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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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schlafen.
      
    »Dieser schreckliche Wind ist so stark, sagst du, dass wir einen Umweg machen müssen, um seine volle Kraft zu vermeiden«, sagte der Ritter zu einem alten Mann, angetan mit einer Fellkappe und einem Umhang aus rauen Häuten, der der Führer der Gesellschaft zu sein schien.
    »Jene, die niemals am eigenen Leib den Boreas über die Länder zwischen Sessano und Triest stürmen spürten, verstehen nicht, was das bedeutet«, gab der andere zurück. »Wenn es beginnt, wird der Schnee in dichten, langen Wehen über den Boden getrieben. Das ist nichts gegen das, was folgt. Diese Wehen werden höher und höher, wie der Sturm zunimmt, und so geht es weiter bis man nichts mehr sieht als Schnee, über einem, unter einem und auf beiden Seiten – es sei denn, was in der Tat manchmal vorkommt, wenn Sand und Schotter in den Schnee gemischt sind, und es lange Zeit unmöglich ist, die Augen überhaupt zu öffnen. Alles, was man dann machen kann, um den Sturm zu überstehen, ist sich fest in den Mantel zu wickeln und dann flach auf den Boden zu legen. Und wenn dein Haus nur ein paar Hundert Meter entfernt wäre, man könnte sein Leben verlieren, wollte man es erreichen.«
    »Gut, dann schulden wir dir Dank, alter Freund«, sagte der Ritter, obwohl es schwer war, seine Worte über das Brüllen des Sturmes zu verstehen, »wir schulden dir Dank dafür, dass du uns diesen Weg zeigtest und uns so ermöglichst, sicher unser Ziel zu erreichen.«
    »Darauf könnt Ihr Euch verlassen, edler Herr«, sagte der alte Mann. »Gegen Mitternacht werden wir ankommen und ohne Gefahren, wenn –« Plötzlich hielt der alte Mann inne, zügelte sein Pferd scharf und verharrte in der Haltung eines sorgfältig Lauschenden.
    »Es scheint mir, dass wir in der Nähe eines Dorfes seien«, sagte Franz von Kronstein, »denn zwischen den Sturmböen höre ich einen Hund heulen.«
    »Das ist kein Hund, das ist kein Hund!«, sagte der alte Mann unbehaglich und drängte sein Pferd zu einem schnellen Schritt. »Denn im Umkreis von Kilometern findet sich kein menschliches Heim – außer Schloss Klatka, welches in der Tat ganz nahe ist, aber es ist schon seit mehr als einem Jahrhundert verlassen – und vermutlich hat hier seit der Schöpfung niemand gelebt. Da, schon wieder«, fuhr er fort, »als wenn ich mir beim ersten Mal nicht sicher gewesen wäre.«
    »Das Heulen scheint dich zu beunruhigen, alter Freund«, sagte der Ritter und lauschte dem lang gezogenen, grimmigen Ton, der näher als zuvor erklungen war und anscheinend eine Antwort aus der Ferne erhielt.
    »Das Heulen stammt nicht von Hunden«, entgegnete der alte Führer unruhig. »Das sind Schilfwölfe; sie könnten unsere Spur aufgenommen haben, und es wäre gut, wenn die Herren ihre Pistolen bereithielten.«
    »Schilfwölfe? Was meinst du damit?«, fragte Franz überrascht.
    »Am Rande dieses Waldes«, sagte Kumpan, »gibt es einen See von etwa einer Meile Länge, dessen Ufer mit Schilf bewachsen sind. Darin haben einige Wölfe ihr Lager aufgeschlagen. Sie fressen wilde Vögel, Fisch und dergleichen. Während des Sommers sind sie scheu, und ein zwölfjähriger Junge kann sie verscheuchen, aber wenn die Vögel davonziehen und die sonst gefressenen Fische eingefroren sind, streichen sie durch die Nacht, und dann sind sie gefährlich. Am schlimmsten sind sie jedoch, wenn Boreas wütet, weil es dann scheint, als seien sie vom Satan selbst besessen: Sie sind so toll und grimmig, dass Mensch und Tier gleichermaßen zu ihren Opfern werden. Es heißt, dass Rudel von ihnen sogar die grimmigen Bären dieser Berge angreifen – und, was noch bemerkenswerter ist, sie überwältigen.«
    Das Heulen wurde nun lauter und von zwei Seiten wiederholt. Die erschrockenen Reiter tasteten nach ihren Pistolen, und der alte Mann griff nach dem Speer, der an seinen Sattel hing.
    »Wir müssen uns eng bei der Kutsche halten; die Wölfe sind ganz in der Nähe von uns«, flüsterte der Führer. Die Reiter wendeten ihre Pferde, bildeten einen schützenden Kreis um die Kutsche und der Ritter erklärte den Damen in wenigen beruhigenden Worten den Grund für dieses Manöver.



»Dann werden wir ein Abenteuer erleben – eine kleine Abwechslung!«, rief Franziska mit funkelnden Augen.
    »Wie kannst du nur etwas so Närrisches sagen?«, fragte Bertha mit einem Beben in der Stimme.
    »Stehen wir denn nicht unter männlichen Schutz? Ist nicht Cousin Franz an unserer Seite?«, erwiderte die andere spottend.
    »Sieh’, dort

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