Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter: Von Edel-Eltern und ihren Bestimmerkindern (German Edition)
busy, zu erfolgreich ist, um Elternzeit zu nehmen. Unterton: Mein Mann kann das nicht machen, der ist zu wichtig. Subtext: … und wenn er das nicht wäre, hätte ich mir kein Kind von ihm machen lassen. Das, sagt einer der Väter, sei doch echte Diskriminierung, perfide und herabsetzend.
Was ich hier höre, erinnert mich an meinen Freund Robert, der in den nächsten Monaten mit seiner Tochter zu Hause bleiben wird. Die kleine Frieda ist gerade ein halbes Jahr alt geworden, und Roberts Frau Dana freut sich, wieder arbeiten gehen zu können. Und wer freut sich noch? Robert natürlich, denn der ist dermaßen verliebt in seine Kleine und auch ein bisschen genervt von seinem Job, dass er es gar nicht abwarten kann, zu Hause bleiben zu dürfen. Um die Monate bis zu seiner Elternzeit nicht untätig verstreichen zu lassen, um wenigstens einmal in der Woche etwas Besonderes mit Frieda zu machen, gehen die beiden immer mittwochs zur Massage.
»Väter massieren ihre Babys« heißt diese Veranstaltung im städtischen Geburtshaus, organisiert wird sie von einem Mann namens Bert. Eine Stunde lang, erzählt Robert, treffen sich da sechs Väter, kneten an ihren geliebten Kindern rum und plaudern. Natürlich gibt es eigentlich eine zertifizierte Massagetechnik, das muss in Deutschland so sein. »Aber«, sagt Robert, »das hatten wir alle nach zehn Minuten kapiert, wie das geht. Und jetzt quatschen wir eigentlich die ganze Zeit.« Worüber, frage ich. »Das ist fast schon peinlich«, sagt Robert, »grad vorgestern waren Schlagbohrmaschinen unser Thema. Das ist ja was, worüber ich sonst mit niemandem reden kann und will. Aber da, bei den ganzen Männern und dem duftenden Massageöl an den Fingern, kann ich das. Sonst weiß ich eigentlich nix über die anderen, nicht mal, was sie arbeiten, aber die Marke ihrer Bohrmaschine, die kenne ich. Lustig.« Ein angenehmer Termin ist das, findet er. Und das findet auch Dana, denn sie hat dann endlich mal eine Frieda-Pause, Zeit für sich und ihre Hände, die ausnahmsweise mal einen Kaffee statt der Buggystange oder des Frieda-Pos halten dürfen.
Die anderen Mütter sehen das offenbar nicht so. Sie geben nicht nur ihr Kind, sondern gleich auch noch ihren Mann bei Kursleiter Bert ab und fiebern nur so dem Moment entgegen, endlich wieder die Herrschaft übernehmen zu dürfen. Eigentlich, erzählt Robert, sollen die Mütter weggehen, spazieren, Kaffee trinken, egal. Aber sie hauen einfach nicht ab. Und deshalb musste die Geburtshausverwaltung einen extra Warteraum für misstrauische Mütter einrichten. Da sitzen sie nun mit gespitzten Ohren. Fängt ihr Baby an zu weinen, lassen sie es sich nach nebenan reichen und geben ihm die Brust. Robert nennt sie »die Stillrobben«.
Die drei hier beim Papa-Frühstück mögen Frauen, ihre eigenen daheim natürlich ganz besonders. Dennoch, es ist ein angenehmer Zustand, sich nicht vergleichen zu müssen, zumindest bezogen auf die Kinder – im Job sieht die Sache vermutlich wieder anders aus. »Belastend« findet Ricas Papa vor allem »das Care-Kompetenz-Gerangel auf dem Spielplatz«. Im Gegensatz zu den Vätern, hat er beobachtet, machen sich Frauen gegenseitig Konkurrenz darin, wer die aufmerksamste, die schnellste Krisenfall-Mama ist. »Die Mütter«, sagt er, »wittern ständig Gefahr für ihre Kinder. Mag sein, dass das die Natur so eingerichtet hat, trotzdem nervt das Getue am Klettergerüst, wenn ein Kind mal von der Leiter rutscht. Die sind sofort da, flattern um das Kind herum, trocknen die Tränen und ärgern sich auch noch lautstark, dass sie diese Gefahr nicht vorher gesehen haben. Und was machen wir Väter? Wir lassen das Kind runterfallen, warten ab, ob es sich wirklich wehgetan hat, und zücken nur im Ernstfall das Taschentuch. Bis dahin hat längst eine über den Platz getönt: Hol doch mal einer die Mutter! Lustig. In solchen Situationen hab ich immer das Gefühl, die armen Frauen müssen einer Art Mütterbild entsprechen, die vergleichen sich mit den anderen. Sonst stimmt es für sie nicht.«
Ja, schön ist es im Vätercafé. Erstaunlich angenehm. Denn tatsächlich hatte ich erwartet, hier auf eine Gruppe verbitterte Erzeuger zu treffen, die am gerichtlich festgelegten Besuchstag nichts mit sich und dem Kind anzufangen wissen und deshalb hierherkommen, ich hatte vergrätzte, gedemütigte Verlierertypen erwartet. Vorgefunden habe ich das bislang Ausgeruhteste an Elternschaft, das der Prenzlauer Berg zu bieten hat.
Wir reden noch ein
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