Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
Vom Netzwerk:
liebt.«
    »Wirklich? Ich auch! Und aus diesem Grund müsst Ihr uns besuchen«, rief Franziska erneut. »Nun«, fuhr sie lächelnd fort, »ich nehme an, Ihr seid gerade erst aufgestanden und atmet Eure Morgenluft. Ja, da der Mond Eure Sonne ist, warum besucht Ihr unsere Burg nicht im Lichte seiner Strahlen? Ich denke, wir werden uns gut verstehen und unsere Bekanntschaft wird sehr angenehm werden.«
    »Ihr wünscht es? – Ihr besteht auf die Einladung?«, fragte der Fremde ernst und entschieden.
    »Sicher, denn ansonsten würdet Ihr nicht kommen«, entgegnete die junge Dame knapp.
    »Gut, dann werde ich kommen«, sagte der andere und fixierte sie wieder mit seinem Blick. »Wenn meine Gesellschaft Euch zu irgendeiner Zeit nicht behagt, dann werdet Ihr die Schuld bei Euch selbst suchen müssen für die Bekanntschaft mit jemanden, der sich selten zu etwas zwingt, aber nur schwer abzuschütteln ist.«
    Als der Unbekannte mit diesen Worten schloss, machte er eine kleine Handbewegung, als ob er von Ihnen Abschied nehmen wolle. Er schritt durch den Torbogen und verschwand zwischen den Ruinen. Die Gesellschaft bestieg bald darauf die Pferde und machte sich auf den Weg nach Hause.
      
    Es war der Abend des folgenden Tages, und alle saßen wieder zusammen in der Halle der Burg. Bertha hatte an jenem Tag gute Nachrichten erhalten. Der Ritter Woislaw hatte aus Ungarn geschrieben, dass der Krieg gegen die Türken dieses Jahr abgeschlossen werde. Außerdem hatte er seine Pläne geändert. Ursprünglich hatte er nach Schlesien zurückkehren wollen, doch als er hörte, dass der Ritter von Fahnenberg sein neues Gut in Besitz genommen hatte, wollte er der Familie dorthin folgen, denn er zweifelte nicht daran, dass Bertha ihre Freundin begleiten würde. Er deutete an, dass er im Ansehen des Herzogs aufgrund seiner wertvollen Dienste so hoch stand, dass in der Zukunft seine Pflichten noch wichtiger und weitreichender sein würden; aber bevor er sich ihnen widmen würde, wollte er herbeikommen und Bertha das Versprechen abnehmen, dass sie seine Frau werden wolle. Er war von seinem Herren großzügig belohnt worden und hatte auch einige Beute von den Türken errungen. Da er früher im Dienste des Herzogs seine rechte Hand verloren hatte, hatte er versucht, mit der linken zu kämpfen, doch ohne großen Erfolg, und so hatte er sich eine eiserne Hand von einem sehr geschickten Handwerker bauen lassen. Mit dieser Hand konnte man zwar vieles von dem machen, was mit einer natürlichen möglich war, sie ließ aber noch manches zu wünschen übrig. Jetzt jedoch hatte ihm sein Herr eine aus Gold geschenkt, ein außergewöhnliches Stück Kunsthandwerks, die von einem gefeierten italienischen Mechanikus angefertigt worden war. Der Ritter beschrieb sie als etwas Wunderbares, besonders da sie ihm erlaubte, Schwert und Lanze mit geradezu übermenschlicher Stärke zu führen. Franziska freute sich mit Bertha, denn diese hatte schon seit einiger Zeit von ihrem Verlobten keine Nachricht erhalten. Sie sprach immer wieder davon, teils um Franz zu ärgern, teils um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen; sie war voller Lob und Bewunderung für die Tapferkeit und den Wagemut des Ritters, dessen Qualitäten als Abenteuer sie in den Himmel lobte. Sogar die Narbe in seinem Gesicht und das Fehlen der rechten Hand wurden als Tugenden wahrgenommen. Schließlich erklärte Franziska frech, dass sie hässliche Männer attraktiver fände, da schöne Männer üblicherweise eitel und weibisch wären. Daher, ergänzte sie, könne niemand die Bekanntschaft von der letzten Nacht schön nennen, aber attraktiv und interessant sei er zweifellos. Franz und Bertha widersprachen gleichzeitig. Seine düstere Erscheinung, die Leichenblässe seiner Haut, der Tonfall seiner Stimme wurden alle von Bertha herabgesetzt, und Franz störte sich an Hochmut und Spott, die nur allzu deutlich herauszuhören waren. Der Ritter stand zwischen den beiden Lagern. Er fand, das etwas in der Haltung von einer guten Herkunft zeugte, aber viel Freundliches ließ sich nicht über die Höflichkeit sagen; doch der Mann mochte in seinem Leben schwer geprüft worden sein und sich daher zum Menschenfeind gewandelt haben. Während sie in solcher Art konversierten, wurde die Tür plötzlich geöffnet, und der Gegenstand ihres Gesprächs trat ein.
    »Pardon, Herr Ritter«, sagte er kalt, »dass ich zwar nicht uneingeladen, so doch unangekündigt erscheine; es war niemand im Vorraum, der mir diesen Dienst

Weitere Kostenlose Bücher