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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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schimmert ein Leuchten zwischen den Zweigen. Und da ein weiteres«, rief Bertha. »Es müssen Leute in unserer Nähe sein.«
    »Nein, nein«, rief der Führer schnell. »Schließt die Türen, meine Damen. Haltet Euch eng beieinander, meine Herren. Es sind die Augen der Wölfe, die Ihr dort funkeln seht.«
    Die Herren blickten in das Unterholz, in welchem immer wieder kleine helle Flecken erschienen, so wie im Sommer Glühwürmer aufleuchten. Es war dasselbe grüngelbe Licht, aber weniger unstetig, und es war immer ein Paar der Flammen zusammen. Die Pferde begannen zu bocken, sie traten aus und rissen an den Zügeln, aber die Maultiere blieben einigermaßen ruhig.
    »Ich werde auf die Bestien schießen und sie lehren, Distanz zu wahren«, sagte Franz und deutete auf den Flecken, wo die Lichter am dichtesten standen.
    »Wartet, wartet, Herr Baron!«, rief Kumpan geschwind und ergriff den Arm des jungen Mannes. »Ihr würdet einen solchen Haufen durch diese Nachricht zusammenrufen, dass sie ermutigt durch die solcher Art angewachsene Anzahl bestimmt den ersten Angriff wagen würden. Haltet jedoch Eure Waffen bereit, und wenn eine alte Wölfin herausspringt – diese führen immer den Angriff an –, zielt gut und tötet sie, wobei ihr keinen Moment zögern dürft.« Zu diesem Zeitpunkt waren die Pferde kaum noch zu führen, und die Panik hatte ebenfalls die Maultiere angesteckt. Gerade als Franz sich zur Kutsche drehte, um ein Wort zur Cousine zu sagen, sprang ein Tier von der Größe eines enormen Hundes aus dem Dickicht und packte das erste Maultier.
    »Feuert, Baron! Ein Wolf!«, brüllte der Führer.
    Der junge Mann schoss, und der Wolf fiel zu Boden. Ein furchtsames Geheul lief durch den Wald.
    »Vorwärts, jetzt! Vorwärts, ohne zu zaudern!«, schrie Kumpan. »Wir haben ungefähr fünf Minuten Zeit. Die Bestien werden ihre verwundete Kameradin zerreißen und, wenn sie besonders hungrig sind, zum Teil fressen. Wir müssen in der Zwischenzeit einen Vorsprung gewinnen. Es ist nur noch ein Ritt von einer knappen Stunde bis zum Waldesrand. Dort – seht Ihr –, dies sind die Türme der Klatkas zwischen den Bäumen – dort draußen, wo der Mond aufgeht, von da an wird der Wald lichter.«
    Die Reisenden bemühten sich ihre Geschwindigkeit bis zum Äußersten anzuheben, aber die Kutsche verlangsamte ihr Fortkommen. Bertha weinte aus Furcht, und sogar Franziska saß sehr still da, so sehr war ihr Mut geschrumpft. Franz versuchte, ihnen Zuversicht zuzusprechen. Sie waren noch nicht weit gekommen, als das Heulen wieder begann und näher und näher kam.
    »Da sind sie wieder und wilder und zahlreicher als zuvor«, schrie der verängstigte Führer.
    Die Lichter waren bald wieder sichtbar und zweifellos in größerer Zahl. Der Wald wurde bereits lichter, und der Schneesturm hatte sich gelegt, sodass die Mondstrahlen viele düstere Formen zwischen den Bäumen entdeckten, die sich eng wie eine Hundemeute zusammenhielten. Sie rückten näher und näher heran, bis sie nur zwanzig Schritt hinter den Reisenden auf demselben Pfad liefen. Von Zeit zu Zeit erschwoll ein grausiges Heulen aus ihrer Mitte, welches dann von der ganzen Meute beantwortet wurde, und selbst einzelne entfernte Stimmen fielen mit ein.
    Die Gesellschaft befand sich nun wenige Hundert Meter von der Burgruine wieder, von welcher Kumpan gesprochen hatte. Sie war, oder zumindest schien es im Mondlicht so, von einiger Pracht. Nahe des leidlich gut erhaltenen Haupthauses lagen die Trümmer einer Kirche, die hübsch gewesen sein musste. Sie lagen auf einem kleinen Hügelchen umgeben von allein stehenden Eichen und Dornengebüsch. Sowohl die Burg wie auch die Kirche trugen noch die Reste eines Dachs. Ein Pfad führte von dem Burgtor zu einer alten Eiche, wo er im rechten Winkel auf jenen stieß, auf dem die Reisenden sich bewegten. Der alte Führer schien höchst überrascht.
    »Wir sind in großer Gefahr, edler Herr«, sagte er. »Die Wölfe werden sich bald zur Gänze auf uns stürzen. Es wird dann nur einen Ausweg geben: die Maultiere ihrem Schicksal überlassen und die Damen zu uns auf die Pferde nehmen.«
    »Das wäre eine Lösung, wenn ich nicht einen besseren Plan hätte«, erwiderte der Ritter. »Hier ist die Burgruine; wir können sie sicher erreichen. Dann versperren wir das Tor und müssen nur bis zum Morgen warten.«
    »Hier? In den Ruinen von Klatka? – Nicht um alle Wölfe in der Welt«, kreischte der alte Mann. »Sogar bei Tageslicht mag niemand sich dem

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