Lass sie bluten
Klappe schlagen können.
Beim Zugriff vor ca. drei Stunden wurde einer der Verdächtigen festgenommen. Ein anderer Verdächtiger, Jorge Salinas Barrio, dem es in einer spektakulären Aktion gelang zu entkommen, befindet sich noch immer auf freiem Fuß, allerdings läuft im Augenblick eine intensive Fahndung nach ihm. Der Überfall in Tomteboda und der Hintergrund des Schokoritters als Polizist lassen erwarten, dass die Medien den missglückten Einsatz gestern Nacht groß herausbringen werden. Deshalb wollte ich Dich darüber informieren, warum sich der Schokoritter während des Zugriffs vor Ort befand. Ich hoffe, dass es gelungen ist, Salinas Barrio festzunehmen, wenn Du diese Zeilen liest, damit wir von weiteren Schikanen durch unsere geschätzte linkslastige Presse verschont bleiben.
Ich möchte noch hinzufügen, dass die sogenannten Neigungen des Schokoritters die Operation im Übrigen nicht beeinträchtigt zu haben scheinen.
Ich werde Dich ferner morgen um neun Uhr anrufen. Bitte zögere nicht, Kontakt zu mir aufzunehmen, wann immer Du es für nötig hältst.
Schließlich möchte ich vorschlagen, dass wir im Hinblick auf unseren Mailverkehr auch in Zukunft den verabredeten Verschlüsselungsmodus anwenden.
Lennart
51
Natalie taten die Füße weh, sie hatte blaue Flecken von den Tritten, die sie Marko verpasst hatte.
Es war neun Uhr abends. Es waren noch nicht einmal vierundzwanzig Stunden vergangen, seit sie diesem miesen Verräter gegeben hatte, was er verdiente. Es war noch weniger Zeit vergangen, seit Mischa Bladman sie angerufen und ihr mitgeteilt hatte, dass die Russen sich eingemischt hätten. Und da wusste Bladman noch nicht, was sie mit Marko gemacht hatten.
Dennoch: Er agierte schnell. Als sie ihn zurückrief und sagte, dass sie sich mit JW treffen wollte, organisierte er es sofort.
Und jetzt saß sie hier, in einer der Exekutivsuiten im Hotel Diplomat, und wartete. Natalie war eigentlich froh, dass Bladman sie angerufen und sich über Moskau beschwert hatte – so wurde schließlich JW gezwungen, sich erneut mit ihr zu treffen.
Die Suite lag über Eck mit Aussicht über die Bucht Nybroviken und war offenbar von einem speziellen Innenarchitekten geplant worden. Schlafzimmer mit Luxusbett, Wohnzimmer mit Luxussofa und Badezimmer mit eigener Dampfsauna. Bademäntel von Pelle Vävare. Produkte von L’Occitane. Helle Farben, schlichte Muster, hauchdünne Gardinen, die das fahle Herbstlicht hereinließen. Der Parkettboden knarrte altmodisch und wirkte authentischer als ihr frisch verlegter Holzboden zu Hause in Näsbypark. Überall standen frische Blumen, sogar im Badezimmer.
Adam saß auf dem Sofa und spielte mit seinem Handy. Er wirkte entspannt. Natalie wusste, dass er mindestens zwei Waffen bei sich trug.
Sie hatte die Balkontüren geöffnet. Vierter Stock, sie dürften sicher sein. Adam im Wohnzimmer und ein anderer Leibwächter unten in der Lobby – seit der Konflikt mit Stefanovic eskaliert war, fühlte sie sich nur noch zu Hause in der Villa und im Hotelzimmer sicher.
Aber die Angst war dennoch immer da. Sie fuhr ihr wie ein Schauder über den Rücken, es war wie das Gefühl, die ganze Zeit über beobachtet zu werden. Sie trank kein gewöhnliches Red Bull mehr, sondern Red Bull Energy Shot – nicht weil es so viel stärker wäre, sondern weil sie es schneller trinken konnte. Sie trank gleich zwei auf einmal. Sie nahm Valeriana, um sich zu entspannen. Sie machte sich Kamillentee, um sich zu beruhigen. Sie konnte sich nicht entscheiden. Wollte sie zu Bett gehen und schlafen, oder wollte sie von vierundzwanzig bis sieben Uhr morgens wachbleiben?
Sie musste an die vorläufigen Ergebnisse von Ulf Bergström, dem Kriminaltechniker bei Forensic Rapid Research, denken, dem Privatlabor, das sie beauftragt hatten. Er hatte keine verwertbare DNA gefunden. Aber auf zwei Pistolen aus dem Black & White Inn hatten sie Fingerabdrücke sichern können, die deutlich genug waren, um im Register nach ihnen suchen zu können. Derjenige, der den Plastiksprengstoff, die russische Waffe – höchstwahrscheinlich eine Stetschkin – und die Glock gekauft hatte, hatte ebenfalls diese Pistolen berührt. Natalie erwog, die Informationen an die Bullen weiterzugeben, damit sie in ihren Registern suchen konnten. Doch Thomas riet ihr ab. Er wollte es lieber selbst versuchen – vielleicht konnte er Zugang zu den Registern erhalten, ohne die Polizei formell involvieren zu müssen. In ein paar
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