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Lasse

Lasse

Titel: Lasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
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jetzt einfach bei ihr und Krista anklopfen?
    Oben auf dem Flur zögerte ich, dann bog ich doch zum Mädchenflur ab. Leider hatte ich keine Ahnung, in welchem der Zimmer Moon untergebracht war. Ich lauschte an einer der Türen. Nichts. An einigen Zimmern hingen noch die provisorischen Zettel mit den Namen, die man am Anfang angebracht hatte, aber die meisten hatten sie abgenommen. Sollte ich einfach bei Babsie und Saksia nachfragen? Keine gute Idee . Ich ging zurück und schaute ohne wirkliche Hoffnung in den Gemeinschaftsraum, aber auch dort war Moon nicht und schließlich ging ich zu meinem Zimmer, das mich mit der üblichen Nüchternheit empfing.
    Ich traf Moon erst am Morgen. Ich hatte wieder kaum geschlafen und war früh aufgewacht. Langsam wurde es ein Dauerzustand. Da ich diesmal vor Moon im Frühstücksraum sein wollte, setzte ich mich mit meinem Laptop an einen der Tische. Ich hatte mir extra einen Internet-Stick in Hamburg am Bahnhof geholt, damit ich überall googeln und recherchieren konnte.
    Moon kam tatsächlich als erste in den Frühstückraum und obwohl ich das gehofft hatte, war ich überrumpelt. Mein Brustkorb zog sich zusammen, ich hatte sie vermisst. Sie nahm sich etwas vom Buffet und kam zu mir herüber.
    »Wie geht´s?« Sie sah müde aus.
    »Geht so. Wann bist du zurückgekommen?«
    »Gestern, spät.«
    Ich hätte ihr gerne von dem Prozess erzählt, von der Anspannung vorher, die langsam von mir abfiel. Aber dann hätte ich Ole erwähnen müssen und überhaupt alles. Mich erschreckte, wie schnell das ging, von einer Rangelei zu einer Schlägerei und von da zu einem Gerichtsprozess, der eine Haftstrafe bedeuten konnte.
    Ich schob den Bildschirm so, dass Moon mit auf den Laptop schauen konnte.
    »Das hab ich im Netz gefunden.«
    Ich zeigte ihr meine Recherchen über ein überfülltes spanisches Erziehungsheim. Kein Wunder, dass die Jugendlichen dort randalierten und wegliefen. Also war der Film, den wir drehten, gar nicht so weit hergeholt. Wir unterhielten uns darüber und ich spürte, dass Moon nicht erwartet hatte, dass ich mir ernsthaft Gedanken machte. Hielt sie mich für oberflächlich? Oder hatte Krista das behauptet? Natürlich beschäftigte mich das Thema.
    »Würdest du weglaufen?«, fragte Moon und setzte sich endlich mir gegenüber. Würde ich weglaufen ? Zumindest würde ich es versuchen.
    Moon sah mich aufmerksam an. »Da gibt es doch noch die Szene ... in der du diesen Typen niederschlägst, weil er mich, also Ida belästigt. Kannst du dir vorstellen, in solch einem Moment wirklich einen Menschen zu töten?«
    Ich zögerte. Die Wahrheit war: Für Moon würde ich es tun. Ich spürte das genau. Wenn jemand sie angriff, würde ich sie verteidigen. Ohne Frage. Wenn es nötig war bis zum Tod. Meinem oder dem des anderen. Und Jack? Wenn er genauso verliebt in Ida war, wie ich in Moon, dann, ja, könnte ich ihn verstehen. »Jack ist panisch, wütend, er ist verliebt in Ida, er ist eifersüchtig, er schlägt zu. Er will den anderen nicht wirklich erschlagen!«
    Moon nickte. »Im Film macht Ida Jack sogar Vorwürfe.«
    Natürlich. Egal, was im richtigen Leben geschah, im Film musste die Spannung so lange wie möglich erhalten bleiben. Alle Fragen offen, bis zum Ende des Films. Und verrückterweise war es hier, in meinem richtigen Leben mit Moon schon genauso. Ich fragte mich ständig wie sie zu mir stand. Auch jetzt.
    Wir fuhren alle zusammen in dem Produktionsbus ins Umland. Ich saß wieder vorne, zufällig oder vielleicht auch nicht, da alle schon eingestiegen waren, als ich kam. Auf der Fahrt unterhielten sie sich und alberten herum, ich war wieder ausgeschlossen. War das der Preis, den man als »Star« zahlen musste? Es ging um das Bergfest. Hatten wir schon die Hälfte der Drehzeit? Aber es war immerhin ein Fest und sofort hatte ich wieder Hoffnung. Ich kam mir wie ein Teenager vor, der ständig auf Gelegenheiten wartete, um das Mädchen seiner Träume ungestört zu sprechen.
    Wir hielten irgendwo im Niemandsland und Peer erklärte uns, wo unsere Aufenthaltswohnwagen standen. Jack stand an der Tür des kleinen Wohnmobils und innerlich begann ich schon in die Rolle einzutauchen. War Jack mir ähnlich? War ich so mutig? Hätte ich die Truppe aus dem Kinderheim bei der Flucht angeführt? Das war wohl eher Oles Rolle.
    In der ersten Szene rannten wir ein dutzend Mal im Regen auf einen alten Heuschober zu. Ich war froh, dass ich mich körperlich bewegen konnte, jetzt, wo die Anspannung, die

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