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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niccolò Ammaniti
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sich auf den Monolog von Kurtz zu konzentrieren, doch er hatte das Gefühl, ein Kilo verdorbener Kutteln gegessen zu haben. Er öffnete den obersten Knopf der Hose und spürte, wie sein Bauch sich ausdehnte.
    »Enotrebor, unser Bezirksleiter für Süditalien, bringt in der Basilicata und im Molise beachtliche Dinge zustande …«
    Ein Alka-Seltzer, eine Coca-Cola …
    »Mantos? Mantos, bist du noch dran?«
    »Was?«
    »Hörst du mich?«
    »Ja … Natürlich …«
    »Also, wäre dir ein Treffen in der nächsten Woche recht, um ein Arbeitsprogramm zu erstellen?«
    Saverio Moneta hätte Ja sagen wollen, es sei ihm eine Ehre, er sei glücklich, den Bezirk Mittelitalien und Sardinien zu leiten. Aber irgendwie … Irgendwie passte es ihm nicht. Er musste daran denken, wie sein Vater ihm eine Malaguti 50 geschenkt hatte. Die ganze Oberstufe lang hatte Saverio sich einen Motorroller gewünscht, und sein Vater hatte ihm einen versprochen, wenn er ein gutes Abitur machte. Saverio hatte sich richtig ins Zeug gelegt und es geschafft. Eine zwei. Als sein Vater von der Arbeit kam, hatte er auf seine alte stinkende Malaguti gezeigt. »Hier, sie gehört dir. Versprochen ist versprochen.«
    Aber Saverio hatte einen neuen Motorroller erwartet. »Was? Ich soll deinen bekommen?«
    »Für einen neuen Motorroller haben wir kein Geld. Ist der dir nicht gut genug? Was passt dir daran nicht?«
    »Nichts. Aber wie kommst du jetzt in die Fabrik?«
    Sein Vater hatte mit den Schultern gezuckt. »Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Wo liegt das Problem?«
    »Aber dann musst du eine Stunde früher aufstehen.«
    »Versprochen ist versprochen.«
    Doch seine Mutter hatte sich nicht zurückgehalten. »Schämst du dich nicht, deinen Vater zu Fuß zur Arbeit gehen zu lassen?«
    In den folgenden Monaten hatte Saverio versucht, die Malaguti zu benutzen, doch jedes Mal wenn er damit fuhr, hatte er seinen Vater vor Augen, wie er, eingepackt in seinen Mantel, um fünf Uhr morgens aus dem Haus ging. Dabei überkam ihn immer ein derart beklemmendes Gefühl, dass er schließlich den Motorroller einfach im Hof stehen ließ, wo er irgendwann gestohlen wurde. So kam es, dass sie dann beide zu Fuß gehen mussten.
    Das hatte nichts mit alldem zu tun, aber die Sache mit den Bestien hatte auch ihr Gutes. Und ein bisschen war er es seinen Gefolgsleuten, dieser Bande von Pechvögeln, auch schuldig. Er konnte sie nicht einfach im Stich lassen.
    Kurtz wollte ihn reinlegen. So wie ihn sein Vater mit dem Motorroller reingelegt hatte. Und der Alte, als er ihm eine verantwortungsvolle Stellung in der Firma versprochen hatte. Ebenso wie Serena mit ihrer Behauptung, sie werde seine Geisha sein, und ihrer Versicherung, mit zwei Kindern, nämlich den Zwillingen, sei es im Grunde auch nichts anderes als mit einem.
    Deshalb war er Satanist geworden. Weil sie alle ihn hintergingen.
    Was ist das für ein Scheißgeschenk, bei dem dein Vater jedes Mal den Bus nehmen muss, wenn du es benutzt?
    Saverio Moneta hasste sie. Alle, wie sie da waren. Die gesamte Menschheit, die sich mit Betrug und Gewalt weiterschleppte. Mit Hass hatte er sich genährt, gestärkt, geschützt. Der Hass hatte ihm die Kraft gegeben, es auszuhalten. Und zu guter Letzt hatte Saverio daraus seine Religion gemacht. Und aus Satan seinen Gott.
    Und Kurtz war genau wie alle anderen. Was zum Teufel fiel ihm eigentlich ein, die Bestien des Abaddon als völlig bedeutungslos zu bezeichnen?
    »Nein«, sagte er.
    »Was nein?«
    »Nein. Ich bin nicht interessiert. Danke, ich bleibe lieber an der Spitze der Bestien des Abaddon.«
    Kurtz war überrascht. »Bist du sicher? Überleg’s dir gut, ein zweites Angebot werde ich dir nicht machen.«
    »Das ist mir egal. Die Bestien des Abaddon mögen völlig bedeutungslos sein, wie du es nennst. Aber auch ein Tumor ist am Anfang nur eine Zelle, doch dann wächst er, reproduziert sich und macht dich fertig. Eines Tages werden die Bestien zu einer Gruppe, die niemand mehr ignorieren kann. Du wirst schon sehen.«
    Kurtz brach in Lachen aus. »Du bist lächerlich. Ihr seid am Ende.«
    Saverio legte seinen Sicherheitsgurt wieder an. »Kann sein, doch gesagt ist das bekanntlich nicht. Es ist überhaupt nicht gesagt. Und bevor ich dein Gebietsleiter werde, werde ich lieber Priester.« Er beendete das Gespräch.
    Die Reste des Sonnenuntergangs hatten sich aufgelöst, und Dunkelheit senkte sich auf die Erde. Der Führer der Bestien blinkte und fuhr mit quietschenden Reifen zurück auf

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