Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
Loch.
Saverio Moneta hatte alles mit angesehen und stand wie angewurzelt an der Tür. Das Ganze hatte nicht einmal drei Minuten gedauert.
Scheiße … Scheiße … Scheiße … Das war alles, was ihm dazu einfiel, als er sah, wie aus dem Loch langsam, aber ohne große Anstrengung, zwei Arme, prall wie Schinken, hervorkamen, dann ein kleiner, kahler Kopf, eingezogen zwischen spitze Schulterblätter, und schließlich der Rest eines riesigen, mit Fettschichten gepolsterten Wesens. Es sah aus, als würde es einen Trainingsanzug von Sergio Tacchini tragen.
Der wiegt mindestens zweihundert Kilo .
Saverio hatte diverse Abhandlungen über den Gebrauch von Hieb- und Stichwaffen im feudalen Japan gelesen und wusste, dass es einen legendären Todesstoß gab, den der Meister Hiroyuki Utatane im sechzehnten Jahrhundert als »Wind im Lotus« bezeichnet hatte. Dafür brauchte man ein ausgezeichnetes Gleichgewichtsgefühl, aber bei exakter Ausführung konnte man den Kopf des Gegners mit einem Hieb abschlagen.
Er stieß einen Schrei aus, hob ein Bein, sprang in die Luft und vollführte dabei eine Pirouette von hundertachtzig Grad, wobei er das Durendal gerade vor sich hielt.
Das Schwert durchschnitt die Luft, während das Wesen mit der Schnelligkeit und Grazie einer dicken Ballerina einen Schritt zurücktrat, die Hand ausstreckte und nach der Klinge griff.
Durch den Rückstoß wurde Saverio nach hinten geschleudert und knallte an die Hauswand. Den Schwertgriff hatte er noch in der Hand, den Rest jedoch hatte sich das Wesen geschnappt und warf ihn nun achtlos zu Boden wie Müll.
Der übliche eBay-Schrott … Saverio warf weg, was von seinem Opferschwert noch übrig war. Ich glaube, ich werde keine Gelegenheit mehr haben, diesen Gangstern von The Art of War eine negative Bewertung zu geben .
Das Monster kam auf anderthalb Meter heran und ragte mit seiner hünenhaften Gestalt drohend vor ihm auf.
Der Führer der Bestien des Abaddon hob den Kopf und sah zu ihm auf. Ein schwacher Strahl Mondlicht glitzerte in den roten, ausdruckslosen Äuglein des Monsters, das kopfschüttelnd grinste und dabei eine Reihe schiefer, kariöser Zähne entblößte. Saverio spürte, wie er an den Armen gepackt und hochgehoben wurde. Es tat so weh, dass er die Augen zusammenkniff und vor Schreck die Luft anhielt.
Er roch den fauligen Atem des Monsters. Am liebsten hätte er ihm ins Gesicht gespuckt, aber er hatte keinen Speichel mehr im Mund.
Macht nichts . Er war bereit zu sterben. Er würde nicht bitten, er würde nicht flehen. Er würde sterben wie Mantos, der etruskische Totengott.
Das Monster schleuderte ihn gegen einen Baum, und das Letzte, was Saverio sah, bevor er an dem Stamm zerschmetterte, war der große, runde Mond, der nun plötzlich durch die milchigen Schleier der Wolken hindurchschien.
Wie nah er war.
Dritter Teil
Katakomben
But I’m a creep,
I’m weirdo.
What the hell am I doing here?
I don’t belong here.
RADIOHEAD, Creep
Baron Pierre de Coubertin, 1863 in Paris geboren, verdankt seine heutige Berühmheit vor allem dem äußerst zwiespältigen Motto: » Es kommt nicht darauf an zu gewinnen, dabei sein ist alles « (das im Übrigen gar nicht von ihm, sondern von einem Bischof aus Pennsylvania stammt). Darüber hinaus wurde er bekannt als Reformer des französischen Bildungssystems und Begründer der Olympischen Spiele der Neuzeit. Als großer Befürworter der zentralen Rolle von Sport und körperlicher Ertüchtigung für die Charakterbildung der Jugend wurde der Baron von der französischen Regierung mit der Gründung einer internationalen Sportorganisation beauftragt. Nachdem er mit vierzehn Nationen verhandelt hatte, gründete er das Internationale Olympische Komitee, das 1896 in Athen die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit ausrichtete. Aufgrund des großen Erfolgs wurde die Veranstaltung vier Jahre später in Paris wiederholt. Die dritten Spiele fanden 1904 in Saint Louis in den Vereinigten Staaten statt. Beseelt von dem Wunsch, den legendären Wettstreit zwischen Rom und Athen, den beiden Supermächten der Antike, wieder aufleben zu lassen, hoffte der Baron darauf, das vierte Mal in Rom veranstalten zu können. Doch damals war Italien zur Abwechslung mal wieder knapp bei Kasse und lehnte das Angebot ab.
Erst am 16.Juni 1955 wurde der Traum des Barons de Coubertin Wirklichkeit: Nach einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen mit Lausanne gewann die Stadt Rom die Ausschreibung für die Ausrichtung der 17.Olympischen
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