara theatralisch. „Sag mir, dass der Mistkerl da draußen in seinem Auto nicht auf dich wartet.“
Miriam musste einfach lächeln. „Wir essen zusammen zu Mittag“, gab sie zu. Das Abendessen erwähnte sie lieber nicht. „Es gibt einiges zu besprechen.“
Ihre Freundin verdrehte die Augen. „Wie ein Lamm zur Schlachtbank.“
„Nein. Ich weiß, was ich tue.“
„Bei einem Mann wie deinem Ex? In der Nähe so eines Typs weiß keine Frau, was sie tut. Er wird dich davon überzeugen, dass Schwarz Weiß ist. Und im Handumdrehen wirst du neben ihm aufwachen und seine Socken waschen.“
„Ich doch nicht“, erwiderte Miriam. „Mit diesem Lebensmodell bin ich fertig.“
„Ein paar von deinen Freundinnen mögen dir das glauben, ich nicht.“ Die Hände in die Seiten gestemmt, blickte Clara sie finster an.
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