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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niccolò Ammaniti
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hätte den Mumm gehabt, das Angebot, Gebietsleiter der Kinder der Apokalypse für Mittelitalien zu werden, auszuschlagen? Am liebsten hätte er Murder angerufen, um ihm zu erzählen, wie er Kurtz abgefertigt hatte, aber Serena konnte ihn hören, und außerdem wollte er Murder nicht sagen, was dieser Dreckskerl Kurtz von den Bestien hielt, das hätte ihn schwer getroffen.
    Er war selbst überrascht, wie bestimmt und ohne Zögern dieses Nein herausgekommen war. Er konnte nicht anders, als es noch einmal zu sagen: »Nein!«
    »Nein was?«, fragte ihn Serena, ohne den Blick von den Fingernägeln zu wenden, die sie jetzt auch rot anmalte.
    »Ach nichts. Ich war in Gedanken …« Saverio spürte den Impuls, seiner Frau alles zu erzählen, hielt sich aber zurück. Wenn sie herausfände, dass er der Führer einer satanischen Sekte war, würde sie sofort die Scheidung verlangen, wenn nicht Schlimmeres.
    Aber vielleicht war dieses Nein der erste Schritt zu einer existenziellen Wende in seinem Leben. Zwangsläufig würde dieses eine Nein eine ungeahnte Welle von weiteren Neins in Gang setzen, die er längst hätte aussprechen sollen. Nein zur Arbeit am Wochenende. Nein zur Betreuung des Alten. Nein, dass immer er den Müll runterbringen musste.
    »Da ist noch ein Rest von dem Truthahn von gestern. Den kannst du dir in der Mikrowelle aufwärmen.« Serena war aufgestanden und wedelte mit den Händen.
    »Nein.« Die Antwort kam von ganz allein.
    Serena gähnte. »Ich geh ins Bett. Wenn du fertig bist, bring den Müll runter und mach das Licht aus.«
    Saverio betrachtete sie. Sie trug kurze, mit Strass besetzte Stretch-Jeans, Cowboystiefel aus weißem Leder und ein schwarzes T-Shirt mit einem riesigen V für Valentino.
    So brezeln sich nicht mal die Mädchen vor dem Einkaufszentrum auf.
    Serena Mastrodomenico war dreiundvierzig Jahre alt und von all der Sonne, die sie an ihre Haut gelassen hatte, runzlig geworden wie eine getrocknete Tomate. Sie war klapperdürr, obwohl sie im Jahr zuvor Zwillinge geboren hatte. Von Weitem wirkte sie attraktiv, mit ihrer schlanken Figur, dem großen Busen und der milchkaffeebraunen Haut. Doch wenn man näher kam und genauer hinsah, entdeckte man, dass ihre Haut schlaff und ledrig war wie bei einem Rhinozeros und um den Mund, am Hals und im Dekolleté von einem Netz feiner Falten durchzogen war. Ihre grünen Augen waren glänzend und lebhaft und saßen auf Wangen so rot und rund wie Annurca-Äpfel.
    Oft trug sie offene Schuhe, in denen ihre schlanken Fesseln und zierlichen Füße gut zur Geltung kamen. Dazu dünne Fähnchen, aus denen der Spitzenbesatz eines ein paar Nummern zu kleinen BHs lugte, aus dem sich zwei synthetische Halbkugeln herausdrängten. Außerdem behängte sie sich mit ethnischem Schmuck, als wäre sie eine Berberprinzessin am Tag ihrer Krönung.
    In den langen Jahren seiner Ehe hatte Saverio bemerkt, dass seine Frau bei Männern ziemlich gut ankam, besonders bei jungen Männern. Jedes Mal, wenn sie in das Lager des Möbelhauses kam, wurde sie von den Arbeitern, einer Bande aufgegeilter Typen, umringt. Nicht einmal vor der Tochter des Chefs hatten sie Respekt.
    »Das muss doch der Wahnsinn sein mit deiner Frau im Bett. Was anderes als mit den jungen Dingern. Die hat Erfahrung. Die klappt dich auf wie eine Schlafcouch.« – »Komm, mach doch mal ein Pornovideo für uns.« – »Save’, wie schaffst du es bloß, sie zu befriedigen? Die braucht doch bestimmt eine ganze Mannschaft …« – »Der klassische Typ, der vornehm tut, aber in Wirklichkeit total versaut ist …« Und ähnlich vulgäres Zeug, das man besser nicht wiedergab.
    Wenn diese Idioten die Wahrheit wüssten! Serena verabscheute Sex. Sie sagte, Sex sei primitiv. Jede Form von Nacktheit war ihr zuwider, Körperflüssigkeiten fand sie ebenso abstoßend wie alles andere, was mit körperlichem Kontakt zu tun hatte (ausgenommen Massagen, aber ausschließlich von Frauen).
    Aber eine Sache blieb Saverio Moneta nach wie vor ein Rätsel. Wenn ihr Sex so zuwider war, warum machte sie sich dann wie ein Playmate zurecht? Und warum stellte sie ihren SUV, bei all den Plätzen auf dem Parkplatz, ausgerechnet vor dem Lager ab?
    Saverio stand vom Tisch auf und begann abzuräumen. Er hatte keine Lust, ins Bett zu gehen, er fühlte sich viel zu gut. Zum Glück schliefen die Zwillinge. Es war der richtige Moment, um sich auf die Idee zu konzentrieren, die die Bestien des Abaddon und den Rest der Welt erschüttern würde. Er nahm einen

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