Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niccolò Ammaniti
Vom Netzwerk:
großer Dichter. Besser als Ungaretti!«
    Larita klatschte und lächelte ihm zu.
    Fabrizio senkte den Kopf und winkte ab, wie es ein bescheidener, schüchterner Mensch tun würde, während Chiatti auf das Podest stieg und die Arme hob, um das Publikum anzufeuern. Die Zuhörer klatschten frenetisch. Es fehlte nicht viel, und sie hätten eine La-Ola-Welle gemacht.
    »Danke, Fabri. Eine bessere Einführung hätte ich mir nicht wünschen können.« Chiatti umarmte ihn, als wären sie alte Freunde, und schob ihn von der Bühne.
    Mit dem Gedicht habe ich es echt übertrieben. Larita fand es sicher grauenvoll. Ich werde dich lieben wie der Clownfisch die Anemone. Die Blinden … die Tauben … Grauenhaft!
    Und außerdem war das Gedicht, um ehrlich zu sein, nicht gerade von ihm. Auf seine Art, auf ekelhafte Art , hatte er ein Gedicht des libanesischen Dichters Khalil Gibran abgewandelt, das er als Sechzehnjähriger einmal auswendig gelernt hatte, im Skiurlaub, um eine Kellnerin aus Bormio zu erobern.
    Ich hab alles versaut.
    Er hatte Larita klatschen sehen, aber einen Applaus, das weiß man ja, verweigert man niemandem.
    Und morgen wird dieses Ekel von Tremagli im Messaggero schreiben, dass ich Gibran plagiiert habe. Man wird meins mit dem echten Gedicht vergleichen.
    Er musste unbedingt etwas trinken, um sich zu beruhigen, bevor er zu Larita zurückkehrte. Er ging zu dem Getränkewagen und ließ sich einen doppelten Jim Beam eingießen.
    Auf der Bühne prahlte Sasà Chiatti, wie viel Geld er ausgegeben hatte, um den Park in Ordnung bringen zu lassen. Mit schöner Regelmäßigkeit applaudierte die Menge alle zwei Minuten.
    »Fabrizio … Fabrizio …«
    Das musste Larita sein, doch als Fabrizio sich umdrehte, hatte er stattdessen Cristina Lotto vor sich.
    Cristina Lotto war sechsunddreißig und verheiratet mit Ettore Gelati, dem ein Konsortium von Mineralwasserfirmen und diverse, über den gesamten Globus verstreute Pharmaunternehmen gehörten. Sie hatten zwei halbwüchsige Kinder, Samuel und Iphigenie, die auf ein Internat in der Schweiz gingen.
    Cristina moderierte eine Bastelsendung auf einem Satellitenkanal. Dort führte sie vor, wie man aus angeschwemmtem Strandgut originelle Tischdekorationen herstellte oder wie man bunte Klopapiermützen häkelte.
    Sie war eine knochige Blondine, mit langen, schlanken Beinen, festem Hintern und kleinen, mit Sommersprossen übersäten Ballonbrüsten. Sie hatte das brave Gesicht einer Tochter aus gutem Haus, von Nonnen erzogen. Hohe Wangenknochen und Sommersprossen und blaue Augen, umrahmt von glatten, goldblonden Haaren. Schmale Lippen und ein spitzes Kinn.
    Cristina war zweifellos eine schöne Frau, mit durchtrainiertem Körper. Immer gut angezogen, mit Rock, Angorapullover und Perlenkette, hatte sie eine weinerliche Stimme ohne jede sinnliche Ausstrahlung. Sie war so scharf wie ein Salatblatt ohne Dressing. Das hatte Ciba jedoch nicht daran gehindert, seit etwa zwei Jahren hin und wieder mit ihr zu schlafen, ein paarmal im Monat. Warum? Das wusste er selbst nicht so genau. Sicherlich spielte der Umstand eine Rolle, dass sie mit einem Mann verheiratet war, der sich für den Herrn des Universums hielt. Die kindische Vorstellung, seine Frau zu bumsen, während der Herr Unternehmer sich abrackerte, um der reichste Mann Italiens zu werden, fand Fabrizio erregend und zugleich amüsant. Er genoss es, wenn Cristina nach dem Beischlaf den Kopf auf seine Brust legte und ihm erzählte, was für ein aufgeblasener Kerl der Signor Gelati war, mit seiner Leidenschaft fürs Segelfliegen und seinen adligen Ansprüchen. Oder wenn sie sich mit einer gewissen Ironie darüber ausließ, wie frustrierend ein Leben im Schatten eines unsensiblen Egozentrikers war. Haarklein ließ sich Fabrizio dann die größten Gemeinheiten erzählen, sodass aus diesem Herrn der Welt zum Schluss ein bedauernswerter Wicht wurde.
    Außerdem gab es da noch einen anderen Grund, der nicht zu unterschätzen war. In seiner Wohnung lebte Fabrizio im totalen Chaos, und er aß ausschließlich in Restaurants. Die Gelati hingegen besaßen ein Penthouse von fünfhundert Quadratmetern an der Piazza Navona, mit einem Bad aus weißem Marmor, das aussah wie der Friedensaltar des Augustus, und einem Kühlschrank so groß wie ein Banksafe, stets gut gefüllt mit frischen Austern, Serrano-Schinken und anderen Spezialitäten aus aller Welt. Cristina war immer allein, und wenn Fabrizio sich entspannen wollte, ging er zu ihr. Dann legte er

Weitere Kostenlose Bücher