Lasse
telefoniert und war sauer.
Wir stiegen ein und ich wartete auf ihren Kommentar.
»Musstest du dich ausgerechnet mit Noras derzeitigem Lieblingsdrehbuchautor anlegen?«
Ich sah überrascht auf. Drehbuchautor? Jemand aus der Branche, das war ja klar. Doch Drehbuchautoren liefen normalerweise nicht unbedingt auf Filmpartys herum. Aber eigentlich war das eine gute Information. Denn meine Mutter kannte bestimmt seinen Namen und so bekam ich Moons Nachnamen heraus.
»Anlegen?«
»Wie nennst du es denn, wenn du seine Tochter vor seinen Augen verführst.«
»Es war ... anders.«
Ich sah weg und biss mir auf die Lippen.
»Anders?«, meine Mutter schnaubte empört. »Ich höre jetzt schon seit einem Jahr diese Geschichten. Immer das Gleiche. Du bist kein kleiner Junge mehr. Und dazu hast du mittlerweile einen Ruf zu verlieren, und zwar als ernsthafter Schauspieler. Die reden ja zurzeit mehr über ...« Sie brach ab, sah mich an, aber ich entgegnete ihren Blick nicht.
»Lasse?« Sie wartete bis ich aufblickte. »Was hast du dazu zu sagen?«
Ich blinzelte. Ich hatte ihr noch nicht einmal richtig zugehört, um mich vor den Vorwürfen zu schützen, die eigentlich den alten Lasse betrafen. Nicht mich.
Sie schüttelte ungläubig den Kopf. »Musste das sein.«
»Es war anders«, beharrte ich wie ein Kleinkind.
Meine Mutter sah mich irritiert an.
»Und ... was ist jetzt zwischen diesem Mädchen und dir?«
Ich zuckte müde mit den Achseln. Keine Ahnung . Ich wusste, dass meine Mutter sich nicht unbedingt in meine Privatsphäre einmischen wollte, es war eher eine pragmatische und auch besorgte Frage, die ich gut verstand. Ich machte mir ja auch Sorgen.
»Nichts. Ich meine, wir hatten uns gerade kennengelernt, da kam ihr Vater dazwischen.« Ich sah zu ihr. »Du weißt, wie er heißt, oder?«
Meine Mutter nickte, startete den Wagen und fuhr an.
»Paul Parker. Ein Amerikaner.« Sie stoppte wieder und erstarrte. »Da läuft was zwischen Nora und ihm, oder?«
Mein Blick sagte wohl alles. Sie fuhr energisch an und seufzte.
»Er ist verheiratet. Mir scheint, du bist nur die Hälfte des Problems, aber du musst es nun wohl ausbaden. Sie hat dich aus allen ihren Filmprojekten rausgenommen.«
»Aus allen Projekten?«
»Ich wollte es dir erst sagen, wenn es spruchreif ist. Sie wollte dich nicht nur in diesem Film gerne besetzten, es gab noch eine andere Rolle. Sie wollte heute sehen, ob der Regisseur und du ... na, ist egal.«
Ganz egal war es mir nicht, aber gerade waren meine Gedanken mit etwas anderem beschäftigt. Moon Parker . Ich holte mein iPhone heraus und begann sofort wieder zu googeln.
Das Ferienhaus lag ungefähr eine halbe Stunde von Filmi Väst entfernt. Es war ein typisches schwedisches Holzhaus mit einer roten Fassade und weißen Fensterläden und Türen, es rief einem Bullerbü! entgegen und strahlte eine fröhliche und warme Stimmung aus. Ein langer, gewundener Weg führte bis auf die Anhöhe, auf der es stand, es war abgelegen und bis zum nächsten Haus musste man eine halbe Stunde laufen.
Als wir die Auffahrt hochfuhren, kam mein Onkel Sven aus dem Haus und winkte. Er war immer in der Gegend geblieben, hatte das Haus seiner Eltern, also meiner Großeltern, geerbt und sich noch dieses dazu gekauft. Wovon war mir nie klar. Als ich klein war, hatte er im Winter immer Tannenbäume in Göteborg verkauft, was ich sehr aufregend fand, aber sicher handelte er auch noch mit einer Menge anderer Dinge. Er war groß und stämmig und fünfzehn Jahre älter als meine Mutter. Als ich ausstieg, umarmte er mich wie einen Sohn, er selber hatte keine Kinder. Wir hatten uns schon fast drei Jahre nicht mehr gesehen, trotzdem verkniff er sich, zu sagen, dass ich groß geworden wäre und all die anderen Floskeln, wofür ich ihm dankbar war.
Im Haus kochte er Tee und ließ uns Zeit anzukommen. Ich war hier erst einmal gewesen, in meiner Kindheit waren wir meist zu meiner Tante Iris gefahren, die zwei Söhne in Oles und meinem Alter hatte. Das Haus war groß, oben gab es drei Schlafzimmer, unten einen Ess- und Wohnbereich und eine Küche.
Ich zog mich sofort zurück und holte mein iPhone wieder heraus. Auf der Fahrt hatte ich kaum Empfang gehabt, hier gab es W-Lan und das Passwort hatte mir Sven genannt. Ich gab Moons Namen ein und klickte herum und konnte nicht glauben, dass sie weder einen Facebook-Account, noch einen Google-Account hatte, sie genauer gesagt im Netz überhaupt nicht aufzufinden war, außer als Mitglied einer
Weitere Kostenlose Bücher