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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niccolò Ammaniti
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er sich selbst am besten in Szene setzen sollte, entschied sich Fabrizio Ciba schließlich für einen gemeinsamen Auftritt mit Simona Somaini.
    In der Mitte weitete sich der italienische Garten zu einem großen runden Platz, auf dem ein sechseckiger Springbrunnen aus Stein stand. Auf dem Wasser schwammen Rosenblätter. An den Seiten standen sizilianische Karren, auf denen alle erdenklichen Köstlichkeiten der Welt aufgebaut waren. Eisskulpturen, die Engel und Faune darstellten, schmolzen unter der lauwarmen Sonne eines römischen Frühlingstages langsam dahin. In einer Ecke standen eingedeckte Tische. Zwischen den Gästen stolzierten zahme Pfaue, Fasane und Truthähne einher. Eine Gruppe von Musikern auf Stelzen intonierte Barockarien.
    Inzwischen waren jede Menge Gäste eingetroffen. Künstler, Politiker und die gesamte Mannschaft des Fußballklubs Lazio Rom, von dem Chiatti ein großer Fan war.
    Arm in Arm mit Simona schob Fabrizio sich durch die Menge. Er spürte, wie er beobachtet und beneidet wurde, und trug dieselbe Haltung zur Schau wie bei der Veranstaltung in der Villa Malaparte. Ein bisschen durcheinander und gelangweilt, aus unerklärlichen Gründen genötigt, sich mit Leuten abzugeben, die doch so vollkommen anders waren als er selbst. Dann sah er den Karren mit Hochprozentigem. »Möchtest du etwas trinken, Simona?«
    Mit Entsetzen starrte die Schauspielerin die Schnapsflaschen an. »Ein schönes Glas stilles Mineralwasser.«
    Fabrizio kippte rasch hintereinander mehrere Scotch. Der Alkohol entspannte ihn. Er zündete sich eine Zigarette an und begann, die anderen Gäste zu beobachten, als wären sie Fische in einem Aquarium. Alle schlenderten umher, sahen sich an, erkannten sich, kritisierten sich, grüßten sich mit einem leichten Kopfnicken und lächelten sich befriedigt zu, weil sie sich einbildeten, einem Gott weiß wie illustren Kreis anzugehören. Fabrizio wusste nicht genau, ob die Tatsache, dass es kein Publikum zum Applaudieren gab, sie nervös machte oder glücklich.
    Dann bemerkte er, dass abseits, an einem Tischchen, ganz allein ein alter Mann saß.
    Nein! Das gibt’s doch nicht! Der auch …
    Umberto Cruciani, der große Schriftsteller, Autor von Westliche Mauer und Brot und Nägel , den Meisterwerken der italienischen Literatur der Siebzigerjahre.
    »Aber das ist doch …?« Zuerst wollte er Simona um eine Bestätigung bitten, ließ es dann aber.
    Was machte denn Cruciani hier? Der lebte doch seit über zwanzig Jahren vollkommen zurückgezogen auf einem Bauernhof im Oltrepò Pavese.
    Der große Meister blickte auf die Hügel in der Ferne, die Augen unter den dicken Augenbrauen zusammengekniffen. Er machte den Eindruck, als sei er gar nicht da, als würde ihn eine Blase aus Einsamkeit von allem anderen trennen.
    »Na, wie findest du das Fest? Mir scheint es übertrieben. Chiatti hat schon gewonnen.«
    Fabrizio drehte sich um.
    Bocchi hatte ein großes Glas Mojito in der Hand. Er war schon völlig verschwitzt, sein Gesicht war gerötet, seine Augen erregt.
    »Ja, ein schönes Fest«, sagte der Schriftsteller kurz angebunden.
    »Zu guter Letzt sind doch alle da. Weißt du, wie viele vorher gesagt haben, sie würden auf keinen Fall kommen, nicht mal für Geld, das Ganze sei doch ein ausgemachter Schwachsinn. Aber kein Einziger fehlt.«
    Fabrizio deutete auf den alten Schriftsteller. »Sogar Umberto Cruciani nicht.«
    »Wer soll das denn sein?«
    »Wie? Wer soll das denn sein? Ein echter Meister. Wie Moravia, Calvino, Taburni. Ist dir eigentlich klar, dass seine Bücher nach vierzig Jahren immer noch auf der Bestsellerliste stehen? Ich wäre schon froh, wenn sich die Löwengrube nur halb so oft verkaufen würde wie Brot und Nägel . Dann hätte ich ausgesorgt, ich könnte sogar aufhören zu schreiben …«
    »Und er, hat er denn aufgehört?«
    »Seit 1976 hat er nichts mehr veröffentlicht. Allerdings weiß ich von meiner Agentin, dass er angeblich seit zwanzig Jahren an einem Roman arbeitet, der dann posthum erscheinen soll.«
    »So wie der aussieht, wird das wohl nicht mehr lange dauern.«
    »Cruciani gehört zu einer Schriftstellergeneration, die es nicht mehr gibt. Ernsthafte Menschen, die sich mit ihrer Heimatscholle verbunden fühlen, mit dem bäuerlichen Leben, dem Rhythmus der Felder. Sieh dir an, wie konzentriert er ist, fast könnte man meinen, er strengt sich an, um den Schluss für sein Buch zu finden.«
    Der Chirurg sog an seinem Strohhalm. »Der scheißt.«
    »Wie

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