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Lass sie bluten

Lass sie bluten

Titel: Lass sie bluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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ausfindig machen. Wer es auch war, sie mussten ihn bestrafen. Natalie fiel lediglich ein einziges Wort ein, wenn sie an die Schüsse dachte. Rache.
    Mama schien wie in Trance zu agieren. Sie war gestresst, meinte, dass so viele Dinge zu erledigen wären. Natalie fragte sich, ob Mama nicht ähnlich dachte wie sie selbst.
    Stefanovic war bei ihnen gewesen. Tagsüber kommandierte er die Handwerker herum, die neue Alarmanlagen installierten, die bisherigen Fensterscheiben gegen stabileres Material austauschten, die Gitter hinter den Außentüren erneuerten und diverse neue Kameras an der Kiesauffahrt, vor der Garage, an den beiden Längsseiten unterhalb des Dachs sowie über dem Eingang und der Küchentür zum Garten installierten. Sie hatten sogar draußen auf dem Rasen einige Kameras auf kurze Pfähle montiert. Schließlich war Stefanovic herumgegangen und hatte die Arbeit der vergangenen Tage inspiziert. Er stellte selber mobile Warnmelder in jedem Zimmer auf – sie erinnerten an kleine Fernbedienungen. Er kontrollierte die Bewegungsmelder, die an der Decke angebracht waren und auch dann aktiviert sein konnten, wenn Natalie und Mama zu Hause waren. Er inspizierte ebenfalls die winzigen Magnetkontakte der Sirenen an den Fenstern sowie im Außen- und Innenbereich, die mit einer Direktverbindung zu verschiedenen Securityfirmen versehen waren. Und zu ihm selber. In dieser schwedischen Demokratie war auf die Polizei kein Verlass.
    Kurz gesagt: Stefanovic war überall, immer. Ständig mit einer wichtigen Aufgabe beschäftigt.
    Er schlief sogar im Büro, das heißt in Papas Arbeitszimmer. Ein aufgeklapptes Feldbett und ein Beutel mit Kleidung waren das Einzige, was er dabeihatte. Für alle Eventualitäten, wie er sagte.
    Das Ziel bestand darin, ihnen ein sicheres Gefühl zu vermitteln. Aber nach ein paar Tagen waren weitere Handwerker gekommen, die angefangen hatten, ein neues Zimmer einzubauen. Das, was zuvor der Partyraum gewesen war, wurde mit einer Wand abgeteilt, die sie in einem Metallrahmen errichteten – im Zuge dessen setzten sie schwere Balken sowohl an der Decke als auch entlang der Wände ein. Sie zogen neue Wasserleitungen, installierten Strom und trafen weitere Sicherheitsvorkehrungen, verlegten Metallpaneele an den Wänden sowie auf dem Fußboden.
    Stefanovic erklärte Natalie und Mama das Prozedere: »Es handelt sich um einen Sicherheitsraum, einen
panic room
. Wir haben ja bereits die Fenster und Außentüren im gesamten Haus verstärkt, so dass Zeit genug bleiben wird, um Hilfe zu holen. Aber wenn uns jemand richtig übel mitspielen will und die Fenster nicht genügend abhalten, dann müsst ihr in diesen neuen Raum rein. Er hält viel ab, ist stabiler als ein Panzer.«
    Es war an sich schon verrückt, in ihrem Haus einen panic room einzubauen. Aber da war noch etwas anderes: Er hatte »wir« gesagt – als wäre er ein Teil der Familie. Als springe er als neuer Papa ein.
    Nach einigen Tagen zog Stefanovic aus, und ein Typ namens Patrik zog bei ihnen ein. Natalie war ihm bereits einige Male zuvor begegnet. Patrik war kein Serbe – er war Ultraschwede und sah aus wie ein überdimensionaler Fußballhooligan: verwaschene Tätowierungen mit Wikingermotiven und Runenschrift, die sich entlang seines Halses bis hinauf zum Nacken schlängelten. Patrik trug Pullis mit dem Aufdruck Hackett und Fred Perry, Adidas-Sneaker, Chinos und einen Seitenscheitel.
    Normalerweise hätte Natalie so einem Rassistenschwein nicht eine Sekunde lang über den Weg getraut. Aber Patrik hatte in Papas Unternehmen gearbeitet und für ihn im Gefängnis gesessen. Sie war sogar vor drei Jahren gemeinsam mit Papa auf seiner Entlassungsparty gewesen.
    Stefanovic erklärte ihnen, dass Patrik für längere Zeit bei ihnen wohnen würde. Er zog ins Gästezimmer anstatt ins Büro. Sie stellten einen vernünftigen Kleiderschrank hinein, in dem Patrik seine Polo-Pikees aufhängen konnte, sowie einen verschließbaren Waffenschrank. Er stellte eine kleine Fahne ins Fenster: das Emblem des Fußballclubs AIK auf der einen Seite und ein Bild von einer Ratte im AIK -Trikot auf der anderen.
    Stefanovic meinte: »Patriks Anwesenheit wird euch guttun, bis sich alles wieder beruhigt hat. Er ist ’n ziemlich netter Typ, ich glaub, du wirst ihn mögen.«
     
    Ein paar Tage später. Die Monteure, Installateure, Sicherheitsberater hatten aufgehört, im Haus herumzuspringen. Stattdessen waren sie jetzt umringt von Elektronik und Panzerglas. Seit Natalie

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