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- Lasst die Toten ruhen

- Lasst die Toten ruhen

Titel: - Lasst die Toten ruhen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kotowski
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der Mond aufgegangen sein. Bis dahin müssen wir unser Tun vollendet haben. Wir müssen bald anfangen.«
    »Ich denke, dann wäre es jetzt an der Zeit, dass Ihr mir anvertraut, womit wir anfangen müssen«, sagte Franziska ihn anschauend.
    »Gut, meine Dame«, antwortete er sich zu ihr umdrehend und mit sehr feierlicher Stimme, »Ich ersuche Euch, Franziska von Fahnenberg, um Euer selbst und um die Liebe Eures Vaters willen, der an Euch mit seiner Seele hängt, dass Ihr meine Worte sorgfältig abwägt und dass Ihr mich nicht mit Fragen unterbrecht, die ich Euch nicht beantworten kann, bis die Arbeit beendet ist. Die Krankheit, unter der Ihr leidet, bringt Euer Leben in höchste Gefahr. In der Tat seid Ihr unwiderruflich verloren, wenn Ihr nicht vollkommen ausführt, was ich Euch gleich mitteile. Nun, versprecht mir vorbehaltlos zu tun, was ich Euch sagen werde. Ich gebe Euch mein Wort als Ritter, dass es weder gegen den Himmel noch die Ehre Eures Hauses geht und darüber hinaus es nur dazu dient, Euch zu retten.« Mit diesen Worten reichte er seiner Begleiterin die rechte Hand und hob die andere gen Himmel, um seinen Eid zu vollziehen.
    »Ich verspreche es Euch«, sagte Franziska. Sie war sichtlich bewegt von Woislaws feierlichem Ton, als sie ihre zierliche weiße Hand in die seine legte.
    »Dann kommt, es ist Zeit«, war seine Antwort, als er sie zur Kirche führte. Die letzten Sonnenstrahlen strömten durch die zerbrochenen Fenster. Sie betraten den Chor, welcher der am besten erhaltene Teil des Gebäudes war. Dort waren immer noch einige alte Kniestühle vor dem Altar, von dem allerdings nichts als die Steinarbeit und einige Stufen geblieben waren. Die Bilder und Dekorationen waren alle verschwunden.
    »Betet ein Ave; Ihr werdet es brauchen«, sagte Woislaw, als er sich selbst hinkniete.
    Franziska kniete sich neben ihn und sagte das kurze Gebet auf. Nach kurzer Zeit erhoben sich beide. »Der Augenblick ist gekommen! Die Sonne sinkt, und bevor der Mond aufgeht, muss alles getan sein«, sagte Woislaw schnell.
    »Was muss ich machen?«, fragte Franziska fröhlich.
    »Ihr seht dort die offene Gruft!«, antwortete der Ritter und deutete auf die Tür und die Treppenstufen. »Ihr müsst hinabsteigen. Ihr müsst alleine gehen; ich kann Euch nicht begleiten. In der Gruft werdet Ihr nahe des Eingangs einen Sarg finden, auf dem ein kleines Paket liegt. Öffnet das Paket und nehmt die drei langen Eisennägel und den Hammer heraus. Wartet einen Augenblick, doch wenn ich mit lauter Stimme das Credo aufsage, treibt mit all Eurer Kraft erst einen Nagel, dann einen zweiten und dann einen dritten in den Sargdeckel, bis nur noch ihre Köpfe zu sehen sind.«
    Franziska stand wie versteinert da. Ihr ganzer Körper begann zu beben und sie konnte kein Wort sagen. Woislaw konnte es spüren.
    »Habt Mut, teure Dame!«, sagte er. »Denkt daran, dass Ihr in den Händen des Himmels seid und dass gegen den Willen des Schöpfers Euch kein Haar gekrümmt werden kann. Außerdem, wie ich bereits sagte, besteht keine Gefahr.«
    »Gut, dann werde ich es machen«, rief Franziska und fasste sich ein Herz.
    »Was auch immer Ihr hören mögt, was auch immer im Sarg geschieht«, fuhr Woislaw fort, »Ihr dürft es nicht beachten. Treibt die Nägel ohne Zaudern ein: Eure Arbeit muss getan sein, bevor ich das Gebet zu Ende gesprochen habe.«
    Franziska erschauderte, aber fasste sich schnell wieder. »Ich werde es tun; der Himmel mag mir Stärke schenken«, murmelte sie leise.
    »Es gibt noch etwas«, sagte Woislaw zögerlich, »vielleicht ist dieses das Schwerste von all dem, was ich verlange, aber ohne dem ist die Kur nicht vollständig. Wenn Ihr getan habt, was ich Euch sagte, wird eine Art –«, er zögerte, »– eine Art Flüssigkeit aus dem Sarg laufen. Taucht einen Finger hinein und beschmiert damit den Kratzer an Eurem Halse.«
    »Schrecklich!«, schrie Franziska. »Diese Flüssigkeit ist Blut. Ein Mensch liegt im Sarg.«
    »Ein Unirdischer liegt darin! Das Blut ist Euer eigenes, aber es fließt in fremden Venen«, sagte Woislaw düster. »Fragt nicht weiter; der Sand verrinnt.«
    Franziska nahm all ihre Kräfte des Geistes und des Körpers zusammen und ging zu den Stufen der Gruft, während Woislaw auf die Knie sank und still zu beten begann. Als die Dame herabgestiegen war, fand sie den Sarg mit dem Paket, wie es ihr gesagt wurde. Ein seltsames Zwielicht beherrschte den Raum und alles war so still und ruhig, sodass sie sehr gelassen war. Sie

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